„Der Werkzeugkasten für die Bürgerbeteiligung ist groß“

Alexander Hetjes wird auch in den kommenden sechs Jahren als Oberbürgermeister an der Spitze der Kurstadt stehen. Foto: Archiv

Bad Homburg (jas). Zittern bis zur Stichwahl wie seine Amtskollegen in Oberursel und Friedrichsdorf das brauchte Alexander Hetjes nicht. 59,6 Prozent der Stimmen konnte Hetjes bei der Oberbürgermeisterwahl im März diesen Jahres bereits im ersten Wahlgang für sich verbuchen und lag damit klar vor seinen Mitbewerbern Thomas Kreuder (SPD, 15,7 Prozent), Alexander Unrath (Bündnis 90/Die Grünen, 13,7 Prozent) und Armin Johnert (BLB Bürgerliste Bad Homburg, elf Prozent). Ein historischer Erfolg: Seit Einführung der Direktwahl in die hessische Kommunalverfassung 1992 ist er der erste Oberbürgermeister der Stadt, der wiedergewählt wurde. In einem Interview mit der Bad Homburger Woche erzählt er von seinen Zielen, Ideen und Wünschen.

Wo setzen Sie die Schwerpunkte für Ihre Arbeit in den kommenden Jahren?
Alexander Hetjes: Die Zukunft unseres Kurhauses, die Frage ob Sanierung oder Abriss und Neubau, wird ohne Zweifel das Schwerpunkt-Projekt in der kommenden Legislaturperiode sein. Das Projekt wird nachhaltig die Zukunft unserer Innenstadt bestimmen. Im Mai sollte das Sanierungsgutachten vorliegen, im Juni die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs, dann wird es eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung geben und zeitgleich mit der Bundestagswahl im September ein Stimmungsbild. Aber auch die Themen Digitalisierung und Mobilität sind von herausragender Bedeutung. Mir persönlich ist das neue Klimaschutzkonzept, das wahrscheinlich noch vor den Sommerferien verabschiedet wird, sehr wichtig. Unser Ziel ist es, dass Bad Homburg bis 2035 klimaneutral ist. Ganz aktuell gilt es aber, die Corona-Krise geregelt zu Ende zu bekommen und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie aufzufangen.  

Über welches Themen werden Ihrer Meinung nach die kontroversesten Diskussionen geführt werden?
Hetjes: Ich gehe davon aus, dass die Zukunft unseres Kurhauses die politischen Debatten der kommenden Jahre bestimmen wird – und das ist auch gut so. Dieses Projekt im Herzen unserer Stadt wird niemanden kalt lassen. Aber ich freue mich auf den Austausch, auch wenn er kontrovers wird. Wir müssen dieses Mammutprojekt gemeinsam stemmen, und ich wünsche mir am Ende eine Lösung, die von einem Großteil der Stadtgesellschaft mitgetragen wird. Da gehören intensive Diskussionen dazu.
Grundsätzlich wird es zu jedem größeren Thema gegensätzliche Meinungen geben, am wenigsten vielleicht noch zur Digitalisierung. Wer seine Position einbringen möchte, der hat die Möglichkeit sich zu beteiligen. Die Kunst besteht dann eher darin, eine Debatte so zu moderieren, dass eine Mehrheit sich mit einer gemeinsam entwickelten Lösung anfreunden kann. Gute Erfahrungen mit diesem Vorgehen haben wir ja bereits mit dem Regiebuch Bad Homburg 2030 gemacht.

Was ist Ihr größter Wunsch für Bad Homburg, und werden Sie ihn in Ihrer Amtszeit umsetzen können? Wenn ja, wie?
Hetjes: Bad Homburg ist für mich die schönste und eine sehr lebenswerte Stadt. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, um diese Stadt noch besser zu machen, wäre das ein Stadtzentrum rund um ein zukunftsfähiges Kurhaus. Wer heute am Vorplatz unterwegs ist, erlebt die Kulturmeile Dorotheenstraße, die Fußgängerzone, die Promenade und den Kurpark als Parallelen. Sie verlaufen nebeneinander. Das sollte sich mit dem Kurhaus der Zukunft ändern. Wenn Bad Homburg dort zusammenwachsen würde, wäre das eine tolle Sache.

Was wünschen Sie sich von den Bürgern, und wie schaffen Sie Beteiligungsmöglichkeiten?
Hetjes: Wir haben hier in Bad Homburg dankenswerterweise eine sehr aktive Bürgerschaft, und mein großer Wunsch ist, dass sich die Bürger auch in Zukunft aktiv in den Entwicklungsprozess unserer Stadt einbringen werden. Wir wollen Politik nicht nur für, sondern gemeinsam mit der Bürgerschaft gestalten. Deswegen werden wir den Prozess, den wir in den vergangenen Jahren eingeleitet haben, auch weiterführen und setzen auf eine aktive Bürgerbeteiligung. Neben den bekannten Beteiligungsmöglichkeiten wie den Ortsbeiräten, der Bürgersprechstunde und Info-Ständen sind wir dabei, eine noch breitere Beteiligung zu installieren. Das gilt vor allem für das Projekt „Kurhaus“.
Beteiligung kann sehr unterschiedlich sein, das hängt jeweils vom Thema ab. Wenn die Stadt wissen will, welche Skateanlagen Jugendliche gut finden, fragen wir anders und nutzen andere Medien als zum Beispiel bei der Entscheidung über die U2 oder bei der Frage nach dem favorisierten Modell für das Kurhaus. Der Werkzeugkasten für die Bürgerbeteiligung ist groß, und was zum Einsatz kommt, entscheiden wir je nach Thema.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Stadtgesellschaft abzufedern?
Hetjes: Wir wollen, sobald es vertretbar ist, wieder Leben in die Stadt bringen – so viel wie möglich. Konzerte, Ausstellungen, Feste, Bad Homburger Sommer und viele andere Veranstaltungen sollen die Menschen wieder zusammenbringen. Aber wir werden auch das Leben in den Vereinen unterstützen. Das stärkt den Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft, und es stärkt auch die vielen kleinen Unternehmen in Einzelhandel und Gastronomie, die unsere Innenstadt und die Stadtteile so attraktiv machen.

Was werden Sie in den kommenden sechs Jahren auf jeden Fall anders machen als in den vergangenen?
Hetjes: Ehrlich gesagt, war ich in den vergangenen Jahren ganz zufrieden mit mir (lacht). Allerdings bin auch ein Fan des „Lebenslangen Lernens“. Man kann und sollte immer an sich arbeiten. Ich weiß, dass ich manchmal etwas ungeduldig bin und meinen Mitarbeitenden viel abverlange. Vielleicht würde mir da an der einen oder anderen Stelle etwas Langmut guttun. Allerdings stelle ich diese Anforderungen auch an mich selbst. Wenn wir die Frage auf das Persönliche lenken, kann ich ganz klar sagen: Ich will und werde wieder regelmäßiger Sport treiben.  

Die politische Konstellation in Bad Homburg ist unverändert. Droht den Bad Homburgern Stillstand?
Hetjes: Nein, das sehe ich ganz und gar nicht so. Schließlich hat die Koalition in der vergangenen Legislaturperiode sehr gut zusammengearbeitet. Bei der Umsetzung ihrer Agenda hat die Koalition das Rathaus ordentlich auf Trab gehalten – und das meine ich absolut im positiven Sinne. Verwaltung und Politik haben insgesamt sehr gut zusammengearbeitet und bei wichtigen Themen schnell reagiert. Das hohe Tempo wollen wir beibehalten. Und alle Parteien sind motiviert, sie sind bekannt dafür, Impulse zu geben. Stillstand wäre für mich eine große Überraschung.

Was wird Ihr persönlicher Höhepunkt 2021?
Hetjes: Ich persönlich freue mich darauf, mit meinen Kindern mal wieder in ein Restaurant essen zu gehen und mit Freunden im Biergarten zu sitzen. Ich denke, da geht es mir wie den meisten Mitbürgern. Ich kann es aber auch kaum erwarten, dass die Theater, Bühnen und Kinos wieder aufmachen. Ganz grundsätzlich freue ich mich auf zwanglose Treffen mit meinen Mitbürgern.

Bisher ging es bei allen Fragen um die Zukunft der Stadt. Wie sieht es mit persönlichen Zielen und Wünschen für die Zukunft aus?
Hetjes: Ehrlich gesagt, bin ich ein recht genügsamer Typ. Meine Wiederwahl war natürlich ein Ziel, das ich angesteuert habe. Dass dies auch noch mit einem sehr guten Ergebnis geklappt hat, war sehr schön. In Zeiten wie diesen wird man ja auch zurückhaltender, was persönliche Ziele angeht. Mein Wunsch ist, dass meine Familie sowie die Bad Homburger gesund durch die Corona-Pandemie kommen.



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