Bad Soden (es) – Wer am vergangenen Samstag Bachs größtes Chor- und Orchesterwerk in der Kirche St. Katharina hören konnte, wurde vom ersten Klang an in eine hochprofessionelle Aufführung hineingezogen.
Tobias Landsiedel, langjähriger Kantor der Gemeinde konnte mit dieser Aufführung anlässlich der Mendelssohn-Musiktage sein zehnjähriges Jubiläum mit dem Auswahlchor Vocalconsort Frankfurt begehen.
Vocalconsort begeisterte
Dass dieses Vocalensemble aus professionellen Stimmen besteht, wurde den Anwesenden sofort deutlich. Die Ausgewogenheit der Besetzung, jede Stimmlage mit vier Sängerinnen und Sängern, der Alt durch einen Countertenor zu einem besonderen Klang aufgestellt, zeigte sich darin, dass trotz der jeweiligen solistischen Vorbildung, der Chor zu einer einzigen Harmonie und Leichtigkeit verschmolz. Keine Stimme war herauszuhören, alle fügten sich ein in einen Gesamtklang, der dieser größten Komposition Johann Sebastian Bachs absolut gerecht wurde.
Bach schrieb diese Messe nicht an einem Stück, sondern über einen Zeitraum von 30 Jahren entstanden immer einzelne Abschnitte. Der vollständige Text der Messe umfasst achtzehn Chöre und neun Arien. Diese setzen sich mit den großen existenziellen Themen auseinander – von Einsamkeit und Verzweiflung, bis hin zu Freude und Glückseligkeit. Die Messe ist Ausdruck eines tiefgreifenden Glaubensbekenntnisses und ist als größtes Werk Bachs, am Ende seines Lebens, in die Musikgeschichte eingegangen.
Für jeden Chor, für jede Aufführung ist diese Messe eine Herausforderung. Die Sängerinnen und Sänger müssen die Texte und Melodien verinnerlichen, um sie ausdrucksstark zu Gehör bringen zu können. Das Vocalconsort zeigte diese tiefe Innigkeit meisterlich. Bereits im „Credo“ schwangen sich die Stimmen dynamisch zu einem gewaltigen Lob auf, um im „Et incarnatus est“ die ganze Verzweiflung über die Sünden der Menschheit und Jesu Kreuzigung zart und ergreifend darzubringen. Dann wieder hörbar starke Glaubensgewissheit im Chor: „Confiteor unum babtisma in remissionem“ und „Et expecto ressurectionem“ – wir erwarten die Auferstehung!
Wie im Himmel klang das „Sanctus“ von wunderbar hohen, klaren Sopranstimmen umgeben. Tiefe Ergriffenheit erfasste die Zuhörerin und den Zuhörer beim Schlusschor „Dona nobis pacem“ – atemlose Stille war die Folge, bevor tosender Applaus folgte.
In Erwartung eines Auftritts einzelner, externer Solisten für die Sopran-, Alt-, Bass- und Tenorpartien, lösten sich hier aus der Chorgruppe heraus die jeweiligen Stimmen, um unaufgeregt einen Solopart oder ein Duett zu übernehmen.
Brigata-Ensemble für Alte Musik
An dieser Stelle sei das Orchester La Brigata-Ensemble für Alte Musik beschrieben. Es bildete einen expressiven, sauberen Klangkörper ab, der unaufdringlich den Chor begleitete. Ebenso einfühlsam die einzelnen Instrumente als Begleitung der Solopartien. Ob Holzbläser, Streicher, Basso continuo, Pauke oder die drei brillanten Trompeten, alle ordneten sich dem Gesamtkonzept unter, welches der Dirigent in seiner Vorstellung für dieses Werk ihnen anzeigte. Auch er, Tobias Landsiedel, machte die Aufführung mit seinem besonnenen Dirigat zu einem ganz besonderen Erlebnis.
Lesung ergänzte das Konzert
Zwischen den einzelnen Teilen der Messe las Anja Kintscher Texte von Hilde Domin, Franz von Assisi, Dalai Lama, Gianna Wedde und Hermann Köhler, die die zu Gehör gebrachte Musik auf wundersame Weise ergänzten und das Thema Frieden unterstrichen.
Die Aufführung verdiente regen Applaus, der auch nicht enden wollte. Einen großen Dank sprach der Vorsitzende der „Freunde der Kirchenmusik St. Katharina“ Herr Roland Schönthaler an alle Ausführenden, insbesondere an den musikalischen Leiter Tobias Landsiedel, die finanzielle Unterstützung durch die Bad Sodener Musikstiftung Jürgen Frei, die Taunussparkasse und die Abteilung Kultur der Stadt Bad Soden, aus.
Letztere haben alle Auftritte des Vocalconsorts begleitet, mitorganisiert, finanziert und sind stolz darauf, dass dies seit nunmehr zehn Jahren gelingt.
Vocalconsort Frankfurt, Orchester La Brigata unter der musikalischen Leitung von Tobias Landsiedel. Fotos: Schaller