Nele Neuhaus: „Im Wald“ – in Kelkheim, in Ruppertshain – die schrecklichen Morde

Eigentlich beneidenswert diese Fantasie, mit der Nele Neuhaus ihre Kriminalromane schreibt. Und wenn dann noch ein Ruppertshainer, Wolfgang Männer, aus vergangenem Ruppertshainer Leben plaudert, dann kommt wieder ein Kriminalroman zustande, wie man ihn nach den sieben vorhergegangenen Erfolgen von der Kriminalschriftstellerin erwartet.

„Im Wald“ ist der Titel dieses Buches, das seit dem Oktober schon die Bestsellerlisten anführt. Für Kelkheim hat das Buch eine besondere Bedeutung: Wer diesen Ort noch nicht kennt, vor allem den Stadtteil Ruppertshain, der wird sich hier in Zukunft gut zurechtfinden. Das im Wald gemordet wird –nun, das ist in solche Romanen natürlich. Aber hier wird besonders gemordet. Es ist einerseits die erschütternde Geschichte um den Kriminalhauptkommissar Oliver von Bodenstein, der in einem Fall ermitteln muss, in dem er selbst in gewisser Weise unfreiwillig eingebunden ist. Der Mord an seinem Jugendfreund, der vor vierzig Jahren spurlos verschwand und mit dem erschlagenen Fuchs des jungen Bodenstein auf dem Friedhof der Familie exhumiert wird. Das war der Mordfall damals, nun wurde in Ruppertshain wieder jemand ermordet, in dem Ort, in dem der Kriminalhauptkommissar selbst wohnt und ein Haus besitzt. Dort, wo der Beamte von Jugend her jeden Weg und Steg bis in den tiefen Wald kennt, wo er mit den Freunden spielte, die mit einem Mal Verdächtige in dem Fall sein können. Und es gibt in diesem Buch keine Ecke, an dem es nicht vor Spannung knistert, zumal man sozusagen mit dem Zeigefinger auf dem Stadtplan Meter um Meter die Personen auf ihren Wegen der Handlung verfolgen kann.

Abgesehen von der Zeit, da Nele Neuhaus mit Wolfgang Männer zusammensaß, um akribisch die Ruppertshainer Fakten der Vergangenheit in sich hinein zu saugen, die der Ruppertshainer aus seiner eigenen Erinnerung und den Erzählungen von damals wieder lebendig werden ließ, hat sie wohl Stunden und Tage damit zugebracht, die Strecken abzufahren, auf denen Bodenstein und seine Kollegin Hauptkommissarin Pia Sander den oder die Mörder suchen und jagen.

Dabei hilft dieses Mal dem Leser, dass dem Buch ein Stadtplan Ruppertshains und des Waldes beigefügt ist, also dort, wo ein großer Teil des Romans spielt. Und weiter hilfreich: Gleich zu Anfang findet sich ein Namensverzeichnis, in dem die handelnden Personen aufgeführt sind. Man mag sich anstrengen wie man will, noch so viel kriminalistischen Instinkt entwickeln: Weder aus dieser Personenliste noch aus vielen, vielen gelesenen Seiten – 512 sind es insgesamt – lässt sich erahnen, wer denn nun eigentlich der Ruppertshainer Hauptschurke mit dem Showdown auf dem Ruppertshainer Friedhof ist.

Wir verraten es nicht, auch wenn Wolfgang Männer im Gespräch davon berichtet, dass die Ruppertshainer Dörfler früher nicht unbedingt die reinsten Engel gewesen seien. Mehr noch, der eine oder andere sei in den Nachbarorten eher schon mal als Schläger bekannt gewesen.

Aber deshalb zündet man doch im Wald nicht einen Wohnwagen an und lässt den unbekannten Bewohner darin verbrennen oder bringt eine todkranke Frau im Hospiz ums Leben.

Erklärt wird alles. Und auch Bodensteins Entscheidung, erst einmal ein Jahr lang in den Vorruhestand zu gehen, um Abstand von vielen Dingen zu gewinnen. Pia Sander, ehemalige Kirchhoff, vom K11 in Hofheim ersetzt ihn zunächst.

Ja richtig, zunächst. Denn wie es weitergeht, weiß bisher nur Nele Neuhaus. Sie wird sich mit Sicherheit schon Gedanken darüber gemacht haben. Es kann also sein, dass sie im nächsten Krimi der Krimischriftstellerin ermittelt. Näheres weiß man nicht, man wird bei Nele forsche misse.

„Sie ist unsere Kreisbotschafterin, und sie ist unserem Kreis seit ihrer Kindheit eng verbunden. Darauf sind wir stolz“, sagte Landrat Michael Cyriax, als Nele Neuhaus dieser Tage im Landratsamt vor mehr als 350 Besuchern aus ihren neuen Krimi las. Und noch am Morgen danach von dieser Lesung begeistert fügte Cyriax an: „Durch sie kommt Ruppertshain zu internationalem Ruf.“

Die Bühne im großen Saal war in einen kleinen Wald umfunktioniert worden, der das Geschehen so bestimmende Fuchs saß neben Nele Neuhaus und für das Signieren von Bildern in der Pause drängten sich die Fans.

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