Hilfe für Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind

Andrea Pilger (Vorsitzende des Vereins-Vorstandes), Claudia Rinn (Mitarbeiterin in der Beratungsstelle Friedrichsdorf), Britta Heblich (städtische Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte) halten das neue Plakat zur Kampagne „Stopp häusliche Gewalt“. Foto: bmi

Friedrichsdorf (bmi). Zuhause nicht sicher? Ab dem 22. September diesen Jahres erhalten betroffene Frauen nun auch im Friedrichsdorfer Rathaus Beratung und Hilfe. Gemeinsam mit Bürgermeister Horst Burghardt und der städtischen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Britta Heblich stellte der Verein „Frauen helfen Frauen - Hochtaunuskreis“ das neue Beratungsangebot am vergangenen Freitag vor.

Andrea Pilger, erste Vorsitzende des Vereinsvorstandes, und Heblich äußerten sich besorgt über die Auswirkungen von Corona-Krise und Lockdown. Übereinstimmend befürchteten sie ein Zunahme häuslicher Gewalt, die sich möglicherweise erst Monate später in vollem Umfang zeigen wird. Daher sei die Eröffnung der neuen Beratungsstelle gerade jetzt wichtig, auch wenn durch die derzeitigen Hygieneregeln zunächst nur mit Terminvereinbarung beraten werden könne.

Burghardt betonte: „Gewalt gegen Frauen geht uns alle an. Die Zahlen sind schockierend. Sie zeigen, dass wir wahrscheinlich alle in unserem Umfeld Frauen kennen, die von Gewalt betroffen sind. Oft jedoch wird das nicht richtig wahrgenommen. Es ist daher notwendig, dass das Thema verstärkt in die Öffentlichkeit gebracht und nicht totgeschwiegen wird.“

Claudia Rinn vom Verein „Frauen helfen Frauen“ übernimmt die Beratung in Friedrichsdorf, bisher war sie mit zwei weiteren Frauen bereits für die Beratungstätigkeit des Vereins in Oberursel und Usingen zuständig. Sie begrüßte die jetzt intensivierte Kooperation mit der Friedrichsdorfer Frauenbeauftragten Heblich und das neue Beratungsangebot im Rathaus: „Hiermit wird der Zugang zur Beratung für viele Frauen aus dem Hochtaunuskreis erleichtert. Weite Wege sind oft eine große Hürde für die Frauen.“ Nicht immer sind diese Frauen der körperlichen Gewalt ihres Partners ausgesetzt, Rinn verwies auf die vielen unterschiedlichen Formen der häuslichen Gewalt. Dazu zählt neben der seelischen Gewalt, bei der Frauen erniedrigt und beleidigt werden, auch die soziale Gewalt, wenn Frauen von Freunden und Umwelt isoliert werden. Meist, so berichtete Rinn, beginnt die Gewaltspirale mit diesen beiden Formen, die Frauen verlieren zunehmend ihr Selbstbewusstsein und ihren Handlungsspielraum. Verschärfend kommt oft die wirtschaftliche Gewalt hinzu, also die Herrschaft des Mannes über das Geld. Schließlich ist neben der körperlichen Gewalt mit tätlichen Angriffen auch die sexualisierte Gewalt von Nötigung bis hin zu Vergewaltigungen in der Ehe zu nennen. Oft vergehen Jahre, bis Frauen Hilfe suchen. Dann geht es meist erst einmal darum, zuzuhören und die Frauen unterstützend weiter zu begleiten. Rinn betonte: „Meine Aufgabe ist es, die Frauen zu beraten und zu informieren. Sie entscheiden dann selbst, welchen Weg sie gehen wollen.“

In Oberursel betreibt der Verein seit 1985 ein Frauenhaus, das eine mögliche Station auf dem weiteren Weg der Frauen sein könnte. Die eigene Wohnungssuche allerdings ist oft ein großes Problem. Pilger erläuterte: „Es fehlen überall finanzielle Mittel. Viele Spenden sind durch Corona weggebrochen und gleichzeitig fehlen uns Mitarbeiterinnen im Frauenhaus. Zwei Stellen wären hier zu besetzen, eine Mitarbeiterin für die Frauen und eine für die Kinder.“

Fehlende Finanzen machte Heblich auch für ein weiteres Problem verantwortlich: Es fehlt an günstigen Übergangswohnungen, in die Frauen ziehen können, die bereit sind, das Frauenhaus zu verlassen. So ergibt sich ein Rückstau, der dazu führt, dass die hessischen Frauenhäuser am Ende ihrer Aufnahmekapazität sind und Frauen in benachbarte Bundesländer weitervermitteln müssen.

!Ab dem 22. September diesen Jahres wird im Rathaus Friedrichsdorf immer dienstags von 9 bis 13 Uhr die Beratung für Frauen angeboten. Derzeit können jeweils drei Termine an einem Tag für ein persönliches Gespräch vergeben werden. Dazu sollte sich unter Telefon 06171-51768 oder per E-Mail an beratungsstelle[at]frauenhaus-oberursel[dot]de angemeldet werden. Sobald es die coronabedingten Hygienevorschriften erlauben, soll auch eine offene Beratung angeboten werden. Die Beratungsgespräche sind vertraulich und kostenfrei.



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