Gefahr im Winterschlaf – Überlebensstrategie wird zum Risiko für Gartenschläfer

Winterspeck anfressen ist wichtig für den Gartenschläfer. Foto: gartenschlaefer.de

Main-Taunus-Kreis
(kez) – In diesen Wochen ziehen sich viele Tiere in den Winterschlaf zurück, auch die Gartenschläfer. Diese Überlebensstrategie für die nahrungsarme Zeit wird für die stark gefährdeten Schlafmäuse aber zunehmend zum Risiko, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in ihrem Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ herausfanden. Das Projekt wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert.

Der Winterspeck, von dem die Gartenschläfer bis zum Frühjahr zehren, entsteht durch tierische Nahrung wie Insekten, Spinnen und Schnecken. Aufgrund des drastischen Insektenrückgangs finden Gartenschläfer im Sommer und Herbst aber weniger geeignete Nahrung für ihre Energiereserven im Winter. Die Folge: Sie sind oftmals zu dünn, um zu überleben.

„Was evolutionär eigentlich sehr erfolgreich war, stellt sich angesichts des Insektensterbens zunehmend als Risiko heraus“, so Susanne Steib, Projektkoordinatorin beim BUND Hessen. „Mangelt es im Sommer an Käfern, Raupen und anderen Insekten, wird es schwer für die Gartenschläfer, den Winter zu überleben.“ Das gilt vor allem in den natürlichen Lebensräumen im Wald. In Städten kann der Mangel an Insekten ausgeglichen werden, da hier weitere Nahrungsquellen wie Vogelfütterungen zur Verfügung stehen. Steib: „Das führt auch dazu, dass die Tiere in den Städten besonders lange aktiv sind, zum Teil bis in den Dezember hinein.“

In den Wäldern haben sich die Gartenschläfer bereits jetzt in den Winterschlaf zurückgezogen. Hier droht ihnen aber weitere Gefahr. Da die Winter zunehmend milder werden, wachen die Gartenschläfer während der Ruhephase häufiger auf. Steib: „Jedes ‚Hochfahren‘ aus dem Winterschlaf kostet erheblich Energie. Das verstärkt zusätzlich das Risiko für die Tiere, dass ihre Energiereserven nicht ausreichen. Wir vermuten, dass der Mangel an Insekten als Nahrung und die milden Winter zu den wichtigsten Ursachen gehören, warum die Art in Deutschland vor allem in den Mittelgebirgen so stark gefährdet ist.“

In Hessen geht es der kleinen Schlafmaus im bundesweiten Vergleich noch gut. Hier sind Gartenschläfer vor allem im Rhein-Main-Gebiet und insbesondere in Kelkheim beheimatet, wo sie als Kulturfolger in den Siedlungen in Haus- und Kleingärten, Parks und auf Streuobstwiesen einen Lebensraum finden. Dort profitieren sie vom hohen Nahrungsangebot und den vielen Unterschlupfmöglichkeiten, die ihnen Häuser, Schuppen und Nistkästen bieten.

Der Gartenschläfer ist ein kleiner Verwandter des Siebenschläfers. Seine Bestände sind in den vergangenen Jahren dramatisch zurückgegangen. Deshalb untersuchte das Projektteam der „Spurensuche Gartenschläfer“ 2018 bis 2022 alle denkbaren Ursachen: von der Nahrung, möglichen Krankheiten und Fressfeinden, der Genetik bis zu Lebensräumen und Klimaveränderungen. Die Erkenntnisse helfen nun, passende Schutzaktivitäten zu erarbeiten. Bis 2024 sollen bundesweit viele Aktionen für den Gartenschläfer in all seinen Lebensräumen – von der Kölner Innenstadt bis zum Brocken im Harz – umgesetzt werden. Das Ziel: Das Verschwinden der Art in Deutschland verhindern.



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