Wir beobachten bei uns im Garten gerne die Vögel und füttern sie. Dazu hängen immer zwei Meisenknödel an langen Schnüre, ein Futterhäuschen befindet sich im Geäst eines Fliederbusches und auf einem dreibeinigen Gestell gibt es immer ein paar weitere Leckereien für die gefiederten Gäste. Leider haben das auch andere Tiere mitbekommen.
So bekommen wir gelegentlich Besuch von einem Waschbär, manchmal auch von Rehen, welche die Rosenknospen und viele andere Blüten und Blätter abfressen.
Sogar ein Fuchs wurde schon gesichtet. Eine Nachtsichtkamera ist da eine hilfreiche Einrichtung, wenn es um späte Gäste geht. Die Meisenknödel werden, wenn man sie nicht abends abhängt und in der Küche aufbewahrt, regelmäßig stibitzt, und das leere Netz bleibt dann übrig. Am Futterhäuschen finden sich leider auch Eichhörnchen und Eichelhäher ein, um sich ihren Anteil zu sichern. Aber wenn Kleiber, Rotkehlchen, Weidenmeise, Schwanzmeise, Kohlmeise und Blaumeise auftauchen, um zu fressen, freuen wir uns über ihr munteres Gezwitscher. Ein besonderer Gast ist der Kernbeißer, der sich gerne die Sonnenblumenkerne holt. Gelegentlich fliegt auch mal ein Specht vorbei, der landet sogar am aufgehängten Meisenknödel und frisst im Schaukeln.
Kohl- und Blaumeisen brüten jedes Jahr bei uns, die Blaumeise sogar direkt neben der Terrassentür. Sie mögen es zwar nicht, wenn wir dort unseren Kaffee trinken. Verhält man sich aber ein bisschen ruhig, füttern sie ihre Jungen weiter. Vor ein paar Tagen konnte man die kleinen Meislein schon hören, wenn die Eltern mit Futter im Schnabel kamen. Im Minutentakt wurden Insekten herangeschleppt, denn die Jungvögel wachsen schnell, und die Bettelrufe wurden immer lauter. Ein Blaumeisenpärchen kann bis zu 15 Jungvögel großziehen, doch schon 10 Nestlinge durchzubringen, ist eine große Aufgabe.
Aber die Blaumeisen haben auch Feinde. Trotz ihres schnellen Fluges können Turmfalken oder Sperber die Altvögel erbeuten. Aber die Jungen im Brutkasten sollten doch sicher sein. Leider ist das nicht der Fall. Kürzlich kamen wir in den Garten, da saß ein Specht am Einflugloch und schaute hinein. Sofortiges „in die Hände klatschen“ verscheuchte den Vogel zwar, aber uns ahnte Schlimmes.
Drei Tage später fiel auf, dass die Altvögel in deutlich längerem zeitlichen Abstand zum Nistkasten kamen. Auch die Bettelrufe der Jungtiere waren nicht zu hören. Was tun? Schnell war eine Leiter angestellt und der Kasten geöffnet: Es war nur (noch?) ein Jungvogel zu sehen. Allerdings war der Nestling schon ziemlich groß, so dass nicht auszuschließen ist, dass das eine oder andere Geschwisterchen bereits das Nest verlassen hatte, wir hoffen es. Meist bleiben die jungen Meisen aber ganz in der Nähe und sind an ihren Bettelrufen zu erkennen. Aber wir hören nichts.
Vielleicht hat wenigstens das letzte Jungtier noch eine Chance? Aber Spechte ruhen meist nicht, bis auch die letzte Meise erbeutet ist, um die eigenen Jungen satt zu bekommen.
Ein kleiner Trost: Die Meisen brüten bei uns immer ein zweites Mal.
Klaus Schurian