Ein kundiger Blick auf die Natur: Johanniskraut, Schafgarbe und Co

Regine Ebert eröffnete die beliebte Reihe der Wildkräuterführungen. Gegen Corona ist zwar noch kein Kraut gewachsen, das Virus hält die Naturinteressierten aber wenigstens von den Heilkräutern nicht mehr fern. Foto: privat

Bad Soden (Sc). Auch in diesem Jahr lädt die Stadt Bad Soden alle interessierten Bürger*innen wieder zu den beliebten Wildkräuterführungen in der Gemarkung rund um Bad Soden ein. Kräuterfrau Regine Ebert startete Ende Juni gleich mit drei aufeinanderfolgenden Führungen, die alle gleichermaßen ausgebucht waren – und in der kommenden Woche finden schon die nächsten Führungen statt. Um darauf Lust zu machen, hier ein Bericht von der ersten Kräuterrunde:

Die Teilnehmerzahl war auf jeweils zehn Personen begrenzt, und auch bei dieser Gelegenheit galt es, sich an Corona-Regeln zu halten. Eine namentliche Anmeldung über die Stadt Bad Soden war notwendig, und das Abstandsgebot war auch unter freiem Himmel einzuhalten. Nichtsdestotrotz machten sich die motivierten Teilnehmer gemeinsam auf den Weg, um rund um die Schule im Ortsteil Altenhain nach Kraut und Kräutern Ausschau zu halten.

Allzu weit musste die Gruppe gar nicht laufen, denn es war unglaublich, wie viele interessante und nützliche Pflanzen schon direkt am Wegesrand wuchsen, zu denen Regine Ebert allerlei Nützliches und darüber hinaus auch viel Geschichtliches zu berichten wusste. Thema der Wanderung war der „Johannistag“ am 24. Juni, der besonders in früheren Zeiten ein wichtiges Datum im Kalender markierte. Der Tag erinnert an den Geburtstag von Johannes dem Täufer und steht in Verbindung zur Sommersonnenwende zwischen dem 20. und 22. Juni. Noch heute entzündet man in der „Johannisnacht“ vielerorts ein Feuer, weshalb dieser Tag auch oft als christliche Variante des Mittsommernachtsfestes bezeichnet wird.

Interessanterweise gelten die Tage rund um „Johanni“ als günstige Zeit zum Sammeln vieler Kräuter. Das Johanniskraut blüht in diesen Tagen auf und verdankt dem Fest seinen Namen. Das Johanniskraut war es auch, was die Teilnehmer der Wanderung zuerst am Wegesrand erblickten. Die leuchtend gelben Blüten waren kaum zu übersehen, und es war erstaunlich, wie weit dieses bekannte Kraut verbreitet ist. In der traditionellen Medizin wird dem Johanniskraut eine beruhigende und heilende Wirkung zugeschrieben. Regine Ebert konnte auch sogleich ein Fläschchen „Rot-Öl“ präsentieren, welches aus den Blüten des Johanniskrauts hergestellt werden kann. Es hilft bei der Heilung von Narben und Wunden, außerdem wird es als Haut-Öl eingesetzt. Das Johanniskraut lindert, als Tee aufgegossen, nervöse Spannungen und beruhigt die Nerven im Allgemeinen.

Neben Schafgarbe in weißer wie auch seltener rosa Färbung fanden sich am Wege das ebenfalls gelbe Labkraut, der weiße Gänsefuß und diverse andere Kräuter, die Regine Ebert nicht nur mühelos entdeckte, sondern zu denen sie auch über Wirkung und Anwendung zu berichten wusste. Darüber hinaus fand sich die Gruppe an einem herrlichen Walnussbaum wieder, der nicht zufällig Ziel der Wanderung war. Auch Walnüsse werden gezielt um den Johannistag herum geerntet, um daraus Likör herzustellen. Die Erntezeit ist deshalb so wichtig, weil die Nuss zu diesem Zeitpunkt noch keine harte „Nussschale“ im Innern gebildet hat. Gewässert, um die Gerbstoffe auszuschwemmen und mit Alkohol angesetzt, wird aus den so früh geernteten Nüssen zur Weihnachtszeit ein leckerer, tiefbrauner Walnusslikör. Einige der anwesenden Damen waren von dieser Idee derart angetan, dass Regine Ebert gerne ihr (sehr aufwändiges) Rezept weitergab.

Es war eine sehr kurzweilige Führung, bei der es für jedermann interessante Informationen über viele Pflanzen gab, die viele oft am Wegesrand sehen, ihnen jedoch keine Bedeutung beimessen. Regine Ebert verfügt außerdem über das bemerkenswerte Talent, Geschichten erzählen zu können. Ihre erzählerischen Ausflüge in die alten Zeiten, als es keine „modernen“ Medikamente gab und die Menschen sich mit Kräutern helfen mussten, um ihre Leiden zu lindern, waren hochinteressant, spannend und sehr informativ. So lernten die Teilnehmer nicht nur ein wenig über Kräuterkunde, sondern auch viel über Geschichte und darüber, wie die Dinge manchmal zusammenhängen, aufeinander wirken und einander beeinflussen. Eine interessante Wanderung, die keiner Vorkenntnisse bedarf und die sich ganz sicher für alle diejenigen lohnt, die gerne einmal einen Blick hinter die Kulissen der Natur werfen möchten.



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