Ändert sich etwas nach der Bürgermeisterwahl in Houilles?

Friedrichsdorf (fw). Für Alexandre Joly (70), den langjährigen Bürgermeister der französischen Partnerstadt von Friedrichsdorf namens Houilles, schlage am 28. Juni die Stunde der Wahrheit, berichtet jetzt der Städtepartnerschaftsverein Friedrichsdorf. In diesem zweiten Durchgang wählen die knapp 22 000 Wahlberechtigten das Kommunalparlament – und damit auch traditionell den Spitzenkandidaten der Siegerliste als Rathauschef. Zudem hat die Wahl Auswirkungen auf einige Entscheidungen, die auch den Friedrichsdorfer Städtepartnerschaftsverein betreffen. Etwa, ob die jährlich am ersten Oktoberwochenende ausgerichtete „Braderie“ – der große Flohmarkt der Stadt – stattfinden wird oder nicht.

Während der parteilose Joly bei der letzten Wahl 2014 als Spitzenkandidat der unabhängigen Liste „Indépendance démocratie (ID) Commune“ noch mit zwei Dritteln der Stimmen den Posten wiedergewonnen hatte, steht er nun als Zweitplatzierter des ersten Votums im März deutlich unter Druck. Das erneute Antreten Jolys kam einigermaßen überraschend, immerhin wäre es bereits die fünfte Amtszeit seit seinem Einzug ins Houiller Rathaus 1995. Er selbst begründete seinen Schritt im Dezember mit vielen Projekten, die er noch zu Ende bringen wolle.

Großer Freund Friedrichsdorfs

Während der „Braderie“ im Oktober 2019, an der auch Norbert Schneider als neuer Vorsitzender des Partnerschaftsvereins zum ersten Mal teilnahm, hatte sich der Bürgermeister noch zurückhaltend zu einer neuerlichen Kandidatur geäußert. Er gilt als vehementer Unterstützer der Partnerschaft mit Friedrichsdorf und ist regelmäßiger Besucher des deutschen Braderie-Standes.

Eine von der Coronavirus-Pandemie diktierte Entscheidung gegen die Braderie wäre auch ein erneuter Schlag für die Beziehungen zwischen beiden Städten, denn die Teilnahme mit deutschem Bier, Wein, Brot und Bratwurst ist seit Jahrzehnten fester Höhepunkt im Kalender. Zudem ist der Termin wichtig für das traditionelle Arbeitstreffen der deutschen und französischen Partnerschaftsvereine.

Nach dem Terroranschlag in Nizza 2015 war die Braderie zunächst zwei Jahre ganz auf Eis gelegt worden, bevor ein neues Konzept zaghafte, erste Schritte und 2019 dann auch wieder die Teilnahme der Friedrichsdorfer möglich machte. Inzwischen ist die Angst etwas in den Hintergrund getreten, und ganz langsam befreit sich die Braderie aus ihrem selbst gewählten und dennoch unfreiwilligen Schneckenhaus. Auch wenn im vergangenen Oktober an allen Zugängen Wachposten standen und Betonblöcke allzu offene Zufahrten blockierten.

Überraschend auch für Brigitte Arnold, seit Jahren die Organisatorin der Friedrichsdorfer Teilnahme, der Bereich vor dem Rathaus um die rue Carnot und die rue Gambetta und auch der Platz des 14. Juli wurden 2019 offenbar recht spontan wieder geöffnet. Bei strahlendem Sonnenschein wirkte die Braderie dennoch, als müsse sie ihren Esprit und sich selbst erst wieder neu erfinden. Das Gedränge zwischen den Ständen war – gemessen an früheren Jahren – mäßig.

Wie sehr der deutsche Stand seit 2016 vermisst wurde, zeigten die zahlreichen Gespräche am Stammplatz. „Da seid ihr ja wieder“, lautete ein ums andere Mal die freudige Begrüßung. Man schwatzt, trinkt einen Riesling und ist froh, die wenigen, noch nicht vergessenen deutschen Worte aus dem Gedächtnis kramen zu können – egal, ob sie gerade passen. Darüber gelacht wird trotzdem. Und Norbert Schneider fühlte sich nach kurzer Zeit am Zapfhahn wohl, die Bestellungen flogen ihm halb in französischer, halb in englischer Sprache entgegen. Nach dem ersten Fass wusste er zudem, dass sich hinter „une pression“ und „une blonde“ ein und dasselbe verbirgt, nämlich ein frisch Gezapftes.

Denn das war der deutsche Stand seit jeher: Mehr Anlaufstelle für Kontakte und Gespräche statt Verkaufsstand. Das sieht auch Alexandre Joly so, der dem Team hinter den blau-weiß-roten Tischdecken wie üblich einen Besuch abstattete und sich deutschen Weißwein und Bratwurst schmecken ließ. Ob zum letzten Mal in seiner Funktion als Bürgermeister, wird der Urnengang Ende Juni zeigen.

Friedrichsdorfer Zwieback für den Bürgermeister von Houilles Alexandre Joly aus den Händen von Brigitte Arnold.Fotos: Arnold

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