Der Borkenkäfer am Weihnachtsbaum

Stephan Bauer gesteht alles im Forum in Friedrichsdorf. Auch das mit dem Käfer und warum Weihnachten ausfällt. Foto: Frank Soens

Friedrichsdorf (fch). „Können Sie dieses Geräusch noch einmal machen? Ich habe es in den vergangenen Monaten vermisst“, fragt Kabarettist Stephan Bauer bei seinem Auftritt im Forum das Publikum in Friedrichsdorf. Und zur Freude aller brandet erneut anhaltender Applaus auf.

Dem Kabarettisten Stephan Bauer fehlte der klatschende Beifall in coronabedingten Auszeiten sehr. Zurück auf der Bühne im Forum Friedrichsdorf bittet er deshalb darum, dieses wunderbare Geräusch gleich zu Beginn seines Programms noch einmal zu wiederholen. Die Zuschauer im Saal kommen seinem Wunsch natürlich gerne nach und werden für ihr Entgegenkommen anschließend mit einem vorweihnachtlichen Gagfeuerwerk belohnt. Bereits der Titel „Weihnachten fällt aus! Josef gesteht alles!“ gibt eine Vorstellung davon, dass das Fest der Liebe im Hause Bauer keine harmonische Angelegenheit ist. Rhetorisch brillant erläutert Bauer wie die apokalyptischen Seiten des Weihnachtsfestes in einer auf Spaß und Kommerz getrimmten Gesellschaft aussehen. Und warum wir Weihnachten feiern, obwohl Religion in vielen Familien keine Rolle spielt. „Wir haben am Tisch nie gebetet, obwohl meine Mutter gekocht hat“, lästert Bauer. Ärger und Streit seien in Familien vorprogrammiert, weil alle die Kernbotschaft des Weihnachtsfestes vergessen hätten. Stattdessen stünden Essen und Geschenke im Mittelpunkt. Deren Devise laute: Freie Fahrt für Kitsch an Weihnachten. Dies sind Gründe, warum er als Single „meine Frau hat mich nach zehn Jahren verlassen, weil sie mit meinem 50 Jahre alten Körper nicht mehr zurechtkam“, keine Lust hat, an Weihnachten zu seiner Familie zu fahren.

24 Wellensittiche für die Katze

Zudem sei seine Familie sauer auf ihn, „seit sie weiß, dass ich in meinem Kabarettprogramm Witze über sie mache. Mein Onkel hat gesagt: Stephan, du bist der Borkenkäfer an unserem Weihnachtsbaum.“ An den Festtagen prallen zudem Menschen aus verschiedenen Generationen mit ganz unterschiedlichen Lebensstilen aufeinander. Im Hause Bauer sind dies seine beiden über 90 Jahre alten Großeltern, „die leben hinter der Zeit“, seine geizigen wie streitlustigen Eltern, seine Schwester „eine Waldorfpädagogin, Emanze und Öko- frau ohne Mann“ sowie ihre drei Kinder. „Was schenkt man solchen Leuten“, fragt Bauer sich ratlos.

Seine Nachbarin sei pragmatisch in den Advent gestartet. „Sie hat 24 Wellensittiche gekauft. Damit hat ihre Katze einen Adventskalender.“ Mit Blick auf den Titel des Weihnachtskabaretts befasst Bauer sich mit Religion und der heiligen Familie. „Die Jungfrauen-Geburt ist eine harte Nummer. Jeder, der Dr. Sommer in der „Bravo“ hoch- und runtergelesen hat, sieht dieses Wunder skeptisch.“ Für ihn sei das eigentliche Wunder, dass Joseph „die Füße stillgehalten habe“ als Maria ihm beichtete, sie sei schwanger, wisse aber nicht von wem.

Scharfzüngig geht es zügig weiter mit zahlreichen Episoden aus dem Alltag und dem Bekenntnis ein Romantiker zu sein. „Ich liebe es, mit einer Frau Hand in Hand durch die Stadt zu gehen. Sie fragen, warum? Weil dass die einzige Möglichkeit ist zu verhindern, dass sie in jedes Geschäft geht.“ Eine Alternative zu traditionellen Weihnachtsfeiern mit der Familie seien Spielabende mit Freunden. „Mit „80 Prozent Vodka“ und Haschkeksen überlebt man auch einen Spielabend.“. Er verrät, dass er die bühnenfreie Zeit nur mit Hilfe von Riesling, Chianti und Sauvignon Blanc überstanden habe, denn „von heute auf morgen waren alle meine Auftritte weg.“ Sein Tipp lautet: „Versuchen sie einmal das Thema Corona in ihrem Gesprächen im Advent auszublenden. Das Leben ist so kurz, genießen sie jeden Augenblick.“



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