Die Weihnachtsgeschichte als Film

Für die Krippenszene geleitet Hirte Johann Sig (l.) die Schäfchen Muriel und Yvaine Kinkel sowie Caroline und Louisa Klein zur Krippe (Mitte), wo sie von Maria und Josef alias Claire und Annabelle Vogeler (r.) schon erwartet werden, während Pfarrer Dr. Krenski filmt.Foto: bmi

Von Bettina Müller-Ifland

Friedrichsdorf. Die Kühe des Seulberger Landwirts Raab reckten neugierig ihre Hälse. So ein Trubel herrschte doch sonst nie in ihrem Stall? Doch an diesem Samstag waren Maria und Josef mit dem Jesuskind zu Besuch und mit ihnen die „Filmcrew“ der evangelischen Gemeinde Seulberg.

Not macht erfinderisch. Coronabedingt hat sich die evangelische Gemeinde Seulberg ein digitales Krippenspiel ausgedacht. Gedreht wurde an „Originalschauplätzen“ unter anderem im Stall von Bauer Raab. Gleich mehrere Szenen entstanden an diesem Nachmittag unter den Augen der Kühe, die ihre Köpfe immer wieder weit durch die Gitter reckten, um alles Erreichbare abzuschlecken. Tatsächlich erwischten sie hier und da mal einen Jackenzipfel oder einen Schuh. Eine Kuh erreichte mit ihrer langen Zunge sogar den Ärmel von Pfarrer Dr. Thomas Krenski, der als Kameramann fungierte und sich bei der Suche nach der optimalen Aufnahmeposition zu nah an ihr Gatter wagte. Dennoch waren die jungen Darsteller voller Konzentration bei der Sache, auch wenn zwischendurch diejenigen, die gerade Pause hatten, davon sausten, um nach dem neugeborenen Kälbchen zu schauen.

26 Kinder im Alter von zwei bis zwölf Jahren auf 30 Drehtermine zu verteilen und dabei die Corona-Vorgaben einzuhalten, war eine logistische Herausforderung, die von den Kindergottesdienstkreis-Leiterinnen Katja Sig und Oriana Vogeler gemeistert wurde. Katja Sig schrieb das auf Seulberger Verhältnisse zugeschnittene Drehbuch in enger Anlehnung an die Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Lukas. Pfarrer Dr. Krenski betonte: „Wir wollen die Weihnachtsgeschichte greifbar machen, ins Hier und Heute transportieren. Dieses Jahr findet sie auf den Feldern von Seulberg statt.“ Schon früh war klar, dass es dieses Jahr kein traditionelles Krippenspiel in der Kirche geben wird. Doch sollten die Kinder nicht leer ausgehen, daher entstand die Idee zum „Digitalen Krippenspiel“, das zudem den Vorteil hat, dass auch alle Verwandten, die dieses Jahr nicht vor Ort sein können, zuschauen können.

Übertragung in die weite Welt

Sogar weltweit kann das Video gesehen werden, es soll pünktlich zum dritten Advent ins Internet gestellt werden. Das können dann auch die in Frankreich und den USA lebenden Verwandten der Seulberger Kinder sehen. Dass so viele Kinder beim Krippenspiel mitmachten, freute auch Oriana Vogeler: „Ich fand es beeindruckend, dass sich schon gleich auf unsere erste E-Mail so viele Kinder gemeldet haben, die mitmachen wollten. Wir brauchten im Gegensatz zu anderen Gemeinden daher keine weitere Werbung dafür zu machen.“ Krenski ergänzte: „Das Bedürfnis der Kinder, gerade jetzt etwas zu tun, ist unglaublich groß, daher haben wir uns diese Art eines besonderen Angebotes für sie überlegt.“ Es ist ein Novum in der Gemeindegeschichte, ein digitales Krippenspiel gab es bisher noch nie. Erfahrungen mit Online-Gottesdiensten sammelte Krenski schon im Frühjahr, als Corona erstmals das Zusammenkommen in größeren Gruppen erschwerte. Gemeinsam mit dem Fotografen Reiner Harscher entstanden mittlerweile zahlreiche „Sonntagsclips“ von verschiedenen Orten, auch der Kuhstall von Bauer Raab war bereits dabei. An der Verwirklichung des „Digitalen Krippenspieles“ war Harscher ebenfalls beteiligt, ihm fiel die Aufgabe zu, aus über 40 einzelnen Clips von etwa einer bis zu drei Minuten ein Video von gut vier Minuten zu schneiden. Es muss von der Länge her zu der Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Lukas passen, die der Pfarrer außerhalb vorliest, ergänzt mit den zusätzlichen Szenen der drei Weisen aus dem Morgenland aus dem Matthäus-Evangelium.

Claire und Annabelle Vogeler (6 und 8) waren als Maria und Josef in vielen Szenen im Einsatz, während Johann Sig (7) und Tim Friedrich (5) als Hirten die Schäfchen Muriel und Yvaine Kinkel sowie Caroline und Louisa Klein zur Krippe führten. Am Ende dieses langen Drehtages konstatierte Drehbuchautorin Katja Sig: „Mir war von Anfang an bewusst, dass es viel Arbeit werden würde. Aber die Kinder haben super mitgemacht, sie alle waren jedes Mal begeistert bei der Sache und haben bewundernswert gut durchgehalten.“

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