In der Krise wird Vereinshaus zum Notlager

Wird vom Vereinshaus Gonzenheim gesprochen, dann ist immer vom „Herzstück“ des Ortsteils die Rede. Einladend der Eingangsbereich mit Blumen vor der Tür und Sitzbänken für einen Plausch, im Innern im Obergeschoss der Gunzosaal, das Herz des Herzstücks, der Ort, an dem die wichtigsten Veranstaltungen stattfinden und früher auch das Stadtparlament getagt hat. Nun sind Vereinshaus in Kombination mit Feuerwehrräumen im Notfall auch eine kompakte und leistungsfähige Nothilfeeinrichtung. Foto: Streicher

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. „Hier ist die Feuerwehr am richtigen Ort.“ Der Satz des Leiters der Gesamtfeuerwehr, Daniel Guischard, sagt viel. Hier – das ist in Gonzenheim – hat die Feuerwehr ihren Stützpunkt mitten im Ort. Am Kitzenhof steht in Verbindung mit dem Vereinshaus nun sogar eine kompakte und leistungsfähige Nothilfeeinrichtung zur Verfügung. „Kurze Wege, schnelle Hilfe, in Krisenzeiten ein unschätzbarer Wert“, findet Feuerwehrdezernent Meinhard Matern.

Rund 3,8 Millionen Euro hat die Stadt in das Projekt Vereinshaus-Sanierung und Anbau an das Feuerwehr-Gebäude investiert. Wehrführer Dirk Fischer und seine Feuerwehrleute können morgen schon feiern, dann dürfen sie ihre neue Schaltzentrale beziehen. Erstmals in ihrer Geschichte in einer Wache mit konsequenter Schwarz-Weiß-Trennung, wie die Fachleute sagen. Also mit einer Entkoppelung der für Einsätze genutzten Räume und der Sozialbereiche. Nach dem Einsatz geht’s durch eine Hygieneschleuse zur möglichen Dekontamination von Gefahrstoffen in die Dusche und auf getrennten Wegen wieder hinaus.

Von der Mini-Feuerwehr über die Jugendwehr mit ihren zusammen 40 Nachwuchsleuten bis hin zur Einsatzabteilung mit 50 aktiven Feuerwehrleuten bekommen alle Abteilungen eigene Räume und nach Geschlechtern aufgeteilte Umkleiden. Im alten Gerätehaus mussten sich die Brandschützer die Umkleiden in einer abgetrennten Ecke der Garage noch teilen. Seit Beginn der Bauzeit im Oktober 2018 muss sich die Feuerwehr gar mit einer Behelfshalle begnügen. Dass das Feuerwehrgerätehaus nicht mehr den sicherheitstechnischen Anforderungen der Moderne entsprach, wurde schon bei einer Sicherheitsanalyse 2008 festgestellt. „Hier ist durch eine begrenzte Maßnahme etwas Großartiges entstanden“, lobt Feuerwehrchef Guischard.

Der „große Wurf“

Die Gonzenheimer Kombination ist ungewöhnlich. Das Vereinshaus am Kitzenhof ist eines von sechs Bürger- und Vereinshäusern der Kurstadt. Seine Besonderheit ist, dass sich die Räume der Freiwilligen Feuerwehr unmittelbar anschließen, die Gebäudeteile sind miteinander verbunden. Oberbürgermeister Alexander Hetjes hat das nett gesagt: „Das Haus vereint alles, was man so zum Leben braucht.“ Vereine, Heimatmuseum, ein Catererbetrieb und die Feuerwehr teilen sich die Räume seit vielen Jahren. Seit der Errichtung 1972 wurde in Teilen schon mehrfach saniert und hier und da angebaut, auch jetzt sollte es eigentlich nur um die Lüftung des Gunzosaals, Brandschutz und ein paar Verbesserungen für die Wehr gehen, ehe daraus der „große Wurf mit Blick in die Zukunft“ wurde, so Hetjes. Alles wurde sozusagen von rechts auf links gedreht, damit alle Beteiligten vom Projekt profitieren können.

Die Vereine müssen noch ein bisschen länger als die Feuerwehr auf den Einzug warten, sie dürfen erst im August das sanierte Gebäude wieder belegen. Bis dahin soll auch der Parkplatz gegenüber geräumt werden, wo die Feuerwehr von einer schmucklosen Behelfshalle aus einen Notbetrieb aufrechterhalten hat. Dann bekommen die Bürger Gonzenheims ihr „Herzstück“ zurück. Mit wunderbarer neuer Lüftungstechnik im Gunzosaal, mit optimaler Akustik unter der abgehängten Decke, mit neuer Bühnentechnik und schallabsorbierendem Material hinter den Wandpaneelen. Im Erdgeschoss sind die Küche und der Gastraum neu, alle technischen Anlagen des Hauses von den Rohrleitungen im Untergrund bis zur Dämmung der Dachflächen wurden komplett erneuert und neu geordnet.

Der Feuerwehrstandort beruht auf dem modernen taktischen Einsatzkonzept der Bad Homburger Feuerwehr. Stichwort „kompakte und leistungsfähige Nothilfeeinrichtung“: Im Zusammenspiel sind Vereinshaus und Feuerwehrhaus als Behelfsunterkunft und Notfallstation nutzbar. Ausgerüstet mit einer Großküche zur Verpflegung von evakuierten Menschen und mindestens 50 Feldbetten im eigenen Vorrat bei möglicher schneller Nachlieferung. Ein eventuelles Notlager könnte auch mit Notstromaggregat energietechnisch versorgt werden. Ein weiterer Stützpunkt für den Bevölkerungsschutz, wie er derzeit auch auf der anderen Seite Bad Homburgs im Ortsteil Dornholzhausen entsteht. Auf der Feuerwehrebene ausgerüstet mit moderner Technik, schon bei Ankunft an zwei möglichen Eingängen werden die Brandschützer noch vor dem Umziehen über Bildschirme von der Leitstelle aus über die Gefahrenlage am Brand- oder Unfallort informiert, damit sie sofort zur passenden Uniform und der passenden Ausrüstung greifen können.

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