Einfach und schnell helfen, nicht nur reden

Eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft rollt von Burgholzhausen gen Ukraine. Außer den ehrenamtlichen Organisatoren Wieslawa Mencel, Wioletta Kuzmiak, Jana Höflein, Aleksandra (v. l.) und Oliver Götz (vorne) packen viele weitere Helfer mit an. Foto: fch

Friedrichsdorf (fch). Krieg in Europa. Krieg in der Ukraine. Der russische Angriff auf den Nachbarstaat tobt seit einer Woche. Inzwischen sollen auch belarussische Soldaten die Grenze zum Nachbarn Ukraine überschritten haben. Das Leid der Bevölkerung ist groß. Die Hilfsbereitsschaft vieler Friedrichsdorfer ebenfalls.

Der russische Krieg gegen die Ukraine dauert inzwischen eine Woche. Fast 700 000 Ukrainer sind bereits ins Ausland geflüchtet. Die Fotos der Zerstörung und die Berichterstattung über die verheerenden Angriffe auf die Ukraine haben zwei junge Frauen aus Burgholzhausen tief erschüttert. Spontan riefen Aleksandra Götz und Paula Mencel zusammen mit ihren Familien am letzten Samstag über Facebook, Bad Homburg meine Stadt, eine polnische Internetseite in Frankfurt, den örtlichen Kindergarten und eine Turngruppe des Turnvereins 1893 Burgholzhausen eine Spendenaktion ins Leben. „Wir haben unsere Hilfsaktion um 15 Uhr gestartet und kurz darauf stand das erste Auto vor der Garage. Um 16 Uhr waren es bereits 200 Autos“, berichtet Aleksandra Götz. Von da ab rollte eine Welle der Hilfsbereitschaft über die beiden Familien hinweg. Schnell waren alle Garagen und Keller proppenvoll mit Kisten voller Hilfsgüter. „Die Leute kommen von überall her. Aus der Nachbarschaft, aus Friedrichsdorf, Bad Homburg und Umgebung“, berichtet Oliver Götz. Sie bringen Kartonweise Bekleidung, Babyartikel, Tiernahrung, Medikamente, Hygieneprodukte, Energieriegel und Lebensmittel. Alles Dinge, die benötigt werden. Von den Menschen in der Ukraine und den Flüchtlingen in Polen wie Aleksandra Götz berichtet. Sie und ihre Familie haben Informationen direkt von Verwandten an der polnisch-ukrainischen Grenze. Paulina Mencel hat Familienangehörige in der Ukraine. Aleksandra Götz kommt aus Ratibor (Racibórz) in der polnischen Woiwodschaft Schlesien.

TVB stellt Turnhalle

Am Dienstagmorgen kam für die in einem Meer aus Paketen untergehenden Helfer eine rettende Nachricht. Jugendleiterin Jana Höflein vom TV Burgholzhausen (TVB) hatte das Chaos bei den beiden Familien gesehen und den ersten Vorsitzenden Hans Struwe um sein Einverständnis gebeten, die TVB-Turnhalle als Anlaufstelle für die Spender zur Verfügung zu stellen. Diese Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Und schon bald wimmelte es in der Sporthalle und auf dem Gelände wie in einem Ameisenhaufen. Erwachsene und Kinder schleppten Kisten voller Hilfsgüter in die Sporthalle, Frauen brachten frisch gebackene Brezeln, Kuchen und belegte Brötchen für die Helfer vorbei. Zu den „Lieferanten“ gehört Noah (11). Er trägt mit seinem Freund Pakete vom Auto in die Turnhalle, die seine Mutter gepackt hat. „Ich finde es gut, dass so viele Leute helfen“, sagt der Schüler. Schnappt sich das nächste Paket und verschwindet in der Turnhalle. Helfer nehmen es ihm ab, sortieren die Güter, verpacken sie und beschriften die Kisten. Diese werden dann mit Sprintern von der Turnhalle zu Scheunen und Hallen in der Umgebung gebracht. Von diesen sind bereits mehrere am Dienstag voll gewesen. Dort lagert alles bis Samstag. Mehrere mit Hilfsgütern voll bepackte Lastwagen und Sprinter gehen am Samstagmorgen auf die Reise nach Breslau und an die polnisch-ukrainische Grenze. „Alle Hilfsgüter werden direkt an Familien in der Ukraine verteilt oder an geflüchtete Familien in Polen“, informiert Oliver Götz.

Effektiv unterstützt wird die Hilfe am Ort vom derzeit im Urlaub weilenden Friedrichsdorfer Ehepaar Tanja und Ibrahim Fidan. Sie organisieren über ihr großes Netzwerk Kisten, Pakete, Sprinter, Laster, Helfer, Fahrer, Dokumente und vieles mehr. „Am Anfang hatten wir zwei Transporter, jetzt sind es schon sechs und zwei LKWs. Paulina, ihr Vater Willi und Ibrahim fahren mit. Eine Tour dauert zwölf Stunden“, berichtet Oliver Götz. Am Mittwochabend endete die Annahme der Pakete um 18 Uhr.

Bürgermeister Lars Keitel sei froh über das vielschichtige Hilfsangebot der Friedrichsdorfer für die Ukraine, wie er auf Nachfrage der Friedrichsdorfer Woche betont: „Es gibt viele private Initiativen, und es werden immer mehr. Von Verwaltungsseite wird es die erste Sitzung einer Arbeitsgruppe zur Aufnahme von zu erwartenden Flüchtlingen geben, in den Kirchen werden Friedensgebete gesprochen. Die Flaggen vor dem Rathaus wurden auf Halbmast gesetzt.“

!Benötigt werden von den privaten Helfern in Friedrichsdorf und Burgholzhausen noch Geldspenden für Sprit, Autos und Fahrer. Dafür wurde ein PayPal-Konto eingerichtet. Infos dazu gibt es per E-Mail an help[at]fibu-bhg[dot]de.

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