Besuch aus Moskau in der Bläserklasse

Königstein – „Was genau ist eigentlich eine Bläserklasse?“ Angesichts von inzwischen über 2.000 Bläserklassen an 1.000 Schulen in Deutschland dürfte sich die Antwort auf eingangs gestellte Frage eigentlich einigermaßen herumgesprochen haben.

Nicht aber in Russland. Obwohl das riesige Land auf eine große Musiktradition zurückblicken kann, gibt es dort bislang offenbar keine Bläserklassen. Um das zu ändern und vorher einen Einblick in die praktische Arbeit an einer deutschen Schule zu bekommen, besuchte eine vierköpfige Delegation aus Moskau im Rahmen ihrer Reise zur Musikmesse letzte Woche die Bläserklasse der St. Angela-Schule in Königstein. Drei Russen und ein Japaner, alle Repräsentanten des Instrumentenherstellers Yamaha, machten sich bei den Mädchen der G 5b ihr eigenes Bild von einer Bläserklasse.

Die Gäste, die von einem deutschen Vertreter der Firma begleitet wurden, zeigten sich beeindruckt von Königstein: Es sehe mit der Burg und seinen Fachwerkhäusern genau so aus, wie man sich in ihrer Heimat Deutschland vorstelle. Im Gespräch mit Schulleiter Stephan Zalud und Musiklehrer Markus Tumbrink musste jedoch erörtert werden, was an der St. Angela-Schule typisch für allgemeinbildende Schulen in Deutschland ist und welche Besonderheiten die private Mädchenschule bietet.

In der Musikstunde, die die Gäste besuchten, konnten diese einerseits erleben, wie mit dem Unterrichtswerk in der Bläserklasse gearbeitet wird, andererseits aber auch hören, was die Kinder nach einem halben Jahr auf ihrem neuen Blasinstrument an zusätzlicher Literatur bereits spielen können. Die größte Sorge der jungen Schülerinnen, nämlich das Sprachproblem, stellte sich dabei als das geringste Problem heraus. Die Gruppe hatte einen gut Deutsch sprechenden Kollegen dabei, ansonsten unterhielt man sich auf Englisch oder Russisch – ein besonderer Glücksfall, da der Saxofonlehrer der Klasse selbst aus Russland stammt und den Gästen viele Fragen in deren Muttersprache beantwortete. Ohne jede Sprache wurde in der Musikstunde deutlich, wie die Klasse arbeitet. Es zeigte sich, dass Musik tatsächlich über Sprachgrenzen hinweg funktioniert. Die Kinder haben zwei kurze Kompositionen geprobt, die unterschiedliche Dinosaurier musikalisch charakterisieren. Für die Mädchen beeindruckend war, dass die weitgereisten Gäste diese Charaktere sofort verstanden und dass sie den schnellen Probenfortschritt der Mädchen begeistert registrierten.

In der Nachbesprechung wurden Unterschiede zwischen Deutschland und Russland in Bezug auf die Schulsysteme und die Lehrerausbildung an den Hochschulen ausgetauscht. Die russische Delegation wollte dabei nicht nur möglichst viel über unsere Verhältnisse erfahren, sondern vor allem eruieren, wie das System Bläserklasse in den Rahmenbedingungen ihrer Heimat umzusetzen wäre. Dazu wünschten die Gastgeber den sympathischen Russen viel Erfolg. Außer vielen neuen Eindrücken und diesem Wunsch nahmen sie noch eine Frage vieler Schülerinnen mit auf ihre Weiterreise: „Wann dürfen wir kommen, um in Moskau oder St. Petersburg die Bläserklasse zu präsentieren?“



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