Luxusvilla, kaum privat genutzt: Führung durch den Park der Villa Gans

Über fünf Terrassen führt die Hauptblickachse der Villa Gans vom Haus in die Natur, die geometrisch gestutzten Büsche geben dabei die Intention des Architekten wieder, den Wohnraum nach außen zu erweitern. Bei der Parkführung erklärte Stadtarchivarin Beate Großmann-Hofmann (Bildmitte) natürlich auch die Geschichte des Hauses, bis hin zu den Gänsen oberhalb des Eingangsportals (kleines Bild). Fotos: Friedel

Königstein (hhf) – „Es ist ein regelmäßiges Angebot, das auch viele Gäste aus den Nachbarstädten anzieht“, dennoch freute sich Stadtarchivarin Beate Großmann-Hofmann, dass trotz frühsommerlicher Hitze fast 50 Zuhörer den Weg zum Eingangstor der Villa Gans gefunden hatten, darunter Kreisarchivar Gregor Maier und Bürgermeister Leonhard Helm, dessen Großvater selbst Grundstücke an den Erbauer verkauft hatte – mit dem Erlös wurde kurz darauf der Ausbau des „Parkhotel Bender“ finanziert. Ein Teil des ursprünglich 11,5 Hektar großen Geländes reichte aber auch bis in die Gemarkung von Altenhain.

Die Villa Gans – übrigens als einziges Königsteiner Motiv jemals auf einer Briefmarke verewigt – liegt am Anfang des Hainerberges mit einem grandiosen Fernblick bis Mainz und ist am besten an den Wirtschaftsgebäuden in der Altenhainer Straße zu erkennen, nicht weit von der Einfahrt zum Johanniswald. Von hier führt die Zufahrt – eine Allee – direkt in den Park, den Architekt Bruno Paul gleich mitgestaltet hatte, denn er sollte den Wohnbereich außerhalb des Hauses gleichsam fortsetzen. Das bedeutet einen großen Unterschied zu anderen Parkanlagen in Königstein, die zum Beispiel von Heinrich Siesmayer – dem Erbauer des Palmengartens in Frankfurt – nach anderen Gesichtspunkten gestaltet worden sind. Markant ist vor allem die fünffache Gliederung in Ebenen von der Südterrasse aus den Hang hinunter, Park und „Schlösschen“ stehen seit 1983 als Ensemble unter Denkmalschutz.

Adolf Gans gehörte zur bedeutenden Industriellen-Familie, die vor allem die Cassella-Chemiewerke besaß, von Neu-Isenburg bis Oberursel erinnern bis heute ihre Landhäuser an die jüdische Dynastie. Gemeinsam mit seinem Architekten mietete sich der Bauherr 1910 im nahegelegenen Grand-Hotel ein, um die Pläne zu besprechen, das Hotel ist heute als KvB-Klinik bekannt, in der Villa Gans residiert seit den 1950er-Jahren die Landesversicherungsanstalt, die als staatliche Einrichtung leider weder Grund- noch Gewerbesteuer einbringt.

Prominente Gäste ab 1945

Vielleicht sollte die Villa im Luftkurort seiner Gesundheit besonders zuträglich sein – jedenfalls galt Adolf Gans als kränklich und starb kurz nach Fertigstellung der Villa 1912, seine Witwe zog zwar ein, verstarb aber auch schon 1918. „Sie haben nicht viel von der Villa gehabt“, resümierte die Stadtarchivarin, nach dem Ersten Weltkrieg hausten hier erst französische, dann englische Besatzungssoldaten. Schon bald darauf begannen die Erben Verhandlungen, um das Anwesen an die Reichspost zu verkaufen, die in Königstein mehrere Einrichtungen unterhielt – zwischenzeitlich war auch ein Kneipp-Institut im Gespräch – doch gelang dies erst nach 1933, was zu erheblichen finanziellen Einbußen führte. Auch als Erholungsheim für Postbeamtinnen blieb das Haus nicht sehr lange in Betrieb, dann nutzte man es als Lazarett.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges avancierte das beschlagnahmte „kleine weiße Haus“ zum „Victory Guest House“ der Amerikaner, Gastgeber war General Eisenhower persönlich, er konnte von einem „Bellevue“ aus einige Bereiche des beherrschten Deutschlands überblicken. „Es gab keine Residenz in Europa, in der sich so viele Persönlichkeiten aus den USA aufhielten...“, notierte ein US-Journalist, Finanzgrößen wie Rockefeller, Getty und Ford wohnten hier ebenso wie Filmstars, Bette Davis, Errol Flynn und Rita Hayworth sind verbürgt, oder Joseph Kennedy, der Vater des späteren Präsidenten. Mit der Entscheidung, Bonn zur Hauptstadt der neuen BRD zu machen, ebbte der Besucherstrom aber bald ab und so verkauften die Erben Gans das Anwesen 1952 an die Landesversicherungsanstalt, die hier zunächst Kliniken ansiedelte und dafür einen gewaltigen Neubau neben der alten Villa errichtete. Damit und mit Grundstücksverkäufen wurde der Park im Norden stark beeinträchtigt, doch hat auch diese Zeit ihre längst vergessenen Spuren hinterlassen.

Überwucherte Spuren

Noch vor den Gebäuden auf der Hügelkuppe liegen rechts – im Brombeergestrüpp gut verborgen – die Reste einer Minigolfanlage, reife Walderdbeeren lenkten den Blick auf ehemalige Tennisplätze und einen zugehörigen Holzpavillon im heutigen Wald ab. Dabei handelt es sich um Überreste der Freizeitgestaltung für Klinikpatienten, allerdings gab es im Norden des Areals schon immer Wald zur Abgrenzung, im Bereich der Westterrasse sogar mit einer hohen Mauer in Szene gesetzt.

Auf dem Weg dorthin passierte die Gruppe das mit Säulen und Gänse-Reliefs klar auf Erbauer und dessen Bedeutung hinweisende Portal der Villa, dessen tiefliegender Vorplatz nebst Gräben schon früh in der Fachliteratur beschrieben worden sind. Über einen modern anmutenden Pavillon und Brücken über die Gräben gelangten sie zunächst auf die Südterrasse, wo ein Blick von oben noch einmal bewies, wie „strukturiert und planmäßig angelegt“ der Park sich präsentiert.

Schließlich entdeckte man im Vorfeld der Westterrasse Reste des Rosengärtchens nebst Teehaus, was freilich nur noch am Muster in der Bodenplatte zu erkennen ist, auch die übrige Gestaltung der Landschaft mit Springbrunnen und Mosaik bräuchte dringend akute Pflege. Mit Ex-Stadtgärtner Karl Flamme wäre es wohl nicht so weit gekommen, er hatte zuvor auch hier gearbeitet und einige Bäume gepflanzt, doch wird heute auch hier an Gärtnern gespart, so dass man den restlichen guten Geistern eher Lob zollen muss, was sie in ihrer zu knappen Arbeitszeit alles noch bewältigen.

Übrigens war auch zu Zeiten reicher Gartenbesitzer irgendwo Schluss mit lustig, und so gehörte – wie allgemein üblich – auch bei der Villa Gans ein naturnaher Teil zum Park, der die intensive Gestaltung im äußeren Bereich langsam in die freie Natur übergehen ließ. Hier endete die Führung zwischen Schmetterlingen und Obstbäumen mit einem leicht zugewachsenen Blick auf Königstein und seine Burg, die von hier aus nicht über dem Ort thront, sondern deutlich unterhalb der Taunusberge gelegen ist.

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