Elisabeth und Sven Hammerbeck mit dem „Etelca und Dr. Peter Götz-Preis“ geehrt

Im Rahmen einer Feierstunde verlieh Bürgermeister Dr. Frank Blasch am Montag den „Etelca und Dr. Peter Götz-Preis“ für herausragendes bürgerschaftliches Engagement in Bad Soden am Taunus an das Ehepaar Elisabeth und Sven Hammerbeck. Das Stifterehepaar wurde durch die Familie vertreten. Christiane Götz-Weimer und Beatrice von Knebel-Doeberitz (v.li.) beglückwünschten die Preisträger im Namen der Familie.Fotos: Scholl

Bad Soden (Sc) – In einer Feierstunde wurde am Montag das Ehepaar Elisabeth und Sven Hammerbeck mit dem „Etelca und Peter Götz-Preis 2025“ für sein herausragendes bürgerschaftliches Engagement in Bad Soden geehrt.

Bürgerpreis

Der Preis, initiiert und gestiftet von dem Bad Sodener Ehepaar Etelca und Dr. Peter Götz, soll das bürgerschaftliche und soziale Engagement von Menschen vor Ort würdigen und stärken. Der Bürgerpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird im Turnus von zwei Jahren an verdiente Bad Sodener Bürgerinnen und Bürger vergeben. Eine Bewerbung für den Preis ist nicht möglich – potenzielle „Bewerber“ werden nur auf Vorschlag Dritter berücksichtigt.

Grußworte der Familie

„Der Bürgerpreis war ein Herzensprojekt unserer Eltern“, waren die Worte, mit denen Christiane Götz-Weimer die Grußworte der Familie, gemeinsam mit ihrer Schwester Beatrice von Knebel-Doeberitz, übermittelte. Die Trauer über den kürzlichen Tod des Stifters Dr. Peter Götz habe die Familie schwer getroffen, war es doch sein Wunsch, der ersten Verleihung des Bürgerpreises persönlich beizuwohnen. Nun waren es seine Töchter, die über die Beweggründe zur Stiftung des Bürgerpreises berichteten.

Etelca und Dr. Peter Götz waren in der Stadtgesellschaft Bad Sodens fest verwurzelt, auf vielen Ebenen ehrenamtlich engagiert und hatten die Wahl ihres Wohnortes Bad Soden immer als „Glücksfall“ beschrieben. Es war ihnen ein Anliegen, über ihr Ableben hinaus in die Gesellschaft hinein zu wirken und bürgerschaftliches und ehrenamtliche Engagement nicht nur zu unterstützen und zu ehren, sondern auch auszuzeichnen. Der Lebensweg der Elten habe, so Beatrice von Knebel-Doeberitz, viel Sonne erleben dürfen, aber auch Schattenseiten gekannt. So berichteten beide im Familienkreis oft von ihren jungen Jahren in Berlin, als sie erleben mussten, wie jüdische Nachbarn drangsaliert wurden und jüdische Mitschülerinnen und Mitschüler nicht mehr zum Unterricht erschienen. Diese Erlebnisse hatten die Eltern geprägt und sie selbst halfen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, sich vor den Nazischergen zu verbergen. Die Aussage „Nie wieder!“ war für Etelca und Dr. Peter Götz aus diesem Grund eine Verpflichtung zur beständigen Aufklärung und Mahnung der nachfolgenden Generationen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Dr. Peter Götz die Vergabe des neu gestifteten Bürgerpreises an das Ehepaar Hammerbeck als erste Preisträger persönlich unterstützte.

Prägende Persönlichkeiten

Dr. Jürgen Frei, Stifter der Bad Sodener Musikstiftung Dr. Jürgen Frei, richtete ebenfalls Worte an die Anwesenden. Er beschrieb das Ehepaar Götz als „prägende Menschen“ für die Stadt Bad Soden. Vom Gründungstag an hatte Dr. Peter Götz die Geschicke der Musikstiftung im Vorstand mit verantwortet und sei nicht nur Ratgeber, sondern auch ein sehr guter Freund gewesen. Dr. Jürgen Frei zog in seiner kurzen Ansprache Parallelen zu Felix Mendelssohn-Bartholdy, der den von der Musikstiftung veranstalteten Mendelssohn Tagen der Musik seinen Namen gab und ebenfalls einen prägenden Einfluss auf die Stadt hatte. Der Komponist war mehrmals in Bad Soden zu Gast und schrieb hier das Musikstück „Denn er hat seinen Engeln befohlen“, das später in den „Elias“ integriert wurde. Mendelssohn war, christlich getauft, jüdischer Abstammung, worin sich ein weiterer Anknüpfungspunkt zum Leben und Wirken des Ehepaares Götz aufzeige.

Laudatio

Das Ehepaar Götz, so Bürgermeister Dr. Frank Blasch, der die Laudatio hielt, sei ein wahrer Glücksfall für die Stadt Bad Soden gewesen. Die Stiftung des Bürgerpreises, der nun alle zwei Jahre verliehen wird, zeichne bürgerschaftliches Engagement aus, das vom Ehepaar Götz stets vorgelebt worden sei. Die Gesellschaft, so ist sich Dr. Blasch sicher, könne ohne ein derartiges Engagement auf unterschiedlichen Ebenen nicht funktionieren. Ehrenamtliches Engagement sei, so der Bürgermeister, in Bad Soden vielfältig vertreten und werde aktiv gelebt – der Bürgerpreis bilde zukünftig hoffentlich einen zusätzlichen Anreiz, sich zu engagieren. In diesem Jahr haben der Jury sechs Vorschläge vorgelegen, von denen jeder ein würdiger Preisträger gewesen wäre, so Dr. Blasch. Die Jury verzichtete jedoch auf ein „Splitting“ des Preises und entschied sich ohne längere Diskussion für das Ehepaar Hammerbeck, deren Engagement in Bezug auf die Erforschung jüdischen Lebens in Bad Soden außergewöhnlich ist.

Engagement für jüdisches Leben in Bad Soden

Das Ehepaar Elisabeth und Sven Hammerbeck steht, wie kein Anderer, für die Erforschung und Erinnerungsarbeit zum Thema „Jüdisches Leben in Bad Soden“. Alles begann mit dem Projekt der lückenlosen und systematischen Erfassung der Grabstätten auf dem jüdischen Friedhof Bad Soden. Das Ehepaar hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die vorhandenen Gräber zu katalogisieren und die damit verbundenen Familien sowie die Inschriften auf den Grabsteinen systematisch zu dokumentieren. Die Ergebnisse dieser umfangreichen Erhebung fanden Eingang in ein Buchprojekt und wurden in einer öffentlich zugänglichen Landesdatenbank hinterlegt. „Der Wert dieses Projektes ist für die Stadt Bad Soden von unschätzbarem historischem Wert“, würdigte der Bürgermeister die Forschungsarbeit des Ehepaares. Das Ehepaar Hammerbeck erhielt dafür im Jahr 2018 den Kulturförderpreis der Stadt Bad Soden sowie den hessischen Denkmalschutzpreis. Des Weiteren leitet Lissy Hammerbeck regelmäßig Führungen auf dem jüdischen Friedhof und beide sind im Rahmen von historischen Stadtführungen als Hutmacherin Jenny Lippmann und Jakob Orschützer unterwegs. Darüber hinaus engagiert sich das Ehepaar aktiv in der AG Stolpersteine, die sich ebenfalls der Erinnerungsarbeit an jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger verschrieben hat. Die Arbeitsgemeinschaft recherchiert die Geschichten der Opfer des NS-Regimes, nimmt Kontakt zu Angehörigen auf und initiiert die Verlegung von Stolpersteinen in Bad Soden.

„Ideale“ Preisträger

Das umfassende Engagement von Elisabeth (Lissy) und Sven Hammerbeck ist in seinem Umfang und seiner Thematik einzigartig in Bad Soden, so Dr. Blasch. Das Anliegen der Stifter Etelca und Dr. Peter Götz, jüdisches Leben zu schützen, Kultur zu bewahren und die Gräuel der NS-Zeit nicht vergessen zu lassen, machte das Ehepaar Hammerbeck zu den perfekten Kandidaten für den Bürgerpreis. Es war ein besonderer Wunsch des Stifters, diese Ehrung entsprechend zu vergeben. Im Rahmen seiner Ansprache zeigte sich Bürgermeister Dr. Frank Blasch besorgt über den zunehmenden Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft. Er drückte sein Bedauern darüber aus, dass jüdische Zeitungen heute wieder in neutralen Umschlägen versandt werden und jüdische Kinder nicht ohne Sicherheitsvorkehrungen in die Schule gehen können. „Der Antisemitismus wird wieder lauter“, waren seine Worte, und auch mit Verständnis für Formen der Kritik an der Politik des Staates Israel dürfe diese Kritik niemals ein Grund für Antisemitismus sein! Das Ehepaar Hammerbeck setze mit seinem Engagement bewusst ein Zeichen gegen das Vergessen und gegen Antisemitismus. Dies zu honorieren und das Engagement zu ehren sei ihm eine besondere Ehre.

Tradition des Ehrenamtes

Auch Kulturstaatsminister Dr. Wolfram Weimer war bei der Verleihung des Bürgerpreises zugegen und schlug einen historischen Bogen zum Thema „Tradition des Ehrenamtes“. Die Geschichte des Ehrenamtes, so führte er aus, reiche bis in die Zeit der alten griechischen Demokratien zurück. Vom antiken Golgata über die Akropolis der Demokratie bis zum Kapitol der Bürgergesellschaft: Das Ehrenamt sei immer ein wichtiger Teil des Staats- und Gesellschaftswesens gewesen. Das Ehepaar Götz habe das Ehrenamt „gelebt“, sich vielfach engagiert und gesellschaftlich eingebracht. Auch weiterhin sei bürgerschaftliches Engagement gefordert – das Ehepaar Hammerbeck habe dies erkannt, weshalb er sich über die Preisverleihung besonders freue. „Das Ehrenamt ist nicht bezahlt – aber es ist unbezahlbar“, waren seine abschließenden Worte.

Jüdisches Leben in Bad Soden

Vor der feierlichen Verleihung hatte das Ehepaar Hammerbeck die Möglichkeit, ihr vielschichtiges Engagement vorzustellen. Charmant, offen und mit viel Sachverstand referierten die beiden Geehrten über ihre Projekte. Sie berichteten von ihrem Wunsch, auf dem jüdischen Friedhof auch Familiengeschichten zu dokumentieren, um sie für die Nachwelt und die Familien der Verstorbenen zu erhalten, und von den ergreifenden Familiengeschichten, die ihnen bei der Recherchearbeit in der AG Stolpersteine begegnet sind. Sie erzählten von rührenden Treffen mit den Familienangehörigen Verstorbener, der Vorbereitung von mehreren Ausstellungen zum Thema „Wider dem Vergessen“ und ihrem Anliegen, junge Menschen zum Nachdenken zu ermutigen, anstatt einfache Antworten leichtfertig zu akzeptieren.

Musikalische Begleitung

Die musikalische Begleitung lag in den Händen der jungen Generation. Gemeinsam mit dem Klarinettisten Roman Kupperschmidt und der Sopranistin Hayoung Nam war mit Constantin von Knebel-Doeberitz der Enkel des Stifterehepaares für die musikalische Begleitung der feierlichen Verleihung verantwortlich. Mit der Komposition „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ nahm das Trio direkten Bezug zu den Kompositionen von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Die Komposition, die in Bad Soden entstand und Eingang in den „Elias“ fand, war der Verleihung mehr als würdig. Nach einem Zwischenspiel mit dem Stück von Frédéric Chopin Polonaise As-Dur, op.53 stand als musikalischer Ausklang jüdische Musik auf dem Programm. Die fröhlichen Klänge, die alle Anwesenden begeisterten, waren ein wahrhaft schöner Ausklang dieser ersten Bürgerpreisverleihung, der sicher auch dem Ehepaar Etelca und Dr. Peter Götz zugesagt hätte.

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