Aufruf an alle: Jeder Tropfen Wasser zählt

Die beiden Becken im Hochbehälter Burgholzhausen sind mit je 325 000 Liter Trinkwasser gefüllt. Ende der KW 32 betrug der Wasserstand statt vier nur etwas mehr als zwei Meter, was Stadtwerkebetriebsleiter Andreas Atzbach mit Sorge beobachtet. Fotos: fch

Friedrichsdorf (fch). Wassermangel? War in Friedrichsdorf bisher kein Thema. Trinkwasser aus dem Wasserhahn? War für die Bürger bisher selbstverständlich. Doch das könnte sich bald ändern, denn Wasser ist generell und vor allem im Sommer ein knappes Gut. Ursache sind die andauernden hochsommerlichen Temperaturen und geringe Niederschläge.

In den letzten 20 Jahren lagen allein in zehn Jahren die Niederschläge weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Dadurch erholten sich die eigenen Grundwasserressourcen nicht im erforderlichem Umfang. Friedrichsdorf ist davon auch betroffen. Für eine Grundwasserneubildung wären vor allem anhaltender und regelmäßiger Landregen oder eine geschlossene Schneedecke notwendig. „Die Grundwasserneubildungsmöglichkeiten sind im Taunus aufgrund der geologischen Verhältnisse gering ausgebildet. Dazu kommt, dass die Niederschläge tendenziell geringer werden und der Anteil der Starkregenereignisse, bei denen auf ausgetrockneten Boden keine Versickerung stattfindet, zunimmt. Auch der zusätzliche Wasserbezug über das regionale Verbundsystem ist begrenzt“, informiert der Friedrichsdorfer Stadtwerkebetriebsleiter Andreas Atzbach. Da der Wasserverbrauch in den letzten Wochen bei viel Sonne und Höchsttemperaturen von 35 bis 38 Grad enorm angestiegen ist, rufen die Stadtwerke Friedrichsdorf alle Bürger zum Wassersparen auf.

Die Wetterstation am Frankfurter Flughafen maß im Juli 2020 nur 15,5 Liter Regen pro Quadratmeter, was knapp zwei Putzeimern voll Wasser auf einem Quadratmeter entspricht. Im langjährigen Durchschnitt fielen bisher im Monat Juli rund 62 Liter Regen pro Quadratmeter. Deshalb appellieren die Stadtwerke Friedrichsdorf an alle Bürger, auf das Füllen von privaten Pools, Schwimmbecken und die Bewässerung von Rasenflächen zu verzichten. Die Bewässerung der Gärten sollte auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Nur so können Verbote nach der Gefahrenabwehrverordnung bei Notständen in der Wasserversorgung vermieden werden.

„Der Notstand tritt spätestens dann ein, wenn in den Speicherbehältern die Feuerlöschreserven, die 400 Kubikmeter pro Becken betragen, nicht mehr vorgehalten werden können. Wir hatten bereits im August 2018 eine vergleichbare Versorgungssituation. Damals hat der Appell an die Bürger Wirkung gezeigt, der Wasserverbrauch ging merklich zurück, und die Gefahrenabwehrverordnung trat nicht in Kraft“, erklärt Atzbach. Allen, die ordnungswidrig, vorsätzlich oder fahrlässig handeln, droht bei Inkrafttreten eine Geldbuße bis zu 5000 Euro.

Wir leiden an „Wasserstress“

Grundwasser ist nicht nur unser Lebensmittel Nummer Eins, es bietet auch ideale Lebensräume für viele Wildpflanzen und Tiere. Bedroht wird die Qualität des Grundwassers vor allem durch eine allzu intensive Landwirtschaft. Dünger, Unkrautvernichtungsmittel und Insektizide können ins Grundwasser geraten. Einer der Gründe, warum das kostbare Nass in Deutschland das am besten kontrollierte Lebensmittel ist. Laut Angaben der Vereinten Nationen gehört Deutschland zu den Ländern, die an „Wasserstress“ leiden. Dieser entsteht, wenn die zur Verfügung stehenden Wasserressourcen zu mehr als 20 Prozent genutzt werden. Der Wasserverbrauch im mehr als 25 000 Einwohner zählenden Friedrichsdorf liegt laut Atzbach derzeit bei rund 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr. Der Anteil des vor allem im Taunus selbst geförderten Grundwassers liegt bei rund 0,9 Millionen Kubikmetern. „Der durchschnittliche Wasserbedarf beträgt rund 3800 Kubikmeter pro Tag, mit normalen Schwankungen von 3400 bis 4200 Kubikmetern. Bei extremer Hitze und in Trockenperioden steigt der Wasserbedarf auf bis zu 6000 Kubikmeter pro Tag an, was einem spezifischen Verbrauch von fast 200 Litern pro Tag statt 170 Liter pro Einwohner entspricht“, informiert der Stadtwerkebetriebsleiter.

Zwischengespeichert wird das Wasser in sechs je 5500 Kubikmetern fassenden Hochbehältern. Die Städte im Vordertaunus haben ein detailliertes Grundwassermonitoring im Taunus gestartet, um eine nachhaltige Bewirtschaftung der Vorkommen zu gewährleisten sowie unentdeckte Quellen zu orten. Das Friedrichsdorfer Trink- und Gebrauchswasser kommt vor allem aus sieben Tiefbrunnen in mehr als 100 Metern Tiefe sowie aus elf Quellen.

Da das Grundwasser sehr viel Eisen und Mangan enthält, das herausgefiltert wird, müssen die Filter in den drei Aufbereitungsanlagen mehrmals wöchentlich gespült werden. „Pro Filter sind das 20 bis 30 Kubikmeter, pro Woche fällt bis zu 150 Kubikmeter stark eisenhaltiges Spülwasser an. Das wird seit 2018 nach Vorreinigung in Absetzbecken zur Bewässerung von Grünflächen und den über 300 Obst- und Laubbäumen im Stadtgebiet genutzt. Zum Bewässern hat die Stadt einen neuen 15 000 Euro teuren Anhänger mit Saugvorrichtung, um das Wasser aus den Setzbecken zu holen, gekauft.

Bei den Stadtwerken Friedrichsdorf sind 40 Mitarbeiter in den Bereichen Wasserversorgung, Bauhof, Stadtverkehr und Wohnungsbau tätig. In der Wasserversorgung sind sechs Mitarbeiter im technischen und zwei im kaufmännischen Bereich beschäftigt.

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