„Wir sind da, falls wir gebraucht werden“

Sterben ist das Auslöschen der Lampe im Morgenlicht, nicht das Auslöschen der Sonne (Rabindranath Tagore). Foto: rosa

Friedrichsdorf (fch). Schwerkranken Menschen und deren Angehörigen in der letzten Lebensphase auf der psycho-sozialen Ebene beizustehen, hat sich der Hospizdienst Friedrichsdorf zur Aufgabe gemacht. Der gemeinnützige Verein, der von fünf Vorstandsmitgliedern unter Leitung der Vorsitzenden Dr. Gunhild Loh ehrenamtlich geführt wird, feierte im November 2019 sein zehnjähriges Bestehen. Eine Zeit, wie die derzeitige Corona-Krise, gab es noch nie.

Erschwerte Bedingungen bei einem sowieso schon sehr sensiblen Thema. Der Hospizdienst Friedrichsdorf, der sich im vergangenen Jahr über sein zehnjähriges Bestehen freute, versucht auch in herausfordernden Corona-Zeiten, Menschen und deren Angehörige beim Abschied nehmen zu begleiten. Koordiniert wird diese wichtige, ehrenamtliche Hilfe der derzeit 29 Hospizhelfer von drei hauptamtlichen Hospizfachkräften. Es sind Krankenschwester Sabine Scheibel, Altenpflegerin und Sozialpädagogin Anja Born sowie Sportwissenschaftlerin Judith Trabert. Aktuell begleiten die drei hauptamtlich in Teilzeit beschäftigten Koordinatorinnen und die ehrenamtlich tätigen 29 Hospizhelfer 39 Schwerstkranke und ihre Angehörigen. Deren Kräfte zehrender Alltag ist oft durch unzählige Arztbesuche, Klinikaufenthalte, Therapien und häusliche Pflege bestimmt. „Die Beratung und Begleitung durch die umfassend ausgebildeten Ehrenamtlichen ist für die Patienten und Angehörigen kostenfrei. Sie müssen auch nicht Mitglied beim Hospizdienst Friedrichsdorf sein“, betont Judith Trabert. Angefragt wird das ehrenamtliche Engagement des ambulanten Hospizdienstes bei den Koordinatorinnen meist vom Krankenhaus, den Angehörigen, den Hausärzten, vom Pflege- oder Palliativdienst. „Bei einem Haustermin stellen wir dann Art und Umfang der Hilfe fest. Wir klären Fragen wie etwa: „Was wird gewünscht?“, „Was wird gebraucht?“ und „Wie können wir es umsetzen?“. Bei dem Angebot handelt es sich weder um Pflege, noch um eine medizinische Versorgung, sondern um ein psycho-soziales Angebot.

Zeit als Geschenk

Die Ehrenamtlichen bringen ein kostbares Geschenk in Form von Zeit mit. In der Regel sind es pro Besuchtem in der Woche ein bis zwei Stunden. Die Zeit wird nach Bedarf, Wunsch und Bedürfnis der Menschen mit Vorlesen, Spaziergängen, Zuhören oder Gesprächen gefüllt. Ein Vorteil besteht darin, dass die Hospizhelfer „keine Familiengeschichte im Gepäck“ haben. Für die Angehörigen kann der Besuch eine Entlastung sein, ihnen eine Pause verschaffen, Zeit für eigene Erledigungen und die Gelegenheit für ein Gespräch ermöglichen. Auch Infos über Netzwerkhilfen gibt es vom der Hospizdienst Friedrichsdorf. „Es braucht ein gutes Netzwerk, damit dem Wunsch schwerkranker Menschen entsprochen werden kann, damit sie zu Hause bleiben können“, sagt Judith Trabert. Die Dauer der Begleitung kann von zwei Tagen bis zu zwei Jahren dauern.

Außerhalb von Corona treffen sich die Hospizhelfer einmal im Monat in der Gruppe zu Fortbildungen und werden von einem Supervisor – derzeit telefonisch – unterstützt. „In dieser Situation jetzt ist die Betreuung für uns durch Besuchsverbote und Einschränkungen sehr schwierig. Ein Teil der Hospizhelfer sind selbst Risikopatienten. Trotzdem läuft unsere Hilfe weiter. Die bestehenden Begleitungen laufen teils über Telefon und PC, so entstehen schöne Gespräche ohne persönlichen Kontakt auf einer anderen Ebene“, berichtet die Koordinatorin. Andere Helfer besuchen die Menschen in ihrem häuslichen Umfeld unter Einhaltung der hygienischen Vorgaben. „Wir sind da, falls wir gebraucht werden.“

Margot Aldinger wollte sich als Rentnerin ehrenamtlich im sozialen Bereich engagieren. Die Kinder- und Jugendpsychiaterin mit eigener Praxis dachte an ein Sorgentelefon für Familien. Durch den Tod der Eltern und naher Angehöriger für das Thema Leben, Sterben und Tod sensibilisiert, entdeckte sie eine Anzeige, in der Hospizhelfer gesucht werden. „Ich habe von September 2016 bis September 2017 an einer Basisqualifikation teilgenommen“, berichtet die 68-Jährige. Seither begleitet sie Schwerkranke im familiären Rahmen und derzeit eine Dame im Haus Dammwald. Da Besuche in der Einrichtung aktuell nicht möglich sind, gibt sie für die Seniorin einmal in der Woche einen Strauß mit Blumen aus ihrem eigenen Garten mit einem Schreiben ab, das diese vom Personal vorgelesen bekommt. „Der ambulante Hospizdienst ist sehr bereichernd, man gewinnt viel an Erkenntnissen, bekommt von den Menschen viel an Dankbarkeit zurück. Es ist auch sehr schön, in das Team eingebunden zu sein. Ich würde es immer wieder machen“, sagt die Medizinerin.

!Wer sich über den Hospizdienst Friedrichsdorf, Prof.-Wagner-Straße 3, oder eine Basisqualifikation für Hospizhelfer informieren möchte, findet weitere Informationen im Internet unter www.hospizdienst-friedrichsdorf.de. Telefonisch erreichbar sind die Koordinatorinnen unter Telefon 06172-2850044 oder per E-Mail an info[at]hospizdienst-friedrichsdorf[dot]de.

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