Ein Loblied auf die Briefwahl

Das Blaue muss – verschlossen, Inhalt nur Wahlzettel – mit dem Weißen (wo die Adresse draufsteht) in das Rote: Die Anleitung zur Briefwahl ist ganz einfach, im Zweifel hilft das Wahlamt auch beim rechten Verpacken. Foto: Friedel

„Wer gescheit ist, treibt keine Politik“ soll Epikur von Samos ausgerechnet im Stammland der Demokratie einmal geäußert haben. Ob er damit aber auch Nichtwähler gemeint hat sei einmal dahingestellt, das vertrüge sich nun so gar nicht mit den Grundprinzipien der Demokratie, wer nicht wählen geht, kann sich auch von einem König regieren lassen, oder einem Diktator (der Begriff stammt ebenfalls aus der Antike).

Angesichts der tischdeckengroßen Formulare zur Kommunalwahl mit ihrer Vielzahl von möglichen Kreuzchen tut sich aber die Frage auf, ob denn der gescheite Wahlwillige damit so schnell klarkommt zumindest im Angesicht einer Warteschlange vor dem Wahllokal kommt hier schnell Streß auf. Nun ist es sicher eine gute Idee, auf den vorab verteilten Probeformularen schon einmal zu „üben“, dabei vergisst aber mancher, dass es noch einfacher geht. Seit einigen Jahren muss der Antrag auf Briefwahl nämlich nicht mehr begründet werden, es besteht also keine Hürde mehr, sich die Wahlunterlagen bequem nach Hause schicken zu lassen, wo man den Wahlakt in aller Ruhe vollziehen kann. Die Rücksendung ist mit der Deutschen Post kostenfrei, wer „auf Nummer sicher“ gehen will, kann den Wahlbrief auch im Rathaus abgeben oder einwerfen, noch vor dem Wahltag natürlich. Wer die Formulare nur wenige Tage vor Urnengang ausfüllt, kann also auch noch gut auf kurzfristige Ereignisse in der Politik reagieren.

Keiner muss zur Wahl gehen, die kann man sich auch ins Haus liefern lassen – das ist eigentlich eine gelungene Anpassung staatlicher Regeln an das veränderte Verhalten der Gesellschaft, ohne dabei den Gefahren der Internet-Piraterie zu unterliegen. Vielleicht hilft das ja gegen ein Problem, das schon Otto von Bismarck aufgefallen war: „Scheu vor Verantwortung ist die Krankheit unserer Zeit.“



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