Leserbrief Aktuell

„Da mich das Thema sehr beunruhigt, dass immer mehr Gärten versiegelt werden“ und „hier leider politisch nur sehr vorsichtig“ agiert werde, hat Andrea Hermann, Leserin der Bad Sodener Woche aus Neuenhain, einen Leserbrief geschrieben.

Raus aus den alten Schuhen!

Wir sind damit aufgewachsen, dass ein Garten ordentlich aussehen muss. Ist ja schließlich das Aushängeschild. Bei unseren zunehmend stressigen Lebenswandeln kommt die Anforderung „pflegeleicht“ dazu. Idealerweise nach hinten raus noch ein Stück uneinsehbares Grün, auf dem die Kinder spielen können.

Damit sind wir beim typischen Layout: zur Straße hin großzügig gepflastert, aufgelockert durch ein paar Einzelsteine und eine Konifere oder Gräser, nach hinten schirmen Kirschlorbeer und Thuja den Golfrasen ab.

Schön? Geschmacksache. Zeitgemäß? Nein. Bei bedrohlich sinkenden Insektenpopulationen, die eine ungute Kettenreaktion auslösen, können wir es uns nicht leisten, wenn neben einer stets wachsenden Versiegelung auch noch die privaten Grundstücke als Biotope wegfallen. Allein auf der Fläche von einem Meter Autobahn (43,5 qm) könnten über 2.000 Löwenzähne wachsen – das Superfood für Mensch und Tier.

An der Versiegelung können wir nur bedingt schrauben – immer mehr Menschen fragen immer mehr Wohnraum und Infrastruktur nach. Aber an unseren (Vor-)Gärten und Balkonen können wir arbeiten! Etwas Mut und Flexibilität sind schon gefragt, aber man kann pflegeleicht, naturnah und schön vereinen.

Neben einer Minimierung der versiegelten Fläche ist die Pflanzenauswahl der Schlüssel. Und das „Unkraut“ einfach auch mal stehen lassen – zumindest in Maßen. Eibe ist eine gute Alternative zu Kirschlorbeer und Thuja, Kornelkirsche statt Forsythie und für Buddleja gibt es jede Menge Alternativen. Gegen den einen oder anderen Exoten ist nichts einzuwenden, aber das Verhältnis muss stimmen. Den Rasen seltener mähen und Inseln stehen lassen. Einen Kübel mit Wildstauden oder Kräutern aufstellen. Ein Obstbäumchen pflanzen. Oregano als Beetbegrenzung. Das Argument „Wir haben genug Grün um Bad Soden herum“ zieht nicht mehr. Es reicht nicht. Auch vor dem Hintergrund, dass Pflanzen natürliche Klimaanlagen sind und die Sommer immer trockener und heißer werden.

Neben Versiegelung sind dichte Zäune ein Problem: Die Igelpopulation in Neuenhain ist in den letzten Jahre spürbar gesunken. Igel, gute Schneckenfresser, brauchen Platz – wenn sie ständig auf Straßen und Zäune stoßen, sterben sie aus.

Einfach mal tief durchatmen und ein neues Gartenzeitalter einläuten!

Andrea Hermann, Bad Soden



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