Glashütten (as) – Die Wartezeit hat ein Ende. Glashütten durfte nach fünf Jahren Pause endlich wieder Kerb feiern, so wie seit rund 300 Jahren. Und was für eine: Eine stolze, 20 Meter hohe Fichte wurde in der Straße „Am Brünnchen“ aufgestellt und eine richtige Zeltstadt darunter auf der Sportanlage des SC aufgebaut. Und ganz viele Menschen waren gekommen, um das Ereignis selbst zu erleben. Denn eine Zeltkerb hatte es schon sehr lange nicht mehr gegeben im Hauptort, zuletzt wurde am Bürgerhaus gefeiert, davor an der Turnhalle.
Ein Zelt zieht, da kommt Gemütlichkeit auf, zumal es draußen immer stärker anfängt zu regnen an diesem Kerbesamstag gegen 15 Uhr. Dann lieber rein ins Warme, wo außerdem eine wunderbare Theke mit 22 selbst gebackenen Kuchen der „Kerbemütter“ lockt.
Draußen bleiben nur die Hartgesottenen, die noch etwas zu erledigen haben. Die Fichte, die zwei Tage zuvor im Hobholz – natürlich mit Zustimmung des Försters und speziell markiert – geschlagen wurde, muss aus der Waagerechten in die Senkrechte gebracht werden. Hierher gebracht hat den Baum am Mittag Anton Keller auf der Deichsel seines Deutz-Traktors. Das macht er seit Jahrzehnten so, quasi in der zweiten Generation, zuvor hatte sein Vater, ebenfalls ein Anton Keller, diese verantwortungsvolle Aufgabe. Eine Ehrensache! Dann haben die Damen des Vereins die Fichte noch mit klassischen rot-weißen Bändern geschmückt. Die Hebearbeit erledigt professionell ein Teleskoplader, den der Vorsitzende des neu gegründeten Kerbevereins, Tobias Eichhorn, über sein berufliches Netzwerk organisieren konnte. Zudem packen einige Männer feste mit an, denn der Kerbebaum muss ja im richtigen Winkel in die maßgefertigte Spange, dann in die noch von früheren Auflagen des Kirchweihfestes vorhandene Bodenhülse, dann noch gedreht werden, um allen Besuchern seine Schokoladenseite zu zeigen, und schließlich verkeilt werden. Alle, die hier anpacken, waren früher aktive Kerbeborsch, bei einigen werden in diesem Moment nicht nur wegen des immer stärker werdenden Regens die Augen feucht. „Da ist viel Herzblut mit drin, ich freue mich wahnsinnig“, sagt Kevin Jäckel, als der Kerbebaum seine endgültige Position erreicht hat. Darauf wird angestoßen, mit Äppler aus der Neuenhainer Apfelschmiede. Genehmigt, denn für nennenswerte eigene Streuobstwiesen ist die Berggemeinde schließlich nicht bekannt.
Nur der Schlagges fehlt, statt dessen ist das Wappen des erst im März neu gegründeten Kerbevereins Glashütten an den Baum gehängt worden. Denn aktive Kerbeborsch gibt es im ersten Jahr nach der Pause noch nicht. Kein Schlagges am Boden – keiner auf dem Baum. Das ergibt Sinn. „Wir wollen erstmal etwas kleiner anfangen“, sagt Julian Eichhorn, Bruder des Vorsitzenden, selbst Schriftführer und irgendwie auch Sprecher des Vereins.
Obwohl sich klein eher auf kurz bezieht, denn die Kerb geht bei ihrem Comeback offiziell nur über zwei Tage. Am Samstagabend sorgt Äbbelwoi-Johnny im Zelt für Stimmung, mit dabei zig Kerbegesellschaften etwa aus Oberems, Wüstems, Heftrich, Bermbach, Selenberg, Mammolshain und selbst aus Friedsrichsdorf. Das Zelt haben sich die Kerbeborsch kurzfristig von Getränke Elzenheimer aus Mammolshain geliehen, es bietet Platz für 120 Personen, angebaut haben sie noch zwei Zelt-Pavillons der Freiwilligen Feuerwehr und dazwischen noch eine Regenrinne eingezogen. Denn das kleine Zelt des SC, das noch vom Vatertag dastand und mit dem man sich ursprünglich begnügen wollte, hatte sich als nicht wasserdicht herausgestellt. Keine gute Idee an diesem verregneten Wochenende. Auch an eine Hüpfburg für die jüngsten Besucher wurde gedacht.
Am Sonntag sollte dann noch der obligatorische Kerbegottesdienst im Zelt stattfinden, danach die Winnies aus Schloßborn zum Frühschoppen spielen, es gab Gegrilltes und später nochmal eine Kuchentafel, dieses Mal aber vom Basarteam. Gefühlt wirkt wirklich jeder mit für das Comeback der Kerb.
Auch der Bürgermeister ist glücklich: „Ich habe mir immer erträumt, dass es eine Zeltkerb gibt. Die kann man hier ganz anders feiern als im Schloßborner Weg, wo immer der Verkehr zu beachten war“, sagt Thomas Ciesielski. Begeistert ist er auch von dem ehrenamtlichen Engagement – „das ist nicht üblich“. Nein, dass der Kerbeverein nach nur wenigen Wochen 140 Mitglieder hat, das ist wirklich nicht üblich. Und im nächsten Jahr soll es dann auch wieder Kerbeborsch geben, dann wäre die Kerb wieder komplett. Mit dem Plan und Engagement, mit dem die vielen Freundinnen und Freunde der Glashüttener Kerb für „ihre“ Sache arbeiten, sollte auch das klappen.