BI „Kräthenbach“ übergibt 400 Unterschriften „Mehr als ein paar egoistische Anwohner“

Viele Anwohner und Interessierte kamen zu dem Vororttermin mit Bürgermeister Albrecht Kündiger, um den die Bürgerinitiative „Kräthenbach“ gebeten hatte. Die Schatten auf dem Gelände des städtischen Kindergartens, der unmittelbar an die zu bebauende Fläche grenzt, rühren von den Bäumen auf besagtem Gelände her, die bei einer Bebauung unweigerlich weichen müssten. Foto: Judith Ulbricht

Fischbach
(ju) – Es waren viele Emotionen, die im Stadtparlament aufeinandertrafen, als es um den Tagesordnungspunkt 12.9 bei der letzten Stadtverordnetenversammlung im Juli ging. „Nachverdichtung in Kelkheim“ nannte sich der Antrag der Koalition. Darin verpackt: „Für den Geltungsbereich Gemarkung Fischbach, Flur 17, Flst. 252/1, An der Reiskirch, wird ein Bebauungsplan mit der Zielsetzung der Errichtung von Doppelhaushälften aufgestellt. Der Bebauungsplan erhält die Bezeichnung „Verlängerte Rhönstraße“.“ Damit war und ist Fischbachs sogenannte ‘Grüne Lunge‘ gemeint, die letzte verbliebene und nachgewiesenermaßen ökologisch wertvolle Naturfläche im Siedlungsbereich Fischbach und damit Rückzugsort ökologisch wertvoller Flora, Fauna und Funga. Schon vor der ausufernden Diskussion im Parlament hatte sich eine Bürgerinitiative gegründet, um für den Erhalt dieser Fläche zu kämpfen und über ihre Wertigkeit aufzuklären.

Vororttermin mit Bürgermeister

Die Koalition aus CDU, FDP und SPD hatte auf dieser Parlamentssitzung durchgesetzt, dass die Stadt alles für einen Aufstellungsbeschluss Nötige vorzubereiten habe. Bei einem von der BI gewünschten Vororttermin mit Bürgermeister Albrecht Kündiger gab es zu diesem Punkt zahlreiche Fragen von den Mitstreitern um Andreas Thonke und Dennis Trobisch. Gleichzeitig hatten sie 400 Unterschriften gegen die geplante Bebauung im Gepäck, die sie dem Rathauschef vor Ort übergaben. „Hier geht es eben nicht nur um ein paar egoistische Anwohner, wie es im Parlament hochkam. Viele setzen sich für den Erhalt dieser schützenswerten Fläche ein“, fasst Trobisch seine Gefühle in Worte. Beim Blick über den Zaun des angrenzenden städtischen Kindergartens wird klar, was Trobisch meint. Die hohen Bäume werfen ihre Schatten auf den Spielplatz des Kindergartens, man hört es rascheln, und immer wieder fliegen Vögel aus den Baumwipfeln oder machen es sich hoch oben gemütlich. Für Kündiger ist es ein Ort, den er auch lieber so erhalten möchte. Allerdings schickt er hinterher, dass in einem demokratischen System wie unserem es eben nicht um Befindlichkeiten geht, sondern Mehrheiten entscheiden. „Ich muss das umsetzen, was das Parlament beschlossen hat“, erklärt er. Das heißt für ihn, er muss jetzt einen Bebauungsplan und Aufstellungsbeschluss vorbereiten. Eine Entscheidung darüber könnte dann Anfang November im Parlament getroffen werden. Doch vielleicht gibt es noch ein Umdenken, darauf hofft nicht nur die BI „Der Magistrat hat sich die Fläche angeschaut, jetzt geht es darum, dass ich meinen Standpunkt nochmal deutlich mache“, so der Rathauschef. Für ihn sprechen drei Punkte gegen die Bebauung: Zum einen sei das Areal „ökologisch besonders wertvoll“, was auch von der Naturschutzbehörde bestätigt wurde (Außenbereich im Innenbereich). In diesem Zusammenhang spreche die Topologie ebenfalls deutlich dagegen. Zweitens wäre es „städtebaulich totaler Quatsch“, die kleine verkaufte Fläche zu bebauen, obwohl die Fläche wesentlich größer sei. „Wenn, dann müsste man das ganze Gelände machen“, so Kündiger. Das wurde aber auf der Parlamentssitzung ausgeschlossen, und zwar von allen Fraktionen. Und dann ist da noch dieses „Geschmäckle“ um die Personalie Furtwängler und die Projektgesellschaft, das gerade den Anwohnern und der BI aufstößt (die Kelheimer Zeitung berichtete mehrfach).

Bedingungen

Für den Bürgermeister steht schon jetzt fest, dass er Bedingungen für das Bauvorhaben stellen werde. Der Investor müsse die Planungskosten von rund 50.000 Euro übernehmen, die laut Bauamt auflaufen werden. Zudem will Kündiger wie auch bei anderen Bauvorhaben 30 Prozent der Baufläche bezahlbaren Wohnraum zuführen. Und dann ist da noch die Untere Naturschutzbehörde, die die Auflagen für die Fläche festlegt. Es könnte eventuell sein, dass diese für diesen Bereich so hoch sind, dass sich das Ganze nicht mehr lohne, könnte sich Kündiger vorstellen. Gerade die „Wasserproblematik“ bereitet vielen Anwohnern Kopfzerbrechen. Immer mehr Fläche werde versiegelt, das Wasser könne nicht mehr versickern und suche sich andere Wege. Würde jetzt auch noch der letzte „Grünfleck“ verschwinden, sehen sie bei Starkregenereignissen, wie sie in letzter Zeit häufiger vorkamen, schwarz.

Unverständnis

Überhaupt herrscht großes Unverständnis über das Vorgehen der Politik. „Man hört immer, dass Reihen- und Einzelhäuser gebaut werden, aber wo ist denn der Wohnraum, den sich Kitamitarbeiterin oder Feuerwehrmann leisten können, wie es immer so schön heißt?“, fragt resigniert ein Anwesender. Auch Dennis Trobisch „widerstrebt es in allen Poren“, was die Mehrheit hier durchdrücken will. „Die derzeitige Infrastruktur Kita/Schule etc. gibt doch gar nichts mehr her.“ Man werde das Thema aber auf jeden Fall in der Öffentlichkeit halten, das versprechen die Mitstreiter der BI.

Vom Bürgermeister kam der Vorschlag, die BI möge doch alle Fraktionschefs zu einem gemeinsamen Gespräch an einen Tisch einladen. Vielleicht käme man dann zu einer anderen Entscheidung. Das Gespräch suchte auch Kalle Debus (SPD), der sich als Vertreter seiner Fraktion selbst vor Ort ein Bild machte. Die Bedenken und Einwände der Bürger nehme er mit ins Bündnis, versprach er. Debus, der sich bei der Abstimmung im Parlament enthalten hatte, sah das Gebiet als „schnelle Chance, Wohnraum zu schaffen“ und zeigte sich beeindruckt von dem, was er jetzt hier vorfand. „Es ist gut, dass darüber geredet wird, auf Augenhöhe. Allerdings weiß ich auch nicht, wie es weitergehen wird.“

Da ist ihm die BI schon ein Stück voraus. Sie sammelt fleißig weiter Unterschriften, klärt auf und hat ein Auge darauf, „dass hier nicht illegale Tatsachen geschaffen werden.“



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