Echte Rocker gehören in den Zwinger

Genug Platz für jeden, auch zum Tanzen und doch zufriedene Veranstalter: etwa 800 Besucher zählte man auf dem Open Air „Rock auf der Burg“. Foto: Friedel

Königstein (hhf) – „Ein Tag, zwei Bühnen, 14 Bands“ – so die Kurzbeschreibung auf dem Programm zum diesjährigen „Rock auf der Burg“, das – wenn auch nicht von allen geliebt – mit Fug und Recht zu den traditionellen Veranstaltungen der Kurstadt zählt. 1982 hatten zum ersten Mal Musiker das alte Gemäuer in Beschlag genommen. Taufpate war die städtische Jugendpflege, streng beäugt von der Kommunalpolitik. Dennoch gab es immer wieder die nötigen Zuschüsse und das Konzert wuchs, so stark, dass es nach vorne nicht mehr weiter gehen konnte. Die Folge war eine Zwangspause mit Neuorganisation und Phönix erstand aus seiner Asche: 2005 ging man unter dem Motto „back to the roots“ wieder an den Start.

Nach neuer Zählung fand mithin heuer schon wieder das 12. Konzert statt und manches scheint sich seit den ersten Tagen nicht verändert zu haben: „Der nächste Song ist festivaltauglich, er handelt vom Trinken“, röhrt der Sänger von „Alaska Pirates“ gerade ins Mikrofon, etwas später dann: „Es ist jetzt eigentlich Zeit für Feuerzeuge, aber noch viel zu hell, also gebt euer Bestes!“ Die Band gibt ihren Teil dazu, mit dem Erfolg, dass sogar die Grillmannschaft die Würste im Takt dreht. Das Publikum tanzt, nur ein kleiner Bereich auf dem Gelände bleibt frei, denn hier läuft eine Dusche mit kaltem Wasser. Immerhin hält sich das Wetter zurück, kein Gewitter (das war auch schon mal anders), stattdessen Klang-Feuerwerke von zwei Bühnen.

Seit drei Jahren haben die Veranstalter die „Kellerbühne“ eingeführt, hier spielen die kleineren und härteren Bands gewissermaßen unter Schallschutz – nur auf der Eingangs-treppe vermischen sich massive Schallwellen und Kunstnebel zu einer Art „Hauch des Todes“ aus der Tiefe, die dennoch reichlich Besucher anzieht. Auf der Festwiese, gegenüber von Handkäs-Stand und Veggiemobil wird dagegen „Mainstream“ gespielt, und, des Platzes wegen, hier treten auch die „Top-Acts“ gegen Abend auf. Wer nicht zum Getränkestand oder an die Fritteuse wandern will, wird von Damen der Taunus-Sparkasse mit Müsliriegeln und Energiedrinks aus dem Bauchladen versorgt. Das ist gleichzeitig ein deutliches Zeichen, wie viele Sponsoren sich auch an dieser Form der Jugendarbeit beteiligen.

Das Festivalgelände ist eingerahmt von großen Werbebannern und sogar zwei Stiftungen fördern inzwischen den Rock regelmäßig. „Das nimmt uns den Druck weg“, gibt Hendrik Mangold unumwunden zu, der sich im Namen der „Rock-AG“, dem federführenden Veranstalter, zum Interview im „VIP-Bereich“ eingefunden hat. Echte Rocker gehören offenbar in den Zwinger, denn dort ist der Künstlerbereich angesiedelt, doch hat sich der „Backstage-Bereich“ auch schon den modernen Zeiten angepasst: Vegetarisches, Joghurt und sogar lactosefreie Gerichte stehen auf dem Bufett, zwischen den Liegestühlen spielen die Kinder der Künstler. Zur Ehrenrettung der Zunft sei allerdings angemerkt, dass der Bierkonsum nahe bei dem von Wasser lag und der selbstgemachte Ebbelwoi vom Obst- und Gartenbau-Verein bald „verarbeitet“ war.

Nicht nur solch typisch hessische Genüsse lassen die Herzen der Musiker höher schlagen, sondern natürlich auch die Kulisse. Mitglieder einer Band aus Südafrika stellten gar fest, dass sie von derartigen Bauwerken bisher nur im Märchen gehört hatten und ließen ihre iPods gleich im Dauermodus laufen.

Neben solchen „Top-Acts“ liegt das Schwergewicht bei „Rock auf der Burg“ aber weiterhin auf der Jugend und den Nachwuchsbands der näheren Umgebung.

Deshalb haben sich auch Stadtparlament und Stadtverwaltung, deren Mitarbeiter auch auf dem Festival zahlreich im Einsatz sind, nach einigen Diskussionen entschieden, diese Form der Jugendarbeit nicht aufzugeben, wofür die ehrenamtlichen Organisatoren sehr dankbar sind: „Die Stadt Königstein als Sponsor ist auch nicht selbstverständlich.“ Und sogar mit dem Sicherheitskonzept für die Burg hat man sich mittlerweile angefreundet. Im Gegenzug genießt die „Rock-AG“ größtes Vertrauen: „Wir haben weitgehend freie Hand“, natürlich immer in Absprache mit dem Rathaus. Dafür laufen aber auch praktisch das ganze Jahr über schon Vorbereitungen und am Montag vor dem Konzert nehmen sich die ersten Mitglieder des Planungsstabes Urlaub, denn nun geht es Schlag auf Schlag. Von Mittwoch auf Donnerstag wurde schließlich das Festivalgelände „aufgebaut“, so dass der Freitag den Feinarbeiten mit den Bands gehören konnte. „Es geht auch ohne Stress“ ist dabei das erfreuliche Fazit nach einigen internen Umorganisationen und natürlich geht es nicht ohne die Heerscharen von Helfern, die oft auch von anderen Vereinen entsandt werden. Bei denen bedanken sich die Organisatoren auch hier noch einmal ausdrücklich, obwohl der Dank traditionsgemäß schon mit einer „Vorfeier“ am Freitagabend deutlich manifestiert worden ist. „Es wird immer familiärer“, obwohl die Familie immer noch Platz für neue Mitglieder hat – und ihre Senioren nicht vergisst: Für ehemalige Gründungsmitglieder und Helfer oder „Meilensteine“ wie den ehemaligen Jugendpfleger Daniel Valley liegt immer eine Freikarte bereit und sie geben sich auch regelmäßig die Ehre. Familie ist eben Familie, auch wenn es manchmal laut wird.

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