Mitreißendes Kammerkonzert zur Mitsommernacht – Finnisches Trio brillierte im Glashüttener Bürgerhaus

Zur Mitsommernacht, der kürzesten Nacht des Jahres, verwöhnte das finnische Trio „KAH“ das Publikum im Glashüttener Bürgerhaus mit ihrem vielseitigen, anspruchsvollen und professionell gekonnt vorgetragenen Repertoire an klassischer Kammermusik.
Foto: privat

Glashütten
(kw) – Am 22. Juni lud der Kulturkreis Glashütten zu einem besonderen Konzert ein: Das finnische Klaviertrio „KAH“ spielte Musik der Klassik und Romantik im sommerlich warmen Bürgerhaus der Taunusgemeinde, von dessen Balkon die Besucher schon vor dem Konzert und dann in der Pause ein herrliches Landschaftspanorama in der Abendsonne bewundern konnten. Die „Mittsommernacht“ fasziniert als kürzeste Nacht des Jahres die Menschen schon von Alters her und ist in so manchen Ländern bis heute fester Bestandteil volkstümlicher Bräuche – ganz besonders in Skandinavien, wo ja nördlich des Polarkreises bekanntlich die Sonne in dieser Nacht überhaupt nicht untergeht. Spätestens seit Shakespeare hat sie auch die „hohe Kunst“ inspiriert, mit Folgen nicht zuletzt für die Musik aller Epochen von Henry Purcell über Felix Mendelssohn bis zu Richard Wagner.

Das noch recht junge (gegründet 2016) Trio, dessen Name sich aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen der drei Musiker – Katri, Antti und Henni – ergibt und zugleich im nordkarelischen finnischen Dialekt soviel wie „Bitteschön“ bedeutet, war sich zuerst gar nicht sicher, ob es sich um „Juhannus“ 2019 wirklich ins ferne Deutschland aufmachen und auf die am Samstag zwischen dem 20. und 26. Juni obligatorischen Familienfeiern mit ihren Ritualen verzichten konnte und wollte. Aber dann ergab sich die Möglichkeit für eine kleine Tournee ins Rhein-Main-Gebiet mit mehreren Auftritten – und so gelang es der Klarinettistin Katri Laakso, ihre Freunde Henni Isojunno (Klavier) und Antti Vesterinen (Viola) von der Idee zu diesem Unternehmen zu überzeugen. In Glashütten hatte sie dann auch am 22. Juni ein wahres Heimspiel – hier ist sie aufgewachsen, hat an der St. Angela Schule Königstein Abitur gemacht und ihren ersten Klarinettenunterricht erhalten.

Den Anfang machten die drei Musiker mit einer soliden Interpretation des bekannten „Kegelstatt“-Trios Es-Dur KV 498 von Wolfgang Amadeus Mozart. Schön wurden die melodischen Linien zwischen dem abwechselnd führenden Klavier und der Klarinette hin- und hergereicht und das groß angelegte Rondo des Schlusssatzes erhielt so einen besonders abwechslungsreichen, tänzerischen Charakter.

Natürlich darf im Programm eines finnischen Ensembles der Nationalkomponist Jean Sibelius nicht fehlen. Seine Schauspielmusik zum Drama „Belshazzar’s Feast“ (Belsazars Gastmahl) von Hjalmar Procopé, einem bei uns ziemlich unbekannten schwedisch-finnischen Journalisten, Dichter und Dramatiker der vorletzten Jahrhundertwende, wurde für großes Sinfonieorchester geschrieben.

Aus einer Klavierbearbeitung machte KAH eine Fassung für Klarinettentrio, was gut funktionierte und die unterschiedlichen Charaktere der vier Sätze prägnant zur Geltung brachte: Den orientalischen Marsch zu Beginn, das „einsame Lied“ und das „Nocturne“ als langsam-melancholische Mittelsätze und schließlich „Khadras Tanz“, in dem das mit einer Schlange tanzende Mädchen Khadra von dieser gebissen wird – was allerdings den spielerisch-leichten Charakter dieses Satzes kaum beeinträchtigt.

Orient, Exotik, Sehnsucht nach dem Süden – auch das passte gut ins Mittsommer-Programm, durch das Katri Laakso charmant mit einigen erklärenden Sätzen führte.

Dmitri Shostakovich hatte es nicht leicht. In seiner russischen Heimat geriet er immer wieder in Konflikt mit der stalinistischen Sowjetführung und im Westen dauerte es lange, bis seine Musik die Anerkennung fand, die sie fraglos verdient: Sicher war er einer der größten Sinfoniker des 20. Jahrhunderts, der in seinen Werken viel Leid und Irrsinn seiner Zeit verarbeitet hat, aber auch Ironie, Folklore und Jazz-Anklänge aufscheinen lässt. Trio KAH hatte sich eine „Suite“ aus fünf Stücken für zwei Violinen und Klavier ausgesucht und für seine Instrumente arrangiert. Verwundert rieb sich mancher Zuhörer die Ohren: Das sollte Musik von Shostakovich sein? Schwelgerisch-romantische Melodien in sehr konventioneller Harmonik ergaben ein gefälliges, aber ganz und gar „unmodernes“ Klangbild, das so gar nicht der Hörerwartung zumindest des Schreibers dieser Zeilen entsprach.

Schön anzuhören war das nostalgische Werk allemal, die Sätze sind wie bei einer barocken Suite mit Tanzbezeichnungen überschrieben, und auch Tanz gehört doch zur Johannisnacht, nicht?

Vielleicht musste der Komponist einfach auch mal Geld verdienen und stellte die (von ihm nicht so bezeichnete) „Suite“ aus ganz unterschiedlichen eigenen Werken – Schauspiel-, Film- und Ballettmusiken – zusammen, um sie auch für Kammermusiker interessant zu machen.

Eine ähnliche Entstehungsgeschichte erzählte einst Max Bruch über seine „Acht Stücke für Klarinette, Viola und Klavier“, die als zweites original für die KAH-Besetzung komponiertes Werk des Abends nach der Pause erklangen. Er, Bruch, habe damals seine Familie ernähren und darauf achten müssen, dass seine Stücke „leicht abzusetzen“ seien.

Er schrieb das Werk in erster Linie für seinen Sohn Max Felix, der sich zu einem hervorragenden Klarinettisten entwickelt hatte. Bruchs umfangreiches Oeuvre ist, wie Katri Laakso richtig bemerkte, in unserem Konzertleben eher wenig präsent, man reduziert es leicht auf sein zu Recht berühmtes 1. Violinkonzert – und wie schade das ist, machten „Katri, Antti und Henni“ mit ihrer klangschönen und stilsicheren Interpretation dieser tief romantischen Musik deutlich.

Für den begeisterten Applaus des angesichts des sommerlich-warmen Wetters erfreulich zahlreichen Publikums bedankte sich das Trio mit der Zugabe des „Valse lente“ von Oskar Merikanto (1868-1924) und entließ es beschwingt in den noch lange hellen Sommerabend. „Auf Wiedersehen“ – „Näkemiin“!

Als nächsten Programmpunkt im Jahr seines 35-jährigen Bestehens präsentiert der Kulturkreis Glashütten am 21. September 2019, 20 Uhr, im Bürgerhaus Glashütten ein Konzert mit dem Ensemble „La Serena“: Eine musikalische Weltreise von Barock bis Rock. Eintritt 12 €, Kulturkreis-Mitglieder 10 €, Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre 5 €. Karten im Vorverkauf mit Platzreservierung bei et cetera pp, per Mail info[at]kulturkreis-glashuetten[dot]de und an der Abendkasse.

Weitere Informationen im Netz unter www.kulturkreis-glashuetten.de. (dw)



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