Alexander Kristoff setzt mit viertem Sieg in Folge neue Maßstäbe

Das Hauptfeld jagt am Mammolshainer Berg der Ausreißergruppe hinterher.

Königstein (pu/kw) – Das hätte zweifellos kein Drehbuchautor besser ersinnen können. Seit fünf Jahren wird der deutsche Frühjahrsklassiker „Eschborn-Frankfurt“ von einem Norweger namens Alexander Kristoff (UAE Team Emirates) dominiert. Landete der inzwischen 30-jährige bei seinem ersten Start 2012 noch auf dem sechsten Platz, gelang ihm bei der 57. Auflage des Radrennens am 1. Mai mit seinem vierten Sieg in Folge erneut das Kunststück mithilfe einer ausgeklügelten Mannschaftstaktik die Konkurrenz in Schach zu halten. Als alleiniger Rekordhalter neue Maßstäbe setzend ist ihm mit diesem Husarenritt ein Platz in der ewigen Bestenliste des Radklassikers sicher.

Nach 212,5 Kilometern ließ der Europameister im Sprint einer noch 25 Fahrer starken Gruppe den Australier Michael Matthews (Team Sunweb) und den Belgischen Meister Oliver Naesen (AG2R La Mondiale) hinter sich und feierte seinen dritten Saisonsieg. „Ich habe Geschichte geschrieben und bin super glücklich darüber. Mein Team hat sein Bestes gegeben, um mich in Position zu bringen“, rückte Kristoff den großen Anteil seiner Mannschaftskollegen am Erfolg in den Vordergrund, denn wie er später in den Interviews einräumte, ging die nochmalige Verschärfung der Strecke mit den schweren und mit zehn Anstiegen gespickten Taunus-Schleifen auch am schnellen Skandinavier alles andere als spurlos vorbei. „Ich habe auf den beiden neuen Runden kämpfen müssen, die waren wirklich schwer. Ich fiel zurück, kam aber mit Hilfe meiner Mannschaftskollegen zurück!“ Die offensichtlich während des Aufenthalts im Hauptfeld bis kurz vor Zielankunft gesparten Kräfte gaben letztendlich gegenüber der Konkurrenz den entscheidenden Ausschlag.

Insgesamt hatten sich 140 Fahrer aus 20 Teams für die Teilnahme gemeldet, darunter auch elf deutsche Elitefahrer, die natürlich besonders motiviert waren, dem norwegischen Seriensieger bei ihrem Heimspiel ein Schnippchen zu schlagen. Im Vorfeld war unter anderem der Vorjahres-Zweite Rick Zabel (Team Katusha-Alpecin) hoch gehandelt worden, der letztendlich allerdings keine entscheidende Rolle spielen konnte. Ähnlich erging es dem 14-fachen Etappensieger der Tour de France, Marcel Kittel (Team Katusha-Alpecin), der schon bei der zweiten Überquerung des berühmt-berüchtigten Mammolshainer Bergs den Tücken dieses Anstiegs Tribut zollen musste. Bereits einige Tage vor dem Startschuss des legendären Mairennens hatte der letztjährige Dritte John Degenkolb (Trek-Segafredo) wegen einer Knieverletzung die Segel streichen müssen. Als bester Deutscher finishte Emanuel Buchmann (Bora-hansgrohe) auf dem 18. Rang,

Rennverlauf

Bei Sonnenschein und Temperaturen von 15 Grad dauerte es rund 25 Kilometer, bis das Feld einer siebenköpfigen Ausreißergruppe freie Fahrt gewährte. Daniel Teklehaimanot (Cofidis), Alexejs Saramotins (Bora-hansgrohe), David Tanner (Verandas Willems-Crelan), Floris Gerts (Roompot-Nederlandse Loterij), Yukiya Arashiro (Bahrain-Merida), Antoine Warnier (WB Aqua Protect) und Aaron Gate (Aqua Blue Sport) fuhren sich einen Vorsprung von 4:40 Minuten auf das Feld heraus. Bei der zweiten Überquerung des 2,3 Kilometer langen und bis zu 23 Prozent steilen Mammolshainer Bergs, gelang Gregor Mühlberger (Bora-hansgrohe), Michael Gogl (Trek-Segafredo) und Björg Lambrecht (Lotto Soudal) der Anschluss zur Spitze, aus der Teklehaimanot herausgefallen war. Danach gelang weiteren Fahrern der Anschluss, ehe die Gruppe nach der vierten und letzten Überfahrt über den Mammolshainer nur noch aus Gogl, Lambrecht, Mühlberger, Emanuel Buchmann (Bora-hansgrohe), Simon Spilak (Katusha-Alpecin), Grega Bole (Bahrain-Merida), Laurens De Plus (Quick-Step Floors) und Julien Bernard (Trek-Segafredo) bestand.

Auf den letzten 40 Kilometern startete das Feld, das zwischenzeitlich 1:35 Minuten hinter der Spitzengruppe lag, eine erfolgreiche Aufholjagd, stellte zunächst eine sechsköpfige Verfolgergruppe um Matthews, die sich bei der finalen Überquerung des Mammolshainers gebildet hatte, und fing mit Spilak, Buchmann, Bernard und Bole drei Kilometer vor dem Ziel auch die letzten Ausreißer ein.

Den größten Verdienst dafür durfte sich Quick-Step Floors auf seine Fahnen schreiben, denn die Helfer von Fernando Gaviria gaben alles, um ihrem Kapitän den Sprint zu ermöglichen. Der Kolumbianer allerdings verlor in der letzten Kurve den Überblick, fuhr in die falsche Richtung und büßte so alle Chancen ein. Der hinter Gaviria fahrende Sam Bennett (Bora-hansgrohe) musste kurz abbremsen, eröffnete als Erster den Sprint, doch Kristoff zog vom Hinterrad des Iren souverän zum Sieg, den auch der stark aufkommende Matthews nicht mehr verhindern konnte.

Mammolshainer Bilanz

Ausnahmezustand einmal mehr durch das Großevent in Mammolshain. Die eh mit der Veranstaltung verknüpften logistischen Herausforderungen unter anderem durch große Präsenz von TV und Radio und Besuchermassen zählen dort schon zum gewohnten Bild. Dieses Mal waren allerdings im Vorfeld zusätzlich Befürchtungen laut geworden, die erstmals stundenlangen Straßensperrungen könnten negative Auswirkungen nach sich ziehen. Nach ersten vorliegenden mit aller Vorsicht zu genießenden Informationen hielten sich diese allerdings offenbar in Grenzen.

„Ganz klar, heute morgen bei der Durchfahrt der Amateure war so gut wie gar nichts los, aber seit 13 Uhr können wir uns über Langeweile nicht beschweren“, so die Zwischenbilanz von Michael Schiffmann, dem Mannschaftssprecher der Freiwilligen Feuerwehr Mammolshain auf entsprechende Nachfrage der Königsteiner Woche. Über den Tag verteilt hatten rund 30 Personen alle Hände voll zu tun, die zur Verfügung stehenden 1.500 Grillwürste an die hungrigen Radfans zu bringen beziehungweise mit Getränken den Durst der Besucher zu stillen. Dazu kamen Aufbau und später Abbau, aber natürlich meisterte die Feuerwehr alles in gewohnt meisterhafter Manier beim spektakulären Radsportereignis im Taunus.

Zum wiederholten Mal weilte Dieter „Didi“ Senft (links), Radsportfans als El Diablo bekannt, in Mammolshain. Er wird auch dieses Jahr wieder zur „Tour de France“ reisen, am Dienstag erfüllte er zahlreiche Bitten für gemeinsame Fotos mit Fans.
Fotos: Puck

Weitere Artikelbilder



X