„Was man nicht geplant hat, findet garantiert nicht statt“

Was nach dem totalen Chaos aussieht, ist wohldurchdacht: Stefan Haid behält stets den Überblick, was die Belange der Schule, der Schülerinnen und Schüler, der Eltern und des Kollegiums betrifft. Foto: Ulbricht

Stefan Haid ist ein Macher. Einer, der anpackt, der den Blick immer nach vorn gerichtet hat, der hartnäckig bleibt. Der Schulleiter der Eichendorffschule hatte die Zeichen der Zeit schon früh erkannt und dementsprechend gehandelt.

Corona

„Wir hatten geahnt, dass Schulschließungen auf uns zukommen, deswegen haben wir den Schülern schon zwei Tage vor dem Lockdown geraten, all ihre Schulbücher mit nach Hause zu nehmen“, erinnert sich Haid. Was dann kam, wissen wir alle. Für den Schulleiter war es damals, im März 2020, wichtig, in erster Linie die Abiturienten, die mitten in den Prüfungen waren, zu schützen. Andere blieben leider auf der Strecke. „Wir haben zum Anfang der Pandemie viele Schüler aus bildungsfernen Familien verloren. Gerade die, bei denen zu Hause keine technischen Geräte zur Verfügung standen“, bedauert der Schulleiter.

Doch wie sagt ein Sprichwort: hinfallen, aufrappeln, Krone richten, weitermachen. So auch im Fall der Eichendorffschule. Schnell wird ein eigener Server aufgesetzt und das Videokonferenzsystem BigBlueButton etabliert. Auch dank technikaffiner Kollegen und Eltern und eines stabilen WLANs. „Wir waren bei manchen Entscheidungen schon sehr mutig, ich habe auch das ein oder andere Mal schlecht geschlafen“, gesteht Haid. Ein schmaler Grad zwischen dem was geht, was erlaubt ist und was sich in einer Grauzone befindet. Immer, wenn die Pandemie es zuließ, versuchte der rührige Schulleiter, die Kinder so lange wie möglich auf dem Campus zu halten. „Es gab ja die Öffnungen und kleine Fenster, in denen wir Schüler zurückholen konnten. Die haben wir sofort genutzt. Das war besonders wichtig für die Hauptschüler.“

Nachwirkungen

Spurlos ist die Pandemie nach Ansicht von Stefan Haid an niemandem in der Schule vorbeigegangen. „Ich sehe am Ende des Schuljahres eine verängstigte Schule, die 141 Tage gelitten hat“, so sein Fazit. Gerade die Sozialkompetenzen hätten gelitten. „Das macht einfach was mit den Kindern.“ Auch das Kollegium hatte es schwer unter der Situation – der Mehrarbeit, der Unsicherheit, den sich täglich ändernden Ansprüchen an Schule während der Pandemie.

Eigentlich war geplant, im Sommer Lerncamps für Schüler anzubieten, deren Defizite durch die Schulschließungen noch verstärkt wurden. Leider fanden sich keine Mitarbeiter, die die Betreuung übernehmen konnten. So hofft man auf die Herbstferien.

Für die Zeit nach den Sommerferien schaut der Schuldirektor optimistisch in die Zukunft. „Wir wollen es so sicher wie möglich machen, sprich Tests und Maskenpflicht werden beibehalten, damit uns so etwas wie im vergangenen Schuljahr nicht noch einmal passiert.“ Was ihm während der letzten Monate besonders wichtig war? Das Schulleben. „Wir haben immer versucht, parallel alles, was so neben der Schule ging, am Laufen zu halten.“ Getreu dem Motto: Was man nicht geplant hat, findet auch nicht statt. Die Schüler haben es ihm gedankt, präsentierten mit ihrer digitalen Plansch-Liveshow ein furioses Ende eines bescheidenen Schuljahrs.

Digitalisierung

Ein großes Ass im Ärmel hatte die Schule während der Lockdowns durch ihren Status als „selbstständige Schule“. Das heißt, die Leine aus dem Kultusministerium in Wiesbaden ist etwas länger, die Schule erhält mehr Ressourcen und hat mehr Selbstgestaltungsmöglichkeiten. Kein Wunder, dass der Entwicklungsschwerpunkt dann auch auf dem Umgang mit den sozialen Medien liegt. Es gibt digitale Führerscheine und Selbstlernkurse. Die Fünftklässler machen ihren Computerführerschein, anschließend den für das Internet. In der 7. Klasse folgt der Präsentationsführerschein und endet in der 8. Klasse mit der Kalkulation (Excel).

„Momentan fehlt noch die richtige Grundstruktur, heißt, ich hätte gern Präsentationstechnik in jedem Klassenraum und für jedes Kind ein iPad“, fasst der Schulleiter seine Wünsche zusammen. Wichtig sei dabei auch der Blick auf den Digitalpakt. „Ist das nur eine einmalige Milchkuh oder etwas Dauerhaftes?“ Lob bekommt der Main-Taunus-Kreis, mit dem die Zusammenarbeit vorbildlich klappt und von dem Stefan Haid immer Unterstützung bekommt, wenn vonnöten.

Drei Wünsche

Fragt man den Schulleiter nach seinen Wünschen für die Zukunft, so betreffen sie alle die Belange der Schule.

Da wäre als Erstes der schon erwähnte Wunsch nach der richtigen Ausstattung, um die Digitalkompetenzen eines jeden Schülers zu stärken und auszubauen. Nach Ansicht von Stefan Haid ist das auch die Aufgabe von Schule heute. Ganz oben auf der Wunschliste: Endgeräte für alle.

Beim zweiten Wunsch steht die Schule im Mittelpunkt. „Lernen hat auch ein Stück weit mit schönen Räumen zu tun“, weiß der Schulleiter und spielt damit auf das 50 Jahre alte Gebäude an. Schon häufiger stand die Schule auf dem Plan für eine Sanierung, immer wieder kam etwas dazwischen, war anderswo der Bedarf höher. Stefan Haid bedauert, dass dadurch Ressourcen verpuffen. „Man kann so wenig flexibel reagieren, architektonisch wäre es schon schön, etwas zu ändern.“ Er hat dabei auch immer die Pädagogik im Blick, denn würde man die Lernräume anders gestalten, würden alle davon profitieren, Schüler wie Lehrer.

Der dritte Wunsch beschäftigt sich mit der Ausrichtung der Schule. Dem Schuldirektor schwebt da eine bilinguale Förderung vor. Englischsprachige Klassen, eine internationale Abteilung. „Mit unserem Programm „Raus von Zuhaus“, welches sich hauptsächlich an Haupt- und Realschüler wendet, wollen wir den Weg ebnen für Auslandsjahre. Englisch lernen, Erfahrungen sammeln“, so Stefan Haid. Die Zusammenarbeit mit der Kommune, Vereinen und dem Amt für Jugend funktioniert in diesem Bereich schon mal sehr gut, warum sollte man dann nicht versuchen, das auch in der Schule zu verankern. Stefan Haid wird sicherlich alles daran setzen, dass diese Wünsche nicht nur Wünsche bleiben.



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