„Wenn Musik die Nahrung der Liebe ist“

Liederabend mit Gerd Türk (Tenor) und Sam Chapman (Lautenist) in der evangelischen Immanuelkirche. Foto: Krüger

Königstein (sk) – Unter dem Titel „Anacreon‘s Lute – Airs and Songs from 16th and 17th Century England“ präsentierten am vergangenen Samstag in der evangelischen Immanuelkirche die international gefragten Künstler Gerd Türk (Tenor) und Sam Chapman (Lautenist) einen Liederabend der ganz besonderen Klasse. Dr. Thomas von Lingen, Vorsitzender des Fördervereins Kirchenmusik Königstein, zeigte sich sehr erfreut darüber, dass es dem Förderverein gelungen ist, derart hochkarätige Interpreten Alter Musik für ein Konzert in Königstein gewinnen zu können. Gerd Türk ist spezialisiert auf die Wiedergabe mittelalterlicher Musik. Über zehn Jahre war er Mitglied des Ensembles Cantus Cölln. Seine Darbietungen führten ihn an fast alle bedeutenden Bühnen der Welt. Nicht minder international bekannt ist der in England aufgewachsene Lautenist Sam Chapmann. Sein Studium der klassischen Gitarre führte ihn zur Renaissancelaute und dem Arciliuto, eine Erzlaute mit verlängertem Hals. Er tritt bei herausragenden Festivals für Alte Musik auf und bringt Musik der englischen Spätrenaissance auf die heutige Konzertbühne.

„Es ist ein Konzert der leisen Töne“, erläuterte Kantorin Katharina Götz zu Beginn das Programm des Abends und bat um sorgfältige Aufbewahrung des Beifalls bis zur Pause der künstlerischen Darbietung. Die teils sehr kurzen Stücke von Henry Purcell, John Dowland, Thomas Campion, Robert Jones wurden aufeinander folgend gespielt, einzig unterbrochen durch den Wechsel der Renaissancelaute mit dem Arciliuto. Erst zur Pause äußerte sich die Begeisterung der Zuhörer endlich in befreiendem Klatschen. Was denn der Titel „Anacreon‘s Lute“ überhaupt bedeute, werde Gerd Türk oft gefragt und schloss sogleich bei so manchem Zuhörer die geschichtliche Lücke: „Anakreon war ein griechischer Lyriker im 6. Jahrhundert vor Christus und lebte als angesehener Dichter am Hofe des Tyrannen Polykrates.“ Liebe, Wein und heitere Geselligkeit seien die Hauptthemen seiner Lieder. „Seine Verse entspringen dem Dreiklang aus Wein, Weib und Gesang“, fasste Gerd Türk kurz und bündig die Dichtkunst des antiken griechischen Poeten zusammen.

Viele Lieder stünden nicht in unmittelbarer Verbindung zu Anakreon, griffen aber seine Themen auf. Vornehmlich ginge es um die Musik, die Liebe, das Altern, das Trinken und um ein heiteres Lebensende, informierte der Tenor seine interessierten Gäste. Sam Chapman erklärte die Unterschiede zwischen Renaissancelaute und Arciliuto. Renaissancelaute bezeichnet eine Knickhals-Laute, wie sie in Europa zur Zeit der Renaissance in Gebrauch war. Charakteristisch dafür ist der tränenförmig zusammengesetzte Schallkörper. Am oberen Ende des Halses ist der Wirbelkasten nach hinten abgeknickt. Das Arciliuto hingegen weist einen verlängerten geraden Hals auf für die Verlängerung der meist verdoppelten Basssaiten, wodurch noch tiefer und satter klingende Töne entstehen.

Als Zugabe bedienten sich die beiden Interpreten eines populären englischen Trinkliedes um 1800, das einst unter dem Titel „To Anacreon in Heaven“ das Clublied der von 1772 bis 1792 bestehenden Anacreontic Society in London war. Das Stück weckte amüsierte Überraschung bei den Zuhörern, da das musikalische Thema durchweg bekannt war und sich als Melodie der Nationalhymne der USA entlarvte. Gerd Türk und Sam Chapman boten eine herausragende Leistung, die von den anwesenden Zuhörern gebührenden Beifall erhielt. Die nächste Veranstaltung unter dem Titel „Pfeifen und Flöten – Musik aus Moderne, Renaissance und Barock“ findet anlässlich der Mitgliederversammlung des Fördervereins Kirchenmusik e.V. am Mittwoch, 8. März um 19.30 Uhr statt.



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