„Kultur für alle“

Königstein – „Kultur für alle“, lautete das Thema, das Thorsten Schäfer-Gümbel als neuer Vorsitzender des überparteilich agierenden Bundes Kulturforum der Sozialdemokratie für die (leider wenigen) Besucher in der Villa Borgnis bereithielt.

In seinem engagierten Plädoyer betonte der SPD-Politiker, dass bereits in den Schulen und Kitas ein großes Defizit an kultureller Bildung bestehe. Dazu gehöre neben den Fächern Musik, Kunst, Theater auch der Sport. Doch es fehle in diesen Fächern bis heute an ausreichend Lehrern bzw. qualifizierten Fachkräften. Zur kulturellen Bildung gehöre aber auch die politische Bildung. Es ginge nicht an, dass sogar Hochschulabsolventen nicht wüssten, wie unsere demokratische Ordnung organisiert ist. Eine Modernisierung des Unterrichts gelte auch für die zunehmende Digitalisierung, die sowohl im Alltag als auch in der Berufswelt fortschreite.

Ein breites kulturelles Angebot begünstige nicht nur die geistige Entwicklung junger Menschen, sondern auch den Eintritt in ein gesellschaftliches Leben und ein positives Engagement bei der Anwendung demokratischer Rechte. „Kultur für alle“, einst formuliert von dem Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann, müsse hundert Prozent der Bevölkerung erreichen, heute seien es gerade mal fünfzig. Ein breites Angebot kultureller Bildung würde die Frage „wer sind wir?“ beantworten, was angesichts der bestehenden Einwanderungsgesellschaft unbedingt notwendig sei. Aus diesem Grund plädiert Schäfer-Gümbel auch für ein Museum der Weltkulturen in Frankfurt, wo sich die kulturelle Vielfalt als gesellschaftliche Chance darstellt und nicht als etwas „Fremdes“ empfunden wird.

Dabei verwies Schäfer-Gümbel in Bezug auf Hessen auf den immer noch geltenden Satz von Georg August Zinn „Hesse ist, wer Hesse sein will!“ Das gelte auch für die gesamte Bundesrepublik angesichts der Vielfalt ihrer Bewohner. Es ginge nicht an, das kulturelle Angebot in den Kommunen nur als freiwillige Leistung zu gewähren, die in den letzten Jahren angesichts leerer Kassen häufig genug auf sinnlose Weise zusammengestrichen wird. Es gebe zwar etliche Landesförderprogramme, doch beträfen diese nur selten Kulturprojekte. Weil die Fördermaßnahmen nur kurzfristig gewährt werden und entsprechende Folgefinanzierungen auf höchst komplizierte Weise neu beantragt werden müssen, gingen auf diese Weise viele gute Ideen verloren. Die Förderung soziokultureller Zentren habe sich in Hessen nur sehr wenig verbessert, das müsse sich ändern. Besonders in den sozialpolitisch kritischen Zentren Hessens seien kulturpolitische Maßnahmen höchst wirkungsvoll um soziale Schieflagen zu beseitigen.

Thorsten Schäfer-Gümbel schloss die Veranstaltung mit dem dringenden Appell, nicht ständig über „die Politik“ und „die Politiker“ zu klagen, sondern die großartigen und vielfältigen Chancen unserer demokratischen Gesellschaft zu nutzen und sich an ihr zu beteiligen.



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