Der Liederabend „Träume“ klingt noch nach

Glashütten (kw) – Den Kulturkreis Glashütten gibt es nun schon stattliche 35 Jahre – kaum zu glauben und für solch eine doch eher kleine Gemeinde allemal beachtlich, vor allem angesichts des hohen Niveaus des Jahr für Jahr angebotenen Programmes. Klassische Liederabende zählten bisher nicht zu den häufigsten Veranstaltungen im Glashüttener Bürgerhaus, doch nach dem grandiosen Auftritt von Johannes Martin Kränzle und Hilko Dumno mit ihrem Programm „Das ewige Rätsel“ im Juni 2018 gab es nun am 4. Mai als drittes Konzert des Kulturkreises in diesem Jahr erneut einen Liederabend unter dem vielsagenden Titel „Träume“ – vielleicht ist man auf den Geschmack gekommen?

Schumann, Wagner und die Frauen

Allerdings unterschied sich der diesjährige Abend, den die in Kelkheim beheimatete Mezzosopranistin Britta Jacobus mit dem Pianisten Norbert Henß gestaltete, erheblich von dem im vorigen Jahr – lediglich, dass beide Gesangssolisten veritable Opernstimmen besitzen, ließe sich noch als Gemeinsamkeit anführen. Diesmal ging es ganz klar um „die Frau(en)“, ihre Liebe, ihr Leben und ihre Träume. In den beiden Liederzyklen „Frauenliebe und Leben“ von Robert Schumann und in Richard Wagners „Wesendonck“-Liedern wird eine ganze Welt romantischer Empfindungen und Gedanken aus weiblicher Sicht ausgebreitet, eine Perspektive, die im 19. Jahrhundert alles andere als selbstverständlich, sondern vielmehr sehr ungewöhnlich war. Schumann vertonte in seinem „Liederjahr“ 1840 zwar die Gedichte eines Mannes (Adelbert von Chamisso), in denen aber das lyrische Ich eine Frau ist, die den Bogen ihrer Gefühle vom ersten Verliebtsein bis zum Schmerz und der Trauer über den Verlust des geliebten Mannes spannt. Er widmete sie sicher ganz bewusst seiner Braut Clara, die er endlich nach quälenden Auseinandersetzungen mit seinem Schwiegervater heiraten durfte. Wagners Textvorlage waren Gedichte seiner Muse Mathilde Wesendonck, mit der ihn eine schwärmerische (außereheliche – 1857/58 unerhört!) Liebe verband.

Gefühlsschattierungen

Zu den Gedichtvorlagen ließe sich vieles, auch kritisches, sagen. Vor allem „Frauenliebe und Leben“ malt über weite Strecken ein Frauenbild, das uns heute im Lichte der Frauenemanzipation befremden mag. Jedoch: Britta Jacobus und ihr Begleiter verstanden es, diese Kritik völlig vergessen zu lassen. Dank der genialen Musik Schumanns wurden alle Gefühlsschattierungen unmittelbar deutlich und überzeugend, es entstand einfach das stimmige Porträt einer jungen und von Lied zu Lied reifenden Frau. Britta Jacobus unterstrich ihren Gesang mit passender, stets geschmackvoller Gestik, so dass der Liedzyklus fast zu einer kleinen Operninszenierung geriet – beeindruckend!

Norbert Henß leitete den zweiten Teil des Programmes mit dem bekannten As-Dur-Impromptu von Franz Schubert ein, 1827 komponiert und damit im Kontext des Abends eine Rückbesinnung auf die Anfänge romantischer Musik vor der Steigerung zu deren Höhepunkt, als die der „Tristan“-nahe Zyklus der Wesendonck-Lieder wohl durchaus gelten kann. Luzide perlend zu Beginn, steigert sich allerdings auch der Mittelteil des Impromptus bis in spätromantische Sphären, was Norbert Henß plastisch zu vermitteln wusste.

Dichtende Dilettantin

Richard Wagner verfasste die Texte zu seinen Werken fast ausschließlich selbst. Dass er bei seinem einzigen Liedzyklus eine Ausnahme machte und die Verse einer – bei allem Respekt – dichtenden Dilettantin vertonte, liegt natürlich in seiner besonderen Beziehung zur Ehefrau seines reichen Gönners Otto Wesendonck begründet. In den Liedern, die unmittelbar nach Abfassung der Gedichte meist an einem Tag entstanden, geht es vordergründig um Engel, um die Schöpfung, um den Tageslauf der Sonne oder um die Pflanzen in einem Treibhaus. Dahinter geht es aber – wie sollte es anders sein – um die Sehnsucht nach Liebe, ihre Anfechtung, ihre Unmöglichkeit, ihre Träume und am Ende ihr Untergang. Auch hier wieder stellten die beiden Künstler eine Oper „in einer Nussschale“ auf die Glashüttener Bühne und ließen die Zuhörer das Fehlen eines großen Orchesters ganz vergessen. Ähnlich dann auch bei der ersten Zugabe, dem Gesang der Sieglinde aus Wagners Oper „Die Walküre“, der in Glashütten wohl live noch nie zu hören war. Zum Abschluss bedankten sich Britta Jacobus und Norbert Henß wortwörtlich mit der „Zueignung“ von Richard Strauss, in der es immer wieder heißt: „Habe Dank!“ – und in diesem Sinne ging das Publikum beeindruckt und bereichert nach Hause. Habt Dank und hoffentlich bald wieder einmal!

„Sonnenwende“ kommt

Als nächsten Programmpunkt im Jahr seines 35-jährigen Bestehens präsentiert der Kulturkreis Glashütten am Samstag, 22. Juni, um 20 Uhr im Bürgerhaus Glashütten ein Kammerkonzert „Musik zur Sonnenwende“ mit Werken von Mozart, Sibelius, Schostakowitsch und Bruch, mit dem Trio KAH, Katri Laakso (Klarinette), Antti Vesterinen (Bratsche), Henni Isojunno (Klavier). Eintritt 12 Euro, Kulturkreis-Mitglieder 10 Euro, Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre 5 Euro. Karten im Vorverkauf mit Platzreservierung bei Et cetera pp, per Mail info[at]kulturkreis-glashuetten[dot]de und an der Abendkasse.

Weitere Informationen unter www.kulturkreis-glashuetten.de.



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