Zwischen japanischen Azaleen und asiatischen Pfingstrosen

Diesen herrlichen Blick vom Hölderlin-Hügel auf den Weißen Turm bietet ein Gang durch den Park der Werner-Reimers-Stiftung am Wingertsberg. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). Esskastanienbäume können gut und gerne 600 Jahre alt werden. Das Exemplar auf dem Parkgelände der Werner-Reimers-Stiftung am Wingertsberg hat auch schon viele hundert Jahre überstanden. In der Rinde des stattlichen Baumes wurden Geschosse aus dem 30-jährigen Krieg gefunden, auch der Blitz hat hier schon einmal eingeschlagen – „allein schon wegen dieser Esskastanie lohnt der Besuch von Reimers Garten“, sagt Garten-Expertin Bettina Clausmeyer-Ewers.

Mit 30 botanisch interessierten Gästen schlendert sie am frühen Abend durch den 1860 angelegten Landschaftspark, der ab 1948 dem Unternehmer und Mäzen Werner Reimers gehörte. Seit Herbst 2019 sind der Park und die Unternehmer-Villa Hessisches Kulturdenkmal, und die Werner-Reimers-Stiftung hat gemeinsam mit dem Forschungskolleg Humanwissenschaften große Teile der Parklandschaft wiederhergestellt und nun auch die sogenannte Taunusterrasse der Reimers-Villa mit dem Tessiner Wandbrunnen saniert. „Wir haben den Garten, der Mitte der 1990er-Jahre in einen Dornröschenschlaf fiel und vernachlässigt wurde, wieder zum Leben erweckt“, so Bettina Clausmeyer-Ewers, die für das Parkpflegewerk verantwortlich ist.

Durch die unter Denkmalschutz stehende Lindenallee aus der Frühphase des Gartens, die engagierte Bürger des Homburger Verschönerungsvereins 1869 angelegt hatten, um den Kurpark über den Garten mit der Taunus-Landschaft zu verbinden, führt der Weg durch ein Tor in den Hardtwald. Hier kann man linker Hand einen Blick auf das alte Wohnhaus des 1888 in Japan geborenen Werner Reimers erhaschen: Der Hamburger Kaufmannssohn hatte sich 1928 in Bad Homburg niedergelassen und war mit der Erfindung eines stufenlosen Getriebs so erfolgreich geworden, dass er sich neun Jahre später das große Haus am Rande des Waldes bauen konnte. Der als Wasserreservoir für die Bewässerung der kargen Böden am Wingertsberg 1950 von Reimers angelegte Teich ist heute sehr verschlammt und soll – ebenso wie das von ihm später erworbene verwilderte Hardtwald-Grundstück – jetzt mit Hilfe von Bundesmitteln saniert werden. Auch eine Brunnenbohrung ist geplant. Wasserzufuhr ist auf dem am Hang gelegenen Park auf jeden Fall vonnöten. Denn all die fernöstlichen Pflanzen, die der japanbegeisterte Unternehmer seit 1948 auf dem drei Hektar umfassenden Gelände setzte, sind Feuchte gewöhnt: Schlitzahorn und asiatische Strauchpfingstrosen, Fächerahorn und japanische Azaleen in allen Farben gibt es hier. Aber auch viele einheimische Blumen zieren Reimers Garten: Bettina Clausmeyer-Ewers macht auf Fingerhüte und Rosen aufmerksam, die an der alten Parkmauer blühen, dem einzigen Überbleibsel des Wingertsberg-Schlösschens, das hier einmal stand. Wo einst kleine Weinberge gehegt und im 19. Jahrhundert dann Obstwiesen angelegt wurden, schaut man heute von oben auf die Kronen von Kirsch- und Apfelbäumen, die reiche Frucht tragen. Vorbei an den Blumenrabatten über Parkwege, die immer wieder herrliche Ausblicke auf den Taunus, die Türme der Bad Homburger Kirchen und auf die Skyline von Frankfurt bieten, geht die Führung zum kleinen Gartenteich unterhalb der neuen Reimers-Villa, in der sich jetzt der Sitz der Werner-Reimers-Stiftung befindet. Von der Taunusterrasse der Villa konnte der Unternehmer hinunter auf den Teich blicken, den er mit einem selbst entworfenen asiatischen Wasser-Speier geschmückt hatte. Ihn hat die Stiftung vor vier Jahren wieder instandgesetzt, ebenso wie jetzt den ungewöhnlichen „Tessiner Wandbrunnen“ mit drei Delfinen, der seit Kurzem wieder an der Terrassenwand plätschert.

Von der Terrasse der Villa kann der Besucher weit in die Ferne schauen – eine doppelstämmige Rotbuche aus dem 19. Jahrhundert, Mammutbaum und Katalpa bilden den Rahmen für herrliche Blickachsen. Was die Garten-Expertin Clausmeyer-Ewers über die Geschichte des Parks, über den kleinen Hölderlin-Tempel und die Majolika-Skulpturen, die die Ehefrau Werner Reimers in den Garten stellte, zu erzählen hat, lässt die anderthalb Stunden Führung wie im Flug vergehen. Ergänzt wird das Vergnügen durch die Besichtigung der Buchskulpturen-Ausstellung der Künstler Anja Harms und Eberhard Müller-Fries auf den Park-Wiesen: Dr. Astrid Gräfin von Luxburg gibt eine kleine Einführung in die Kunstwerke.

!Am Mittwoch, 1. Juli, um 18 Uhr findet eine weitere Gartenführung durch den Park der Werner-Reimers-Stiftung, Am Wingertsberg 4, statt. Die Gebühr inklusive Führung und anschließendem Empfang beträgt 16 Euro pro Person. Eine Anmeldung ist erforderlich bei Dr. Astrid von Luxburg, Telefon 0176-51223163 oder per E-Mail an info[at]Kultur-Erlebnis[dot]de. Wer den Park auf eigene Faust erforschen will, kann dies werktags von 10 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt tun.

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