Rückblick: Von wegen Ästlinge … Uhu-Community auf Rettungsmission

Bad Soden
(Sc) – Dass Uhus in einem Nest in luftiger – und damit sicherer – Höhe ausgebrütet und aufgezogen werden, ist allgemein bekannt. Wenn die kleinen Racker groß genug sind, dann werden sie mutig und sind voller Tatendrang, die Umgebung zu inspizieren. Fliegen allerdings will gelernt sein und die kleinen Jungspunde werden nicht umsonst „Ästlinge“ genannt. Irgendwann überwiegt die Neugier und die Kleinen wagen den Sprung – manchmal auch von den Elternvögeln gelockt – vom Nest auf den nächsten Ast. Von hier werden die ersten Flugübungen gestartet, was in den meisten Fällen nicht wirklich auf Anhieb gelingt, weswegen die kleinen Uhus schon „über Kopf hängend“ am Ast gesichtet wurden! Meistens jedoch führen die ersten Flugversuche geradewegs irgendwo ins Gelände oder auf den Boden, wo die kleinen Bruchpiloten dann bedröppelt sitzen (man kennt sich ja nicht wirklich aus) und so manches Mal von Menschenhand gerettet werden müssen.

„Rettungsmission“ startete

So auch in den vergangenen Wochen in der Nähe des Hundertwasserhauses in Bad Soden geschehen. Hier hat sich in den vergangenen Jahren eine „Uhu-Community“ zusammengefunden, die mittlerweile mehr als 40 Mitglieder zählt und sich in brenzligen Situationen um die gefiederten Hasardeure kümmert.

In den letzten Wochen prasselten die Nachrichten über die Halbstarken bei den Mitgliedern nur so herein!

Am Abend des 12. Mai gegen 22 Uhr wurde Klemens Fischer, stv. Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe Bad Soden angerufen – ein besonders vorwitziger Junguhu war auf einem Balkon gelandet und kam von dort nicht mehr weg. Mit telefonischen Anweisungen – Decke drüberlegen und mit Handschuhen die Füße greifen – konnte der Kleine wieder tiergerecht in sicheres Terrain gebracht werden.

Am Abend des 13. Mai um 20.45 Uhr (die Tierchen sind halt nachtaktiv) wurde Fischer zur Dachbergstraße gerufen, dort hatte sich einer an einer Treppe „festgefahren“. Dies war kritisches Feindesgebiet, denn Autos sind noch gefährlicher als die Natur. Klemens Fischer hat den Jungspund im Kastanienwäldchen auf einen Ast gesetzt – unter Beobachtung des Uhu-Vaters.

Am Vormittag des 16. Mai dann wurde Klemens Fischer telefonisch über den zu diesem Zeitpunkt vermeintlich „letzten Mohikaner“ informiert. In der Nacht war dieser vom Turm auf die Terrasse eines Nachbarn gesprungen und da die Balkontür wegen des warmen Sommertages offen stand, stattete ihm der Halbstarke einen Besuch im Wohnzimmer ab. Nach Inspektion der Räumlichkeiten – der offene Kamin hatte es ihm besonders angetan – spazierte er auf der Gegenseite durch eine schnell geöffnete Tür wieder hinaus. Dort baute ihm der Nachbar eine schräge Ebene, um auf die Brüstung zu gelangen. Hier wurde er von den Altvögeln gefüttert, bis ihm das zu langweilig wurde und er morgens einen Zwischenbesuch bei den Nachbarn Hippenstiels machte, um dann bei Familie Männel die blauen Blumenschalen zu bewundern. Was hat sich die Evolution eigentlich dabei gedacht, dass alle Eulen sogenannte „Ästlinge“ sind? Oben auf dem Turm wären sie sicher, bis sie alleine fliegen können!

Und es sind doch vier!

Frau Blank-Peschl hatte recht, dass sie vier Junguhus vermutete. Am Abend des 19. Mai konnte Herr Wachendorf gleichzeitig alle vier innerhalb des Hundertwassergeländes beobachten und – was noch viel wichtiger ist: Jetzt können bereits alle vier fliegen! So wird sich wohl ein „Shuttle-Verkehr“ zwischen Kastanienwäldchen und Hundertwasserhaus einpendeln. Also dürfte auch die größte Gefahr beim Erwachsenwerden gebannt sein. Übrigens hatten auch die Bewohner des Halbrund-Balkons zum Franzensbader Platz dem Kleinen eine schräge Ebene gebaut, so dass er alleine aus seiner misslichen Lage herausfand. Wie langweilig wäre doch der Wonnemonat Mai ohne die Junguhus gewesen – Friedensreich sei Dank!

Eine kleine Sensation in Sachen Eulen findet im Moment auch im östlichen Main-Taunus-Kreis statt: Dort rufen zwei Zwergohreulen, und eine Brutkiste wurde schon zur Verfügung gestellt. Der erste Brutnachweis dieser Kleineule in Hessen gelang im Jahr 2007 in der Wetterau. Sie ernährt sich hauptsächlich von Insekten und Würmern und ist der einzige Zugvogel unter den Eulen, da im Winter die Nahrung fehlt.

Gespannt kann man sein, was im Juni so passieren wird rund um die Uhus.
Fortsetzung folgt?

Dem Junguhu gefielen die blauen Pflanzentöpfe...
Fotos: Männel

Klemens Fischer mit einem der „Ausreißer“

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