Aus dem Takt – Therapie von Herzrhythmusstörungen

Die Veranstalter des Herzseminars: Dr. Gerhard Toepel (v.li.), Sonja Wessely und Sarah Schulze (beide Deutsche Herzstiftung) Annette Graf und Dr. Kurt Schmidt.

Königstein – Im Rahmen der Herzwochen 2014 veranstalteten die Deutsche Herzstiftung und die Klinik Königstein der KVB an der Sodener Straße ein Herzseminar. Das Thema des Abends hieß „Aus dem Takt – Herzrhythmusstörungen und deren Therapie“. Dr. Gerhard Toepel, Chefarzt der KVB-Klinik Königstein, begrüßte rund 160 Interessierte im gut besetzten Vortragssaal mit einer Einführung in das Thema und das Programm des Abends. Er wies darauf hin, dass es eine große Anzahl von unterschiedlichen Herzrhythmusstörungen gibt. Nicht alle Arten von Herzrhythmusstörungen seien gefährlich.

Manche, wie zum Beispiel das Vorhofflimmern, seien an sich harmlos, könnten aber schlimme Folgen haben wie einen Schlaganfall. Die Aufgabe der Ärzte sei es, die gefährlichen Herzrhythmusstörungen von den ungefährlichen zu unterscheiden. Die gefährlichen Herzrhythmusstörungen müssen behandelt werden. Die ungefährlichen könne man teilweise ignorieren oder ohne Medikamente zum Beispiel mit autogenem Training behandeln.

Im ersten Vortrag erklärte Dr. Toepel, Kardiologe und auch Notfallmediziner, die normale elektrische Reizbildung und -leitung im Herz und die Grundlagen der Darstellung der elektrischen Spannungen vom Herz im EKG. Er stellte EKG-Ableitungen mehrerer Herzrhythmusstörungen vor und erklärte, was bei diesen im Herzmuskel passiert.

So stehe das Herz bei dem gefürchteten Kammerflimmern, welches nicht mit dem Vorhofflimmern verwechselt werden dürfe, funktionell still.

Der Herzmuskel zittert hier nur noch und könne nicht mehr pumpen. Die Herzfunktion sei somit aufgehoben. Eine Blutdruckwelle, die den fühlbaren Puls verursacht, wird dann nicht mehr aufgebaut. Das Gehirn und die anderen Organe werden nicht mehr mit Sauerstoff versorgt.

Der Patient wird bewusstlos und verstirbt, wenn nicht mit einem Elektroschock vom Defibrillator diese Situation kurzfristig beendet werden kann. Dr. Toepel zeigte auf, wie die Diagnose einer Herzrhythmusstörung gestellt wird.

Nach Erheben der Krankengeschichte wird der Arzt den Patienten körperlich untersuchen und zunächst als erste technische Untersuchung ein Ruhe-EKG, dann ein Belastungs-EKG und schließlich ein 24-Stunden-EKG ableiten. Es trete immer wieder die Situation auf, dass der Arzt keine Herzrhythmusstörungen findet, obwohl der Patient Herzstolpern empfindet und auch beschreibt. In einem solchen Fall könne man die spezielle Technik eines Ereignisrecorders nutzen, der mit nur geringer Beeinträchtigung des Patienten mit einer Spritze unter die Haut der Brustwand implantiert werden kann. So kann das EKG über Monate aufgezeichnet werden, bis die empfundene Herzrhythmusstörung dokumentiert wird. Eine weitere Möglichkeit, die Diagnose zu stellen, bestehe in der Ableitung der Elektrizität des Herzens über einen speziellen Herzkatheter in der so genannten elektrophysiologischen Untersuchung. Erst nach der Stellung einer Diagnose sei zu klären, ob bzw. welche Therapie notwendig sei.

Neben Medikamenten gegen Extraschläge oder Herzrasen kann gegen zu langsame Herzrhythmusstörungen ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Herzschrittmacher seien in ihrer Technik heute viel differenzierter und besser auf die Bedürfnisse der Patienten angepasst als noch bei dem ersten Herzschrittmacherpatienten 1958 in Schweden. Die Ursache von Herzrhythmusstörungen kann sehr vielfältig sein. Verschiedene Herzkrankheiten, wie zum Beispiel Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, Bluthochdruck oder eine Herzmuskelentzündung, können ursächlich sein. Auch Herzklappenfehler, Schilddrüsenerkrankungen, übermäßiger Alkohol- oder Kaffeegenuss und Nikotin, aber auch Freude, Angst oder Stress können Herzrhythmusstörungen auslösen.

Die Zeichen, an denen der Patient die Rhythmusstörung selbst erkennt, reichen von völlig beschwerdefrei über innere Unruhe bis zum Herzrasen mit Atemnot, Brustenge- und Angstgefühl. Auch beim Blutdruckmessen kann ein unregelmäßiger Puls bemerkt werden. Beschwerdefreiheit sei manchmal gefährlich, weil man sich eventuell in falscher Sicherheit wiege.

Sinnvoll sei, sich ein EKG schreiben zu lassen. Aus diesem Grund gab es für die Besucher vor den Vorträgen und in der Pause die zahlreich genutzte Möglichkeit, bei der Leitenden MTA, Annette Graf, ein kurzes Rhythmus-EKG schreiben zu lassen. Dieses wurde vor Ort von den anwesenden Ärzten ausgewertet.

Nach der Pause erläuterte Oberarzt Dr. Kurt Schmidt die Zusammenhänge von Vorhofflimmern und dem Schutz vor einem Schlaganfall durch Gerinnungshemmung. Er erklärte die Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall unter verschiedenen Risikosituationen. Die Schlaganfallgefahr sei der Blutungsgefahr individuell bei jedem Patienten gegenüberzustellen. Die Schlaganfallgefahr sei meistens höher und dann sei eine Blutverdünnung mit einem Gerinnungshemmer angezeigt. Bei der klassischen, sehr gut untersuchten Methode mit dem Wirkstoff Phenprocumon (Marcumar oder Falithrom) könne man die Gerinnbarkeit des Blutes sehr gut messen. Dr. Schmidt erklärte, den Gerinnungsbereich könne man so einstellen, dass man einerseits vor einem Schlaganfall, aber auch andererseits vor einer Blutung geschützt sei. Bei einer Blutung kann man kurzfristig durch Verabreichung von Gerinnungsfaktoren aus Spenderblut die Blutung stoppen.

Die Therapie mit Phenprocumon sei aber sehr träge. Bei einem geplanten Eingriff müsse man dies vorher absetzen und mit Heparinspritzen überbrücken. Die von früher bekannten Diätvorschriften unter der Einnahme von Phenprocumon seien heute nicht mehr notwendig. Wichtig sei, den Gerinnungswert regelmäßig zu messen. Die neuen Gerinnungshemmer haben einen anderen Wirkungsansatz. Sie haben den Vorteil, dass sie kürzer wirken und dadurch die Überbrückung bei chirurgischen Eingriffen leichter ist.

Die Gerinnungsmessung braucht man hier nicht durchzuführen. Es gibt allerdings auch keine für den Praxisalltag geeignete Messmethode. Ein Nachteil ist, dass die Wirkung bei Blutungen nicht abrupt durch die Übertragung von Gerinnungsfaktoren beendet werden kann.

Da es mehrere verschiedene Wirkstoffe mit unterschiedlicher Wirkdauer gibt, kann man einen individuell geeigneten Wirkstoff für einen Patienten aussuchen. Bei schlechter Nierenfunktion sind die neuen Wirkstoffe nur eingeschränkt nutzbar. Bei künstlichen mechanischen Herzklappen sind sie nicht geeignet.

Die Interessierten nutzten nach den Vorträgen die Gelegenheit für zahlreiche Fragen an die Referenten. Für weitere Informationen: www.herzstiftung.de.

Vor den Vorträgen und in der Pause nutzten zahlreiche Besucher die Möglichkeit, bei der Leitenden MTA, Annette Graf, ein kurzes Rhythmus-EKG schreiben zu lassen. Dieses wurde vor Ort von den anwesenden Ärzten ausgewertet.

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