Konfis schaffen Mahnmal für Rufmord

Stolz präsentieren Seulbergs Konfirmanden ihr Werk zum Thema „Seulberger Hexenwahn“. Foto: Krenski

Friedrichsdorf (fw). In Seulberg suche man vergebens eine Gedenkstätte für die in der Mitte des 17. Jahrhunderts als „Hexen“ und „Zauberer“ denunzierten und hingerichteten Männer und Frauen, findet Pfarrer Thomas Krenski von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Seulberg. Grund genug für die Seulberger Konfirmanden (Konfis) sich mit dem „Seulberger Hexenwahn“ auseinanderzusetzen. Die engagierte Arbeit der Journalistin und Autorin Dr. Dagmar Scherf ermöglicht es, sich ein historisch zuverlässiges Bild von den Vorgängen zu machen. Dazu verhalf überdies ein von dem Friedrichsdorfer Filmemacher Reiner Harscher für das hiesige Heimatmuseum gedrehte Feature.

Die Konfirmanden besuchten daraufhin das alte Pfarrhaus des Pfarrers Zahn, der in den 1650er-Jahren Kinder verhörte, auf deren Aussagen hin er 31 Personen als „Hexen“ und „Zauberer“ glaubte identifizieren und überführen zu können. Dabei spielte die Homburger Landgräfin eine erhebliche Rolle. Die Jugendlichen haben versucht, die Muster zu erkennen, die zu den Verurteilungen und Denunziationen führten. Es fielen moderne Vokabeln wie „Fake News“, „Mobbing“, „Bashing“ und „Shitstorm“. Aber auch von „Rufmord“ war die Rede. Pfarrer Krenski hatte die Konfirmanden ermutigt, sich angesichts des Gebotes „Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten“ mit der Auswirkung von übler Nachrede und Tratsch, von Gerüchten und Mutmaßungen auseinanderzusetzen und das eigene Kommunikationsverhalten kritisch in den Blick zu nehmen. In diesem Zusammenhang schufen die Konfis des Jahrgangs 2022 unter Assistenz von Küster Greiner, Kirchenvorsteherin Christa Tröger und Praktikantin Ava Krishnan in der Küster-Werkstatt ein (vielleicht sogar das erste) Denkmal für die 31 durch Diffamierung, Verleumdung, falsches Zeugnis und religiösen Fanatismus zu Tode gekommen Menschen. Einige der Opfer waren unmittelbare Vorfahren der Jugendlichen.

Die Jugendlichen brannten die Namen der 31 Opfer in Holztafeln ein. Diese Namenstafeln wurden auf Latten aufgebracht, die die Verschläge der Fenster des Homburger Hexenturmes symbolisieren. Feuerflammen und Hexenbesen erinnern an das historische Geschehen oder dessen mythologische Hintergründe. Der auf die Verschläge aufgebrachte Rabe –Symboltier der „Hexen“ – erfährt einen biblischen Bedeutungswandel. Er erinnert an den Raben, der dem Propheten Elija in aussichtloser Lage Brot und Wasser brachte. Das Denkmal wird vorläufig in der Seulberger Kirche stehen.



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