„Bürger helfen Bürgern“: Seit 45 Jahren ein verlässlicher Begleiter

Königstein (el) – Das Geburtstagskind ist zwar kein Mensch, sondern eine Institution, doch wird jeder, der hört, um wen es sich handelt, nachvollziehen können, dass man es anlässlich seines 45. Geburtstages ordentlich hochleben lassen sollte. Seit über vier Jahrzehnten gehören die „Bürger“ zum Stadtbild und haben die Vereinslandschaft durch ihre vielfältigen, sozial orientierten Aktivitäten nachhaltig mit geprägt. In den vergangenen drei Jahren habe man sogar wesentliche Grundsteine für die Zukunft gelegt, indem man sich, was die Mitgliederstruktur angehe, verjüngt habe, so Angelika Rupf, die den Verein mit seinen 180 Mitgliedern seit fünf Jahren führt.

Stellvertretend für die „Verjüngungskur“, der sich der Verein „Bürger helfen Bürgern“ unterzogen hat, stehen mit Christiane Kroos und Nicolai Friedrichsen zwei seiner Vorstandsmitglieder. Während sich Kroos als Kassiererin um die Finanzen des Vereins kümmert, obliegt ihrem Vorstandskollegen die Internet-Präsenz und alles, was im digitalen Zeitalter mit dem Auftritt nach außen zusammenhängt. Insofern sind die „Bürger“ im digitalen Zeitalter angekommen und haben festgestellt, dass nicht nur die Mundpropaganda beim Erreichen der Vereinsziele dienlich sein kann, sondern auch ein moderner Internet-Auftritt, der den Vernetzungsgedanken fördert.

Gegründet wurde der gemeinnützige Verein, der für Königsteiner Bürger in finanzieller Not in die Bresche springt, im Jahre 1972 durch Inge Buscher. Seine Wurzeln hat „Bürger helfen Bürgern“ auch im heute noch existierenden Diskussionskreis Taunus. Der Verein versteht sein Angebot als karitative Ergänzung zu den sozialen Hilfen der Stadt. Schwer zu glauben, aber auch in einer vermeintlich reichen Enklave wie Königstein gibt es so etwas wie Existenzangst. In der Kurstadt leben 250 Familien und 150 Alleinstehende, die mit zusätzlichen Ausgaben konfrontiert werden, die ihr Budget einfach nicht hergibt, die aber nicht etwa Luxus, sondern eine Notwendigkeit darstellen.

Am kommenden Samstag wird die Geburtstagsparty des Vereins als öffentliche Einladung von 11 bis 16 Uhr im Festzelt auf dem Kapuzinerplatz steigen. Die dahinterstehende Idee: Man möchte nicht sich selbst im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung feiern, sondern gemeinsam mit den Königsteinern dieses Jubiläum begehen. Und eben im Sinne dieser guten Gemeinschaft wurde vor Kurzem auch das Königsteiner Volksfest gefeiert, dessen Erlös an „Bürger helfen Bürgern“ geht. Eine entsprechende Scheckübergabe soll am Tag des Jubiläums stattfinden. Das Festzelt wird dankenswerterweise vom Königsteiner Narrenclub zur Verfügung gestellt; die Stadt und der Mobile Soziale Dienst unterstützen den Verein bei der Durchführung. Jeder erwirtschaftete Cent soll in die Arbeit bzw. in die Hilfen für Bürger in Not investiert werden, daher habe man auch beim Catering die Personaldecke dünn gehalten, so Christiane Kroos. Familienmitglieder, Ehemänner und andere habe man zum Helfen mit eingespannt. Alle ziehen an einem Strang. Auch das Kuchenbüfett wird gut bestückt und die katholische Kirchengemeinde stellt die Kaffeekannen. So reicht man sich untereinander die Hand. Angelehnt an das bevorstehende Oktoberfest wird es Laugenbrezeln und Obatzter geben.

Wenn sie nicht gerade eine Jubiläumsveranstaltung vorbereiten, stellen sich die „Bürger“ in den Dienst von anderen. Ein wichtiges Standbein der angebotenen Hilfen stellen die Kaffeenachmittage sowie die Weihnachtsfeier im Haus Raphael dar. Außerdem wird jedem Bewohner zum Geburtstag gratuliert, ein Aufwand, der nicht unterschätzt werden sollte. Vor Kurzem habe man sogar mit einem Hebelifter für bettlägerige Patienten – eine Anschaffung in Höhe von 7.000 Euro – eine Großspende an das Haus Raphael finanziert. Vom Vorstand aus koordiniert Dr. Andrea Herbrechtsmeier die Aktivitäten des Vereins im Haus Raphael. Unverzichtbare Aktivposten stellen seit über 35 Jahren die frühere Vereinsvorsitzende Helga Eschenbach sowie Marianne Tanner dar. Allerdings öffnet sich die Tür auch in beide Richtungen und schon jetzt freue man sich auf die Suppenspende (stolze 110 bis 120 Liter) aus dem Haus Raphael, die dann zum großen Weihnachtsbasar der Bürger im katholischen Gemeindezentrum ausgegeben wird. m Weitere Sparten der Hilfen und Angebote stellen die Seniorenausflüge dar. Hier zeichnet Lieselotte Roselieb verantwortlich. Die Behindertengruppe ist die Domäne von Vorstandsmitglied Doris Schmiegelt, wobei auch Zdeni Beck, Gudrun Sauer und Angelika Rupf große Stützen sind. Bei den Bürgern gibt es sogar eine Notfallgruppe. Für diese wichtige ehrenamtliche Arbeit würden noch Helfer gesucht, die Menschen eventuell zu Arztbesuchen fahren oder aber sie bei Behördengängen begleiten bzw. dringende Fahrdienste aller Art leisten.

Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass die Arbeit des gemeinnützigen Vereins, gerade in der jüngsten Zeit, sehr beratungsintensiv geworden ist. Nicht nur Finanzlöcher zwischen dem letzten Lohn und der ersten Rentenzahlung gilt es zu stopfen, auch die Anschaffung von Schuheinlagen, Kinderausstattung, wie etwa Betten und Kinderwagen sowie Schulranzen, muss gestemmt werden. Hinzu kommt, dass die Bürger im Gegensatz zu früher nicht nur rein über Mundpropaganda weiterempfohlen werden, sondern sie vielmehr durch eine eigene Internet-Präsenz, für die Nicolai Friedrichsen verantwortlich zeichnet, stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind.

„Früher haben wir weniger Familien und junge Leute betreut“, weiß Angelika Rupf zu berichten, doch das Blatt habe sich gewendet und gerade diese Personenkreise zählen heute hauptsächlich zur Klientel. Letztere Entwicklung wird auch durch die Tatsache widergespiegelt, dass gerade der Kindersachen-Bereich innerhalb des Basars am stärksten gewachsen ist. Ursprünglich war es Erika Altwein, die Inge Buscher den entscheidenden Impuls zur Gründung von Bürger helfen Bürgern gegeben hat: „Machen Sie mal!“, lautete ihre Aufforderung, die Buscher, auch mit der Unterstützung von Alt-Bürgermeister Antonius Weber, direkt in die Tat umsetzte. Wer viele Ausgaben hat, der muss folglich auch an die Einnahmen denken. So sind die Bürger neben Spenden von Königsteiner Bürgern auch auf Zuwendungen der Lions, der Rotarier und der Messer-Stiftung angewiesen, die alle in der Vergangenheit schon gespendet haben. Dennoch muss an die Zukunft gedacht werden, damit die finanzielle und personelle Lücke abgedeckt werden kann.

Wer die Bürger dabei unterstützen möchte, der kann schon jetzt aktiv etwas beisteuern, indem er auf das folgende Spendenkonto unter dem Stichwort „Bürger helfen Bürgern“ spendet: Taunus Sparkasse, IBAN DE27 5125 0000 0013 3095 07. Jetzt wird aber erst mal am Samstag, 16. September, ab 11 Uhr auf dem Kapuzinerplatz mit allen Mitgliedern, Freunden, Unterstützern und Bürgern gefeiert.

Engagieren sich für Bürger in Not: Vorsitzende Angelika Rupf (vorne, Mitte), Dr. Andrea Herbrechtsmeier (v. li.), Nicolai Friedrichsen, Christiane Kroos und Doris Schmiegelt.

Foto: Schemuth



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