Mehr Wintervögel – Insgesamt rückläufiger Trend

Wetzlar – Nach den sehr niedrigen Zahlen im vergangenen Winter haben sich in diesem Jahr wieder mehr Wintervögel in Hessens Gärten und Parks eingefunden. Das hat die große Zählaktion Stunde der Wintervögel ergeben, deren Endergebnis an diesem Montag vorgestellt wurde. In Hessen haben sich über 7.900 Vogelfreunde an der Aktion beteiligt und insgesamt 223.005 Vögel gezählt – knapp 10.000 mehr als im letzten Jahr. Bundesweit zählten über 136.000 Vogelfreunde mehr als 3,5 Millionen Vögel.

„Im vergangenen Winter haben die hessischen Teilnehmer 18 Prozent weniger Vögel pro Garten gemeldet als im Schnitt der Jahre zuvor. Zum Glück hat sich dieses betrübliche Ergebnis in diesem Jahr nicht wiederholt,“ erklärt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen. 2018 wurden rund 39 Vögel pro Garten gemeldet, im vergangenen Jahr waren es nur 32 Vögel. 2011 konnten bei der ersten Stunde der Wintervögel dagegen noch 46 Vögel pro Garten notiert werden. „Die höheren Zahlen in diesem Jahr können darum nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit Jahren ein kontinuierlicher Abwärtstrend festzustellen ist“, so Eppler. „Der Rückgang häufiger Arten ist in vielen europäischen Ländern ein ernstes Problem und zeigt sich offensichtlich auch bei den Wintergästen in unseren Gärten.“ Seit Beginn der Wintervogelzählungen im Jahr 2011 seien die Gesamtzahlen gemeldeter Vögel um 2,5 Prozent pro Jahr zurückgegangen.

„Überlagert wird dieser langjährige Trend jedoch durch die Auswirkungen jährlich unterschiedlicher Witterungs- und Nahrungsverhältnisse“, so der Biologe Eppler. Grundsätzlich kämen in milderen Wintern, wie den letzten beiden, weniger Vögel in die Gärten, da sie auch außerhalb der Siedlungen noch genug Nahrung fänden. Dennoch fehlten im letzten Jahr viele Meisen und waldbewohnende Finkenarten, während sie in diesem Winter wieder in gewohnter Anzahl gesichtet wurden. „Erklären lässt sich dies vermutlich durch das von Jahr zu Jahr sehr unterschiedliche Angebot an Baumsamen in den Wäldern – nicht nur bei uns, sondern auch in den Herkunftsgebieten dieser Vögel in Nord- und Osteuropa. Je weniger Samen, desto größer der Zuzug von Vögeln aus diesen Regionen zu uns und desto eher nehmen diese Vögel naturnahe Gärten und Vogelfütterungen dankbar an“, so Eppler.

In der Rangliste der häufigsten Wintervögel haben sich Kohl- und Blaumeise den zweiten und dritten Platz hinter dem Haussperling zurückerobert. Hauben- und Tannenmeisen kamen im Vergleich zu 2017 sogar doppelt bis dreimal so häufig in die Gärten. Auch andere typische Waldvögel, wie Kleiber, Gimpel, Buntspecht und Eichelhäher wurden häufiger gemeldet. „Unsere größte Finkenart, der Kernbeißer, wurde besonders oft beobachtet“, sagt Eppler.

Entgegen dem insgesamt abnehmenden Trend der Wintervögel konnte bei einigen Vogelarten, die Hessen im Winter üblicherweise nur teilweise verlassen, ein deutlicher Trend zu vermehrten Überwinterungen festgestellt werden. Bestes Beispiel ist der Star, Vogel des Jahres 2018. Mit 2,71 Individuen pro Garten erzielte er in diesem Jahr mit Abstand sein bestes Ergebnis. Statt wie früher in jedem zehnten Garten wird er inzwischen bereits in jedem vierten Garten auch bei der Winterzählung angetroffen. Der Star reagiert damit auf die vermehrten milden Winter, die ihm eine Überwinterung näher an seinem Brutgebiet ermöglicht. Der Haussperling konnte auch 2018 seinen Platz als häufigster Gast am Futterhaus verteidigen. Unter den Top Ten der häufigsten Wintervögel hat die Amsel am stärksten verloren. Fast ein Drittel weniger Amseln als im Vorjahr wurden beobachtet. Damit rutschte sie in Hessen von Platz zwei auf Platz vier ab. „Ein Grund dafür könnte der für diese Vögel tödliche Usutu-Virus sein, der in den Jahren 2016 und 2017 zu Ausbrüchen in Teilen von Hessen geführt hat“, so Eppler. „Hier wartet der riesige Datenschatz der Stunde der Wintervögel aber noch auf eine genauere Analyse.“



X