Leute, kauft zu Hause ein und nicht im Versandhandel

Eine flapsige Überschrift, zugegeben. Aber sie dürfte eine bitter-ernste Aktion widerspiegeln, die jetzt von der Industrie- und Handelskammer Frankfurt (IHK) angeschoben wurde und sich bis in den Hochtaunus-Kreis ausdehnt. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Leerstände in den Städten und Gemeinden zum Problem werden, lautet die Devise der IHK und der Gewerbevereine – in Kelkheim ist es die VKS – und der Gemeinden: „Heimat shoppen“ – Einkaufen bei Nachbarn und Freunden“. In Kelkheim taten sich die VKS, der Bürgermeister und Gäste der IHK mit ihrem Präsidenten Ulrich Caspar zusammen, um einen Blick in die Kelkheimer Innenstadt zu werfen, auch um zu überlegen, wie man dieser Entwicklung Einhalt gebieten kann. In der Pressemitteilung der IHK: „Ziel der Kampagne ist es, das Bewusstsein der Kunden für die Bedeutung des stationären Einzelhandels und der Gastronomie zu schaffen. Die Idee der lebendigen Ortskerne hat in Zeiten von Corona nochmals an Bedeutung gewonnen. „Heimat shoppen“ gibt dem Handel eine Stimme und schafft Aufmerksamkeit. Das hilft insbesondere den vielen kleinen inhabergeführten Geschäften, Dienstleistern und Gastronomen, ohne die es vielfach keine lebendigen Ortskerne mehr gäbe.“

Und weiter: „Die Kommunen sollten alles tun, um die attraktive Erreichbarkeit für alle Kunden zu ermöglichen, insbesondere sollen ausreichend Parkplätze in der Nähe der Ortskerne vorhanden sein und auf Parkplatzgebühren möglichst verzichtet werden.“

Man braucht gar nicht genau hinzuschauen, um festzustellen, dass dies in Kelkheim bereits geschehen ist. Schon seit Jahren. Fußwege sind nicht lang, Parkplätze gibt es meist in der Innenstadt, es sei denn, man will bis an die Theke der Geschäfte fahren oder bis zum Sitzplatz in der Gastwirtschaft. Und wenn das nicht reicht: Das Parken im Parkhaus in der Stadtmitte ist im Vergleich zu anderen Städten ausgesprochen preiswert.

Um den Handel und die Gastronomie in Kelkheim zu unterstützen, gibt es am 11. September von 9 bis 15 Uhr einen Aktionstag der dazu anregen soll, in der Stadt einzukaufen. So weit, so gut. Kelkheims VKS-Mitglieder, die Gäste der IHK und der Bürgermeister nutzen den Besuch aus Frankfurt für einen kleinen Rundgang in der Stadt aus, von der Stadtmitte Süd ausgehend. Und beendeten den Rundgang in der Frankfurter Straße bei Schokokasper und der Weinsuite - zwei florierende Einzelhandelsgeschäfte mit einem hervorragenden Angebot. Doch: Es handelt sich um Spezialgeschäfte. Aber wo kann man noch in Kelkheim Herrenhosen, Herrenhemden, Unterhosen oder Socken kaufen? Parallel Dinge, die für Damen in Frage kommen? Soviel uns bekannt ist, gibt es nur noch ein richtiges Damenbekleidungsgeschäft in der Stadtmitte. Sollten wir uns irren, bitten wir um eine Berichtigung.

Richtig, den Anstoß zu der Entwicklung gab Amazon. Corona half kräftig nach. Doch andere Branchen haben gelernt. Kaufhäuser animieren zum Versand-Einkauf, Hersteller schicken ihre Produkte, die man zu Hause in der Wohnung anprobieren kann und nicht in der engen Umkleidekabine im Kaufhaus. Um vier Hosen zu kaufen, ließ sich der Autor dieser Zeilen zehn kommen, suchte sich die aus, die ihm genehm waren und der Rest ging unbeanstandet über die Sammelstelle zurück zum Hersteller. Kein Benzinverbrauch und Autoverschleiß für die Fahrt ins Einkaufszentrum. Das lässt sich an vielen Beispielen weiter fortführen: Vor allem junge Käufer deponieren die leeren Kartons in den Papiercontainern.

Wie man das ändern kann? Wir wissen dar-auf genau so wenig eine Antwort, wie zum Beispiel die Oberen in den Rathäusern. Und Kelkheims VKS wird einen langen Atem brauchen, um Änderungen herbeizuführen. Genau so ist auch ein nachhaltiges Umdenken der Kunden nötig. Deshalb die berechtigte Mahnung von der IHK: „Jeder Euro, den Verbraucher in ihrer Kommune ausgeben, macht sich für die Heimat mehrfach bezahlt. Einzelhändler und Gastronomen schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze, zahlen Gewerbesteuer und bieten Raum zur sozialen Interaktion.“ Das würde auch den Zeitungen und den Kunden helfen – mehr Anzeigen, mehr Umsatz.

Und es gilt nach wie vor der alte lateinische Spruch: „Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns mit ihnen.“

Und nebenbei: Eben klingelte es und der Postbote brachte den neuen Gürtel für eine der Hosen ...

Informationen für den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Frankfurt, Ulrich Caspar (links), durch Bürgermeister Albrecht Kündiger.
Foto: ph

VKS-
Vorsitzender Rainer Brestel (links) und Stephan Wolf (rechts daneben) und die Gäste aus Frankfurt mit Bürgermeister Albrecht Kündiger im Blick der Fotografen.

Foto: ph

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