Herausforderungen als intakte Gemeinschaft bestehen

Der neue Bürgermeister Lars Keitel tritt sein Amt im September an.Foto: Reiner Harscher

Friedrichsdorf (rosa). Lars Keitel wurde am 28. März zum neuen Bürgermeister von Friedrichsdorf gewählt. Der neue Chef im Rathaus bereitet sich auf seine Aufgabe als Stadtoberhaupt vor und agiert seit April als Erster Stadtrat im Stadtparlament. Sicher gibt es noch viel zu tun bis zum Amtsantritt im September, und danach wird es auch nicht weniger. Dennoch nahm sich Lars Keitel die Zeit, jetzt schon einige Fragen zu beantworten.

Herr Keitel, wo setzen Sie die Schwerpunkte für Ihre Arbeit in den nächsten fünf Jahren?

Lars Keitel: Schwerpunkte werden alle Themen rund um den Klimaschutz sein. Beispielsweise die Mobilität, der Erhalt der Artenvielfalt, die Energie- und Wasserversorgung. Hinzu kommt die Wirtschaftsförderung, der Wiederaufbau des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens nach Corona und die Konsolidierung des coronageschädigten Haushalts.

Was ist Ihr größter Wunsch für Friedrichsdorf, werden Sie diesen während Ihrer Amtszeit umsetzen können und wie?

Keitel: Ich wünsche mir, dass Friedrichsdorf all die Umwälzungen, die durch Corona, den Klimawandel und die Digitalisierung auf uns zukommen, als eine intakte Gemeinschaft besteht. Wir müssen diese Herausforderungen annehmen, weil sie um uns herum passieren und wir sie zumindest teilweise nicht beeinflussen können. Das zentrale Element dazu wird Kommunikation sein. Die Menschen müssen wissen, was passiert, warum es passiert, wie es passiert, und sie müssen sich einbringen können. Dann sind sie auch bereit, Dinge anzunehmen, die sie persönlich vielleicht zunächst als Opfer empfinden, die aber dem Gemeinwohl dienen.

Über welche Themen werden Ihrer Meinung nach die kontroversesten Diskussionen geführt werden?

Keitel: Über die Verteilung von Verkehrsflächen zwischen Fußgängern, Radfahrern, Autofahrern und öffentlichem Nahverkehr. Hier gibt es schon jetzt unterschiedliche und teilweise gegensätzliche Vorstellungen, wie der vorhandene Platz genutzt werden soll. Alle wollen schnell und sicher vorankommen. Entsprechend hartnäckig werden die unterschiedlichen Interessengruppen ihre Vorstellungen verteidigen.

Was wünschen Sie sich von den Bürgern, und wie schaffen Sie Beteiligungsmöglichkeiten?

Keitel: Ich wünsche mir, dass sich die Menschen konstruktiv an den Veränderungen in der Stadt beteiligen. Konstruktiv bedeutet für mich, sich einerseits mit Ideen und Lösungsvorschlägen einzubringen und andererseits die mehrheitlich getroffenen Entscheidungen im Sinne des Gemeinwohls zu unterstützen. Beteiligungen sehe ich über die hier in Friedrichsdorf bereits praktizierten klassischen Werkzeuge wie Mitmachwerkstätten, Informationsveranstaltungen oder ähnlichem. Ich möchte aber auch gerne neue Möglichkeiten wie zum Beispiel einen Bürgerrat oder Online-Plattformen zu spezifischen Themen nutzen.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Auswirkungen der Corona-Krise für die Stadtgesellschaft abzufedern?

Keitel: Wir haben hier dank des regen Vereinslebens und der für eine Stadt in unserer Größe außergewöhnlich vielseitigen Kulturveranstaltungen eine sehr gute Basis, unser gesellschaftliches Leben sehr schnell wieder herzustellen. Auf die Vereine, aber auch auf die Gastronomie und den Einzelhandel müssen wir ein besonderes Augenmerk richten. Sie sind essentiell für gesellschaftliches Leben, und wir werden hier als Stadt Unterstützung anbieten.

Was wird anders mit Lars Keitel als Bürgermeister, was bleibt?

Keitel: Wir leben in Zeiten großer gesellschaftlicher Veränderungen. Ich werde in meiner Zeit als Bürgermeister völlig andere Herausforderungen haben als Horst Burghardt in seiner Zeit. Was bleibt, ist die Begeisterung, mit der wir beide uns als Friedrichsdorfer für unsere Heimatstadt einsetzen. Vieles wird sich mit den jeweils aktuellen Aufgaben verändern.

Was werden Sie in Sachen Klimaschutz und Wirtschaftsförderung konkret weiter unternehmen, und wie verträgt sich beides miteinander?

Keitel: Wirtschaftsförderung ohne Klimaschutz verträgt sich nicht, denn eine Welt ohne Klimaschutz kann es nicht geben. Also gilt es, die Wirtschaft so zu fördern, dass sie die Transformation zur Nachhaltigkeit schafft. Hier auf städtischer Ebene bedeutet das, die lokalen Wirtschaftskreisläufe zu fördern. In der Rückbesinnung auf eine Wirtschaft der kurzen Wege liegt ein großes ökologisches Potenzial.

Wie wird Ihr Alltag als Bürgermeister aussehen und wie die verbleibende Freizeit? Was wird sich für Sie persönlich an Ihrem Leben ändern?

Keitel: Ich nehme mal stark an, es wird sich alles in meinem Alltag ändern. Aber fragen Sie mich das am besten noch mal einen Monat nach dem Amtsantritt.

Wird das „grüne Leben“ für den kleinen Mann noch finanzierbar sein (was ist mit denen, die sich kein „neues“ Elektroauto, keine „umweltfreundliche Wohnsituation“ oder ähnliches leisten können?), wenn Annalena Baerbock Kanzlerin wird?

Keitel: Also zum einen geht es bei den CO2 Abgaben nicht darum, den Menschen Geld wegzunehmen. Das Geld wird wieder zurückgegeben und zwar so, dass sich der „kleine Mann“ und die „kleine Frau“ auch ein „grünes Leben“ leisten können. Die ökologische Umgestaltung wird nicht funktionieren, wenn nicht alle mitgenommen werden. Zum anderen ist das „grüne Leben“ – wie Sie es nennen – nicht zwangsläufig teurer.

Was ist/wird Ihr persönlicher Höhepunkt 2021?

Keitel: Wenn Kanzlerin Annalena Baerbock, irgendwann im Herbst/Winter, Deutschland für coronafrei erklärt.



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