Königsteiner Zahlen zu den Napoleonischen Kriegen

Das Gemälde zeigt zwar die bekannte Völkerschlacht bei Leipzig, doch hatten die damit verbundenen Kriegszüge Auswirkungen auf ganz Europa, auch auf die Zivilbevölkerung. Ergänzend zum „Reenactment“ hat Ellengard Jung aus dem Hessischen Staatsarchiv (HHStaWi, StAKönigstein) Zahlen für Königstein zusammengestellt, die betroffen machen. Repro: Jung

Königstein (red) – Die Völkerschlacht bei Leipzig, 16. bis 19. Oktober 1813, brachte das Ende der Befreiungskriege gegen Napoleon I. und Europas Freiheit.

Daran beteiligt waren bis zu 600.000 Soldaten aus über einem Dutzend Länder. Dabei wurden 92.000 Soldaten getötet und verwundet. Anschließend grassierte eine Typhus-Epidemie, die noch vielen Menschen das Leben kostete.

Die geschlagenen und aufgeriebenen Truppen Napoleons durchzogen auf ihrem Rückweg auch den Taunus und kamen durch Königstein. Im Alten Rathaus wurde ein provisorisches Militärlazarett für die Verwundeten und Typhuskranken eingerichtet, wobei sich auch die hiesigen Einwohner infizierten. In der Zeit vom 1. November bis zum 1. April starben allein 53 der zirka 900 Einwohner, insgesamt im Herzogtum Nassau über 900 Einwohner.

Schon ab 1806 litt die Stadt unter den Einquartierungskosten, die 1813/14 ihren Höhepunkt erreichten. Anhand von Bescheinigungen und Kostenrechnungen stellte Bürgermeister Brühl 1876 die Summe von 7.884 Gulden, 36 Kreuzer zusammen.

Ab 1806 waren fast ständig französische Truppen in der Größenordnung von 250 bis 400 Soldaten, und öfters auch mehr, in Wirtshäusern und auch privat einquartiert. Eine Vergütung für Verköstigung der Truppen wurde von den Franzosen nie geleistet.

Anfang November 1813 kamen zuerst russische Kosaken, gefolgt von österreichischen und bayerischen Dragonern. Auch der preußische Generalfeldmarschall Fürst Blücher bezog sein Quartier vom 15. bis 17. November im Gasthaus „Zum grünen Baum“ (Hauptstraße 21), in dem ebenfalls der russische Korpskommandeur von Langern wohnte. Die Kosaken hielten sich mit sechs Ober- und sechs Unteroffizieren sowie 82 „Gemeinen“ mit 96 Pferden zwölf Tage hier auf. Österreichische Truppen – im Armeecorps des Fürsten von Schwarzenberg, waren sechs Stabsoffiziere, 38 Ober- und 35 Unteroffiziere sowie 1083 Gemeine mit 794 Pferden – blieben für neun Tage. Die Bayern unter dem Kommando von Wredes kamen für einen Tag mit einem Ober- und zwei Unteroffizieren sowie 20 Gemeinen und 23 Pferden.

Am 7. Dezember traf die russische „Wagenburg“ hier ein und blieb bis zum 30. des Monats. Es folgten noch viele Soldaten, so dass sich die Einquartierung zum Jahreswechsel auf 30 Offiziere und 1052 Mann aufsummiert hatte. Sie alle verlangten zusätzliche Fuhrleistungen und Fourage für ihre Pferde. Man hatte zwar anfangs ein kleines Magazin angelegt, dessen Inhalt aber sehr schnell aufgebraucht war.

Vom 19. Dezember 1813 bis zum 9. Januar 1814 wurden mit 212 Pferden und 189 Kühen Kriegsfuhren geleistet. Doch noch anschließend, vom 9. Januar bis 31. August, fielen mit 23 Pferden, acht Ochsen und 72 Kühen nochmals 1080 Kriegsfuhren an.

Über diese Vorgänge, die Plünderungen und Gewalttätigkeiten berichtete der Ratsschul-theiß Müller am 2. Januar 1814 an das Justizamt in Königstein und bat um Beachtung und gerechte Entschädigung für dem Städtchen entstandene Schäden. So berichtete er, dass die Soldaten in die Stadt einfielen und auf der Stelle Fleisch, Weißbrot, Wein und Branntwein verlangten, sonst drohten Misshandlungen. Sie verlangten auch 50 Paar neue Stiefel, auf der Stelle 10 Paar getragene Stiefel und rissen sogar den Bürgern auf der Straße die Stiefel von den Beinen.

Die Gerber mussten ihr Leder hergeben für die Herstellung von weiterer Fußbekleidung und auch die Pferde der Krieger wurden beschlagen. Dazu wurden Unmengen an Heu verlangt – sonst drohten Schläge und Rippenstöße. Weiter führte der Ratsschultheiß für den 4. Dezember an, dass sich eine „solche Menge russischer Truppen und Cavallerien verschiedenen Regimentern“ hier befanden, dass in den Scheuern der Königsteiner teilsweise bis zu 40 Pferde standen.

Die Vorräte waren am 20 Dezember fast vollkommen aufgebraucht und durch die Ankunft der „russischen Wagenburg“ war es auch noch um die die letzten, ärmlichen Reste geschehen. Selbst aus Kronberg kam ein Trupp Kosaken von 20 Mann nach Königstein und verlangte auf der Stelle Brot, Wein, Branntwein, sowie Schlachtvieh und zwei Pferde. Sie postierten sich zwei Tage vor dem Obertor (Hauptstraße 3) bis zur Aushändigung der verlangten Objekte. Faustschläge, Knutenhiebe, ins Angesicht spucken, das alles hatten die Bewohner zu erwarten, wenn sie nicht in der vorgeschriebenen Zeit die Waren lieferten.

Leider war von dem Justizamt keine Entschädigung zu erwarten, sondern vielmehr neue Schuldenbelastungen, durch die Auflösung der Kriegskostenkasse des ehemaligen Oberamts Höchst von 1815, warteten auf sie.



X