Tanz auf dem Flügel zum Finale des 35. Jahr des Kulturkreises

Tanz auf den weißen und schwarzen Tasten Foto: privat

Glashütten(kw) – Kürzlich ging das nun schon 35., wie immer nicht nur in musikalischer Hinsicht reichhaltige Jahr, des Kulturkreises Glashütten mit einem Konzert des Klavier-Duos „Two4Piano“ zu Ende. Das junge Pianistenpaar Katerina Moskaleva und Alexey Pudinov hatte sich bei Auftritten im Rahmen des Rheingau-Musik-Festivals kennengelernt und trat 2016 erstmals unter diesem Namen in Erscheinung. Seitdem sind die beiden schon weit herumgekommen und haben nicht nur im Umkreis von Frankfurt Furore gemacht, sondern in ganz Europa die Zuhörer begeistert. Im letzten Jahr bereits gewannen sie einen wichtigen internationalen Preis in Vancouver (Kanada) und ihre Debüt-CD wurde vom Frankfurt-Journal (Dezember 2019) unter der Rubrik „Made in Frankfurt“ zu den 10 besten Neuerscheinungen des Jahres gezählt.

„Two4Piano“ verwandelte das Bürgerhaus Glashütten passend zur Saison in einen Ballsaal, in dem vier gelenkige Hände einen tollen Tanz auf den weißen und schwarzen Tasten des Yamaha-Flügels vollführten. Unter dem Titel „Evocation of Dance“, den auch ihre CD trägt, hatten die beiden Künstler ein abwechslungsreiches Programm aus bekannten und weniger bekannten Stücken zusammengestellt, das sie rhythmisch prägnant und klanglich nuanciert vortrugen. Dabei war nicht nur die minutiöse Koordination der vier Hände auf engstem Raum zu bewundern, sondern auch das gleichsinnige Schwingen der Oberkörper – ein Tanz im Sitzen gewissermaßen.

Es erklang zuerst ein dreiteiliges „Morceau“ von Louis T. Gouvy (1819 bis 1898), einem bei Saarbrücken geborenen, heute weitgehend unbekannten Komponisten der Romantik, das mit einer Polonaise endete – der erste Tanz. Gouvy, der schon zu Lebzeiten sehr um Anerkennung kämpfen musste, im seinerzeit stark aufkommenden Nationalismus zwischen Frankreich und Deutschland hin- und hergerissen war, und dessen Musik in beiden Ländern nicht wirklich verstanden wurde, schrieb während eines jahrelangen, exilähnlichen Aufenthaltes bei seinem Bruder und dessen Frau in Lothringen besonders viele Werke für Klavier zu vier Händen – wunderbare romantische Musik, die auf jeden Fall eine Wiederentdeckung lohnt. Dass Gouvy ein Zeitgenosse Mendelssohns war, ist durchaus hörbar, schadet aber nicht im geringsten.

Der russische Komponist Sergei Rachmaninov war zugleich auch ein großartiger Pianist, wovon zahlreiche Schallplattenaufnahmen aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zeugen. Natürlich darf er im Repertoire eines russischen Klavierduos nicht fehlen, und sein „Morceau“ op. 11 steuerte den ersten Walzer des Abends bei, gefolgt von Maurice Ravels „La Valse“, der ursprünglich als Apotheose des Walzers gedachten Komposition, in der zum Ende hin die ganze Wiener Ballsaal-Seligkeit in Scherben fällt. Ein Abbild der Schrecken des 1. Weltkriegs, hochvirtuos und beklemmend gemalt von „Two4Piano“.

Nach der Pause ging es mit Ravel weiter, und zwar mit dessen „Bolero“, der heute sicher noch wesentlich populärer ist als sein „Valse“, obwohl er bei der Uraufführung für einen handfesten Skandal sorgte: Eine feine Dame im Publikum rief aus: „Un fou, un fou!“ – ein Verrückter, womit sie Ravel meinte. Dieser bemerkte nur trocken: „Sie hat das Stück verstanden.“ Mit solchen amüsanten Anmerkungen zum Programm würzten Katerina und Alexey abwechselnd ihre Tanznummern, die mit einer beschwingten Paraphrase auf Tschaikowskys „Schwanensee“ von Malinin-Fedkina fortgesetzt wurde.

Danach ließen die beiden die Moldau fließen, vorbei an der Bauernhochzeit – und da ertönte er, der nächste Tanz, mit stampfenden, gegentaktiken Bässen, sehr plastisch präsentiert. Zum offiziellen Abschluss des Programmes gab es noch eine Fantasie über Gershwin-Songs von Yuri Mayewsky, die mit „I got rhythm“ und anderen Ohrwürmern alle zum Swingen brachte. Das begeisterte Publikum erklatschte sich zwei Zugaben: Zuerst „Libertango“ von Astor Piazolla und schließlich „Polka?“ von Stefan Young, einer mitreißenden Brechung von „London Bridge is falling down“. Die circa 70 Zuhörerinnen und Zuhörer feierten das Virtuosenpaar und alle, die nicht dabei waren, haben definitiv eine musikalische Entdeckung versäumt. Gerne bald mehr davon!

Nach dem Veranstaltungsjahr ist vor dem nächsten Veranstaltungsjahr, daher gibt der Verein schon zum jetzigen Zeitpunkt das nächste kulturelle Ereignis zum Notieren in den Terminkalender bekannt: Am Samstag, 11. Januar 2020 findet um 20 Uhr im Bürgerhaus Glashütten, Schloßborner Weg 2, das Neujahrskonzert mit Julius Asal (Klavier) statt.



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