Der große Reformator Luther

Schauspielerin Elisabeth Haug schlüpft im Rahmen eines Kammerspiels in die Rolle von Martin Luthers Ehefrau, Katharina von Bora.

 

Königstein (el) – Am 29. Januar wäre der 518. Geburtstag von Katharina von Bora gewesen. Und genau am besagten Tag im Jahre 2017, einem Jahr, in dem die evangelische Immanuelgemeinde das Reformationsjubiläum feiert, trat die frühere Nonne in Person von Schauspielerin Elisabeth Haug aus dem Schatten ihres bekannten Mannes. Dies geschah im Rahmen eines kleinen, aber feinen Kammerspiels in der evangelischen Immanuelkirche, das den Auftakt zu weiteren Veranstaltungen im Laufe des Jubiläumsjahres markiert. 

Die Kirchenbänke waren zahlreich belegt. Die Gäste des Abends begaben sich zusammen mit der Berliner Schauspielerin und ihrem musikalischen Begleiter (Jacob David Pampuch) auf eine Zeitreise in die Ära des „großen Reformators“. So durften sie einmal mit den Augen der Mimin in die Wohnstube der Familie Luther schauen. Das sorgte wiederum für spannende Einblicke in die Persönlichkeit des Reformators sorgte. Was dem Beobachter während des Kammerspiels mit der Überschrift „Die Tischreden der Katharina von Bora“ nicht verborgen blieb: Das Spannungsfeld, in dem sich seine Ehefrau tagtäglich bewegt haben muss. Im Grunde „schmiss“ sie den Laden, sorgte für 40 Personen, kümmerte sich und die Viehzucht und das Bierbrauen und doch war sie sich ihrer Stellung unsicher: „Bist Du mein Beichtvater oder mein Mann?“ Warum müsse nicht auch der Mann seiner Frau gehorchen? Interessante Fragen, die so nicht direkt beantwortet wurden, jedoch Aufschluss darüber geben, dass hier eine starke Frau Gedankengut mit sich trägt, das ihrer Zeit weit voraus ist, während ihr Mann am 31. Oktober  1718 seine 95 Thesen ans Wittenberger Kirchentor hämmerte. 

„Ich will und werde mich nicht vor einem Mann fürchten, auch wenn er Luther ist“, hört man die Schauspielerin vor der hübsch gestalteten Kulisse eines Esszimmers in der Kirche sagen, die mit ihrem Martinus der gemeinsamen Sache – Gott – dient und gehorsam ist. Höchst aktuell sind die Gedankengänge auch in Bezug auf die Mitmenschen und die Umwelt: Frieden müsse man machen und halten. Wenn Letzterer im eigenen Wohnzimmer herrrsche, dann müsse das auch in der Welt so sein.  

Für sie sei die Unlust die schlimmste Krankkeit, hört man die zum Leben erweckte Katharina von Bora sagen. Man solle nicht klagen und an ihren Martinus gerichtet: „Klage nicht, mach‘ die Leute nicht unzufriedener als sie sind!“ Denn er sei selbst ein Stück Obrigkeit – jemand, auf den die anderen hören. Die Leute würden sich nach dem richten, was man ihnen vorlebt. Frauen seien da jedoch anders, sie würden vorausdenken und weniger zurück. Was seien wir Eheleute nur für kluge Leute und doch hat sie – aus ihrer Sicht betrachtet – ihm eines voraus: Er würde aus Schaden klüger werden und sie aus Vorsicht. 

Und auch dies eine pragmatische Lebensweisheit, die so ziemlich auf alle Berufe anzuwenden ist, auch auf den des Reformators: So wie er auch von den Fehlern seiner Mitmenschen lebe, hoffe ein Schneider, dass die Mitmenschen ihre Kleider zerreißen und ein Pfarrer, dass die Menschen sündigen. Das sei der Lauf der Dinge und würde sich auch ihrer Meinung nach nicht ändern, „selbst, wenn alle deinen kleinen Katechismus auswendig lernen würden.“

Gefühle, die müssten gelebt und gezeigt werden – das liege in der Natur des Menschen, meint die Ehefrau, denn in den Tränen löse sich der Hader, wenn man – wie die beiden Eheleute Luther – den Tod eines Kindes betrauert. In Bezug auf diesen Schicksalsschlag gelte es, nichts zu verstehen und zu begreifen, wie der große Reformator stets bemüht ist. Er suche in der Studierstube nach dem, was man vielmehr, so von Bora, von der Natur lernen könne. Die meisten Fragen hätte Gott in der Schöpfung selbst beantwortet.

Der Beobachter hat den Eindruck, als würde er mit der Familie Luthers an einem Tisch sitzen, mitten in der Küche, Wein mit dem Reformator trinken, den seine Frau, zugegebenermaßen etwas wenig einladend, gegen den Husten mit etwas Pferdemist aufgekocht hat. Und auch das, was man eigentlich immer wieder aus den Geschichtsbüchern zwischen den Zeilen entnommen hat, bewahrheitet sich einmal mehr im Verlauf des Kammerspiels: Jeder große Mann hat eine starke Frau an seiner Seite. Und die macht durch Taten auf sich aufmerksam, hat keine Angst, die Dinge beim Namen zu nennen, auszusprechen, was sie denkt. 

Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer freut sich zusammen mit den Gemeindemitgliedern auf ein spannendes Jahr, in dessen Verlauf zahlreiche Veranstaltungen anlässlich des Jubiläumsjahres der Reformation stattfinden werden. Man werde so manch spannungsreiche und mitunter kontroverse Diskussion führen, so die Pfarrerin, und hoffe auf insgesamt auf ein Extrakt des Jahres. 

So geht es weiter im Programm: Am Samstag, 18. Februar, 18 Uhr, wird Pfarrerin Stoodt-Neuschäfer in der Immanuelkirche einen Vortrag über Martin Luthers Sprache mit dem Titel „Dem Volks aufs Maul geschaut“ halten. Am Samstag, 20. Mai, 18 Uhr, widmet sich Pfarrer Dr. Neuschäfer in einem weiteren Vortrag der Frage „Was verstand Martin Luther unter Religion?“. Am Samstag, 24. Juni, 18 Uhr, darf man sich auf ein Theaterstück der Großen Kinderkirche freuen – „Zwischen Asinus und Lupus“. In einem weiteren Vortrag greift die Pfarrerin am Samstag, 26. August, 18 Uhr „Die Reformation in Königstein“ auf. Am Sonntag, 17. September, 18 Uhr, steht die Chor- und Instrumentalmusik der Reformationszeit im Vordergrund unter der Überschrift „Ich werde nicht sterben, sondern leben“.  

Das Königsteiner Vokalensemble und Renaissance-Instrumente werden zu hören sein. Luther selbst war auch Komponist und verfasste Choraltexte. 27 Lieder aus dem evangelischen Gesangsbuch stammen aus seiner Feder. „Ein feste Burg ist unser Gott“ – so ist der Kantatengottesdienst am Dienstag, 31. Oktober, 10 Uhr, zum Reformationstag, überschrieben. Heike Schmoll (Frankfurter Allgemeine Zeitung) wird am Samstag, 18. November, 18 Uhr, klären, „Was bleibt vom Reformationsjubiläum?“. Alle Veranstaltungen finden in der evangelischen Immanuelkirche statt.



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