Neuer Storchenrekord in Hessen

An der Hornauer Straße befindet sich ein Mast mit einem Korbgeflecht an der Spitze und am Friedhof gibt es den großen Storchenmasten mit einem Korbgeflecht als Einladung für ein Storchenpaar, auch in Kelkheim eine Familie zu gründen. Bisher hat es noch nicht geklappt, obwohl Willi Westenberger sicher ist, dass das Schmiehbachtal genügend Futter für eine Storchenfamilie bietet. Vor ein paar Jahren machte ein Storch mal kurz Station in Kelkheim, ließ sich auf einem Baum in Münster nieder und flog weiter.

Da könnte man neidisch werden, denn trotz einer stagnierenden Anzahl an Jungtieren war der Wappenvogel des NABU im Jahr 2017 weiter auf Erfolgskurs. Bernd Petri und Klaus Hillerich, Sprecher der NABU-Landesarbeitsgruppe Weißstorch, können deshalb für Hessen eine positive Jahresbilanz ziehen: „Mit 590 Weißstorchpaaren konnten wir letztes Jahr einen Zuwachs um 19,2 Prozent verzeichnen“, so Petri. Die hessischen Weißstörche zogen allerdings nur 1.072 Jungtiere groß, etwas weniger als im Jahr zuvor, als 1.078 junge Adebare gezählt wurden. „Der nasskalte Frühling hat den Störchen stark zugesetzt. Deshalb sind vergleichsweise viele Bruten erfolglos geblieben“, erklärt Petri. Die Weißstorchfreunde stellten fest, dass 25,6 Prozent aller Brutpaare keine Jungen großziehen konnten. In 2016 waren es nur 16,8 Prozent gewesen. Das Mekka der hessischen Weißstörche ist nach wie vor der Landkreis Groß-Gerau, wo in diesem Jahr 497 Jungvögel von 236 Brutpaaren aufzogen wurden.

Der NABU-Ornithologe Petri erläutert, dass die Bestände des Weißstorchs in Hessen noch lange nicht stabil seien. „Ohne die Kerngebiete im Hessischen Ried bei Biebesheim, in den Altneckarschlingen bei Groß-Gerau, in der Wetterau, im Main-Kinzig-Kreis, im Kreis Darmstadt-Dieburg und bei Wiesbaden gäbe es im sonstigen Hessen noch keine dauerhaften Weißstorch-Vorkommen. Alles hängt nach wie vor von den Ausbreitungszentren in Südhessen ab“, so Petri. Der Gesamtbestand befinde sich immer noch in einer Phase, in der die Weißstörche frühere Brutgebiete Mittel-, Ost- und Nordhessens wieder besiedelten. Dieses sensible Ausbreitungsstadium müsse unbedingt gestärkt werden. „Der Weißstorch ist in Hessen trotz kontinuierlicher Bestandszunahme und stetigem Zuwachs von Brutpaaren nach wie vor als ‚gefährdet‘ einzustufen“, erklärt Petri.

Die Storchenzahlen werden jährlich von vielen hessischen Storchenfreunden der „Arbeitsgruppe Weißstorchberingung in Hessen“ unter Leitung von Klaus Hillerich zusammengetragen. „Ohne die ehrenamtliche Mitarbeit vieler Storchfreunde wäre es gar nicht möglich, die Bestände des weißen Schreitvogels so genau zu beobachten und zu kontrollieren“, erläutert Hillerich. Für die Zukunft des Weißstorchs in Hessen ist vor allem der Erhalt von Feuchtgrünland von entscheidender Bedeutung. „Störche brauchen möglichst viele nasse Wiesen in Nestnähe, um genug Futter für ihre Jungen finden zu können“, erläutert Petri. Der Lebensraumverlust steige in Hessen immer noch rasant an. Vor allem der Umbruch von Grünland zu Maisäckern für die Energieerzeugung von Biogas sei eine große Gefahr für die weitere Entwicklung der Bestände. Mit dem Verlust von Feuchtgrünland verschwinde nicht nur der Lebensraum des Weißstorches, sondern auch der vieler anderer Tier- und Pflanzenarten. „Der Storchenschutz ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt auf unseren Wiesen“, so Petri.

Weißstorchzahlen (Brutpaare) in 2017 nach Landkreisen:

Bergstraße: 31 (28), Groß-Gerau: 236 (206), Darmstadt-Dieburg: 40 (31), Wiesbaden: 35 (31), Offenbach: 2 (2), Main-Taunus: 6 (6), Main-Kinzig: 60 (47), Fulda: 9 (7), Wetterau: 88 (70), Gießen: 28 (19), Lahn-Dill: 2 (2), Marburg-Biedenkopf: 23 (16), Waldeck-Frankenberg: 1 (1), Hersfeld-Rotenburg: 10 (10), Vogelsberg: 3 (2), Schwalm-Eder: 11 (10), Kassel: 4 (4), alle anderen Landkreise ohne Weißstorchbruten. Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Jahr 2016. Hintergrund-Informationen

Vom südhessischen Auenland bei Lampertheim bis hoch hinauf in das waldreiche nordhessische Vaake im Reinhardswald klappert wieder der Weißstorch. Kaum jemand hätte noch Ende des vergangenen Jahrhunderts daran geglaubt, dass Hessen wieder zum Storchenland wird. Das Verschwinden des Klapperstorchs im letzten Jahrhundert hatte viele Gründe. Rasante Veränderungen der Landschaften, die Umstellung von Weideviehhaltung auf Stallviehhaltung. Entwässerungen, Flächenverluste durch Bebauung und Verluste durch Leitungsanflüge, Stromschläge und Gifteinsatz.

Mitte der Siebziger Jahre begann man zu retten, was noch zu retten war. Gerade im NABU engagierten sich die Menschen vor Ort für die Natur und ihre Heimat. An die Rückkehr der Störche glaubten allerdings nur wenige. Neben Renaturierungen von Auengebieten und der Ausweisung von Schutzgebieten gab es „Spinner“, die einfach Masten mit Kunstnestern in die Landschaft stellten, weil sie meinten, dass Störche, sollten sie jemals wiederkommen, diese Nistmöglichkeiten dringend bräuchten.

Mit dem Anwachsen der sogenannten „westziehenden“ spanischen Storchenpopulation und verschiedenen Auswilderungs-Projekten im Elsass und der Schweiz wuchs der Storchenbestand. Vor zwanzig Jahren siedelten sich dann vereinzelt Störche in Südhessen an.

Und jeder Gast bekam sofort größte Aufmerksamkeit und Fürsorge. Und vor allem: Die modernen Störche flogen auf die von Menschenhand errichteten Nester auf Masten.

Seit diesen Tagen kümmern sich viele engagierte Naturschützer um deren Wohl.



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