„Im Frühling ist Angst eine Hortensie“

Joana Skuppin, Sabine Laakso und Jürgen Zimmer von der Musikschule Königstein musizierten in der Stadtbibliothek, aufgemischt durch die lautmalerisch emotionalen Gedichte von Caroline Danneil. Eine inspirierende Mixtur, die in Serie gehen könnte ...

Foto: Sura

Königstein (aks) – Ja, Jürgen Zimmer, Lehrer für Gitarre klassisch und elektrisch an der Musikschule Königstein, kann sich gut vorstellen, mit seinem Programm „Musik und Dichtung“ in Serie zu gehen, auf dass schöne Töne und Texte nicht nur in Königstein Wellen schlagen, sondern sogar „weltweit“ - da muss er selbst grinsen.

Ihm zur Seite ist Sabine Laakso, ausgebildete Flötistin und nach ihrer Rückkehr aus Finnland Flötenlehrerin an der Musikschule Königstein. In der Tat umschmeichelten wohlklingende Barockmusik von Benedetto Marcello mit Flöte und Gitarre die Zuschauer ebenso wie Belcanto Arien von Mauro Giuliani zu Gedichten von August Steigentesch, Louis Reisig und Johann Wolfgang von Goethe. Die junge Sopranistin Joana Skuppin, Elevin von Mezzosopranistin Britta Jacobus aus Kronberg, verlieh Goethes „Abschied“ eine schöne helle Stimme mit empathischer Mimik und Gestik: „Und leider kann man nichts versprechen, was unserm Herze widerspricht...“. Darin steckt die ganze Tragik einer Liebe, die nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Schillers „Abschied“ geht aufs Ganze und sucht gar die finale Lösung auf die Enttäuschungen in der Liebe: Es ist der Abschied vom Leben. „Was ich suchte, hab ich nicht gefunden, Freuden sucht’ ich, Leiden gabst du mir“. Da fällt einem unweigerlich der junge Werther ein, Goethes Bestseller von 1774, der zum Idol einer ganzen Generation wurde und der den Selbstmord salonfähig machte. Vor Liebe sterben, etwas Erhabeneres konnte es doch nicht geben! Als Abschluss das wunderbare Präludium von Bach als Kantilene von Zoltan Kodaly – zwei Jahrhunderte Musik waren vertreten, meisterhaft wiedergegeben im Duett von Sabine Laakso mit der Querflöte und Jürgen Zimmer an der Gitarre, der auch als Lied-Begleiter den größten Part in diesem kleinen und feinen Konzert hatte. Eine ganz andere Sprache erklang aus dem Munde von Caroline Danneil, einer Dichterin, die seit 2011 in Königstein lebt, und die die Musikstücke miteinander verband, ohne dass eine Verbindung zu erkennen war. Danneil trug mit sanfter, fast heiserer Stimme ihre Gedichte vor „die Hunde schlagen an“, „sticky nature“, „blattliebe“, „gleich vorbei“, „wunsch“, „helles holz“, „taggang“.

Widerspenstig ist ihre Dichtung und nicht einfach zu verstehen. Sie bereitet nicht sofort Glücksgefühle, je mehr man aber hineingleitet in dieses verdichtete Spiel mit den Sinnen, sich hingibt ohne Wenn und Aber, spürt man die Faszination, die von diesen teils wirr aneinandergereihten Worten ausgeht. Es geht um das Leben, von einer Frau gelebt. Gut und schlecht ist es. Und wer zuhört, ohne zu urteilen ist berührt. Nicht alles wird wortreich erklärt und damit verständlich, in Versform gebracht wie von Goethe und Schiller. Im Gegenteil hier wird die Lebensklugheit in Jetztzeit verdichtet. Der aufmerksame Zuhörer horcht auf bei Fragmenten wie „Man selbst betrügt sich am besten“ und „100 Mal fremdeln am Tag – der Liebhaber drei Nummern zu groß“. Die Liebe spielt eine Rolle, auch wenn sie trügerisch daherkommt. „Wer sagt, man gewöhne sich, lügt!“ Danneil genießt sichtlich ihr Bekenntnis zum Innenleben, ihr Spiel mit einer expressiven Sprache. Auch sie bewahrt ihr kleines Geheimnis und gibt es nicht ganz preis – es ist bestimmt nicht ihre „letzte Chance gehört zu werden“.

Man kam aus dem Staunen über neue Wortschöpfungen nicht mehr raus: „Brennsatz, Phantombrust, Klapperschnabel“ – „ich hungere mich weg“, über atemlos aneinandergereihte Substantive oder Adjektive. Da zählte die Intonation oft mehr als der Sinn der einzelnen Sätze. Holz, Blätter, Bäume sind Metaphern für das Leben, in ihnen wohnt die „erste Frau“ Eva... das helle Holz steht für einen Mann ... das muss man nicht verstehen nur erfühlen.

Wer jetzt weiterforschen möchte, dem sei www.fixpoetry.de empfohlen, die perfekte Plattform für lyrische Entdeckungen, hier können berühmte und unbekannte Autoren ihre Texte publizieren. Auch Texte von Caroline Danneil findet man dort.

Und so ist die Stunde wie im Flug gegangen mit vielfältigen gesungenen, gesprochenen schillernden Facetten aus Musik und Dichtung – da capo! Weiter so. Daraus könnte doch bestimmt eine zumindest regionale Erfolgsstory werden mit wechselnden zeitgenössischen Dichtern und Musikern – in bester Nachbarschaft.



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