Lesung als Hommage an Willy Brandt

Königstein – Für geschichtsbewusste Königsteiner ist das Jahr 2013 in vielerlei Hinsicht sehr bedeutsam: Königstein wird 700 Jahre alt, die SPD feiert ihren 150. Geburtstag und in diesem Jahr wäre Willy Brandt 100 Jahre alt geworden.

An Willy Brandt, den Menschenfischer und Wahlkämpfer, aber auch an seinen Beitrag zur Geschichte unseres Landes und der SPD wollen die Königsteiner Sozialdemokraten mit einer Lesung erinnern. Sie findet statt am Donnerstag, 19. September, um 19 Uhr im Balkonzimmer der Villa Borgnis. Die Schauspielerin Cornelia Goossens wird Texte von und über Willy Brandt lesen. Die Besucher haben zudem die Möglichkeit, die sehr gefragte Ausstellung „150 Jahre SPD“ von Cornelia und Michael Schell an dem Abend ebenfalls in der Villa Borgnis zu betrachten. Die Königsteiner Bürgerinnen und Bürger sind sehr herzlich eingeladen zu dieser Veranstaltung.

Für viele der aktiven Sozialdemokraten ist die Erinnerung an Willy Brandt noch sehr lebendig, und nicht wenige sind seinetwegen der SPD beigetreten.

Seit 1930, als mit der Regierung des Sozialdemokraten Hermann Müller die letzte demokratisch legitimierte Koalitionsregierung der Weimarer Republik auseinanderbrach, hatten Sozialdemokraten in Deutschland keinen Kanzler mehr gestellt, bis dann im Herbst des Jahres 1969 die Bundestagswahl ein sozial liberales Kabinett ermöglichte und Willy Brand Bundeskanzler wurde.

Der charismatische Politiker, der mit den Ansprüchen „Wir wollen mehr Demokratie wagen!“ und „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn werden im Inneren und nach außen“ antrat, begeisterte viele Menschen in der Bundesrepublik und in Europa. Sein Kabinett leitete wichtige innenpolitische Reformen ein und ging auf die Regierungen der Nachbarländer zu, mit denen Deutschland im gespaltenen und unter dem kalten Krieg leidenden Europa keine oder keine guten diplomatischen Beziehungen hatte. Der Anspruch der guten Nachbarschaft wurde durch seine Friedenspolitik eingelöst, und die Grundlagen für Entspannung und Verständigung konnten gelegt werden. Mit der Formel „Wandel durch Annäherung“ begann die Zeit der Begegnungen, nicht nur auf der Ebene der Staatslenker, sondern auch auf der zwischenmenschlichen. Dies war eine Voraussetzung für das Gelingen der Wiedervereinigung Deutschlands und die Einigung Europas. Für seine Ostpolitik wurde Willy Brandt anfänglich von seinen politischen Gegnern angefeindet, die ihn wegen nicht nur wegen seiner Herkunft als uneheliches Kind, sondern auch wegen seiner Emigration während der Nazi-Zeit immer wieder zu diffamieren suchten. Dennoch, das Konzept „der guten Nachbarschaft“ zahlte sich aus und bewirkte, dass gesellschaftliche Gräben zugeschüttet werden konnten. 1971 erhielt Bundeskanzler Willy Brandt den Friedensnobelpreis, und seine Außenpolitik wurde weltweit akzeptiert. Nicht nur im Blick zurück auf die Geschichte unseres Landes, sondern auch bei der Bewältigung der Zukunft wird sich die SPD auf Willy Brandt immer wieder besinnen. „Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll!“, rief er in seiner letzten Rede im September 1992 seinen politischen Freunden zu.



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