Neujahrsreise von Austria bis Amerika

Geradezu sehnsüchtig „spricht/singt“ Christiane Linke zum Publikum und bewegt sich lebhaft dazu. Ebenso ausdrucksstark begleitet das Orchester die Sopranistin. Foto: Jona-Bennet Rübner

Von Jona-Bennet Rübner

Friedrichsdorf. Ein Neujahrsabend zwischen Wien und Hollywood. Das Johann-Strauß-Orchester Frankfurt lud im Forum Friedrichsdorf zum Neujahrkonzert und sorgte mit Operettenmelodien aus der Feder von Johann Strauß und seinen Zeitgenossen sowie filmmusikalischen Klassikern aus Hollywood für beste Laune beim Publikum.

Mit der Ouvertüre aus „Ein Morgen, ein Mittag und ein Abend in Wien“, die mit einer kraftvollen Fanfare begann, begrüßten die Musiker des Frankfurter Johann-Strauß-Orchesters unter der Leitung Witholf Werners die Zuhörer des Neujahrskonzerts im Forum und zeigten viele verschiedenen Facetten der lebendigen österreichischen Metropole. In Moll verabschiedete sich die Nacht und ließ Wien durch einen Tonartenwechsel nach Dur erwachen. Es erklang ein atemberaubend schönes Cello-Solo, das die restlichen Streicher pizzicato (gezupft) begleiteten. Doch zu anschließend heiteren Walzerklängen, die das fröhliche Stadtleben widerspiegelten, gesellten sich auch dramatische Passagen und Marschmusik, die vergangene Zeiten der Habsburgerregentschaft, in der der Komponist Franz von Suppé lebte, kurz wieder aufflackern ließ. Mit einem ausladenden Bogenschwung der Geiger fand die Ouvertüre ein Ende.

Nach einer spritzigen Begrüßung durch Witholf Werner, der neben dem Dirigieren auch komödiantisch durch den Abend führte, folgte ein Lied aus der letzten Operette Franz Lehárs „Giuditta“, für das sich die Frankfurter Sinfoniker Verstärkung dazu holten. Die Sopranistin Christiane Linke erzählte singend, begleitet vom Orchester, von Verehrern, die ihr nicht zu widerstehen vermochten. In einem weiteren Stück, „Spiel mir das Lied von Glück und Treu“ von Nico Dostal, sang die Sopranistin mit von Tragik geprägter Stimme über die Liebeswerbung einer Frau um einen Violinisten. Passend dazu hob sich die erste Geige immer wieder hervor, während Christina Linke ihr leicht schmachtende Blicke zuwarf. Zudem wechselte die Solistin von Stück zu Stück das Kleid, was stets für ein angetanes Raunen in den Reihen des Publikums sorgte.

Dirigent hüpft, Publikum wippt

Zwischen den Gesangseinlagen bot das Johann-Strauß-Orchester Werke seines Namensgebers und anderer Komponisten aus der ehemaligen Donaumonarchie dar. Darunter waren Walzer mit prägnanten Streicherstimmen, sanfte Bläserklänge und bei einer heiteren, schnellen Polka hüpfte sogar der Dirigent auf unterhaltsame Weise über die Bühne, während das Publikum im Takt mitwippte.

Nach einer Pause setzte der Abend seine Reise in Richtung Hollywood fort. Mit Freude und Enthusiasmus eröffnete das Orchester die zweite Hälfte mit „Gonna Fly Now“ aus dem Filmklassiker „Rocky“. Im Anschluss daran bezauberte Christiane Linke mit dem allseits bekannten und vielfach gecoverten „Somewhere Over The Rainbow“. Dabei gab sie mit klangvoller Stimme dem Lied eine besondere, swingend-klassische Note, begleitet von den perfekt aufeinander eingespielten Musikern des Johann-Strauß-Orchesters. Heraus stach auch ein sehr gelungenes Trompeten-Solo, das die Stimmung der Arrangements untermalte.

Bei einem Medley des Films „Once Upon A Time In America“ zeigte das Orchester die musikalische Vielfalt aus über 220 Minuten Filmmaterial und rüttelte mit plötzlichen Wechseln von ruhiger Melancholie hin zu schneller Dramatik die Zuhörer auf. Nach der Titelmelodie aus „Der Pate“ und dem „Sirtaki“ von Mikis Theodorakis, bei dem sich das Publikum zu tanzen weigerte, obwohl Dirigent Witolf Werner dazu aufgefordert hatte, und die Zuhörer sich aber dann doch zum beherzten Mitklatschen erwärmen ließen, liefen Sinfoniker und Sopranistin noch einmal zur Hochform auf. Mit „True Love“ aus dem 50-er-Jahre-Filmmusical „Die oberen Zehntausend“, ursprünglich von Bing Crosby und Grace Kelly gesungen, sang Christiane Linke anstelle der Filmikone von der Liebe zweier Menschen, welche nichts zu übersteigen vermochte. Das Publikum zeigte sich besonders begeistert.

Als Zugabe durfte der „Radetzky-Marsch“ natürlich nicht fehlen, den die Musiker stehend und mit Unterstützung der Gäste im Saal darboten, bevor Dirigent Witholf Werner alle in das Jahr 2022 verabschiedete. Ein gelungener Jahresauftakt mit viel guter Laune, bei dem sicher die ein oder andere Melodie noch eine Weile im Kopf geblieben sein dürfte.



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