„Grüße aus Mammolshain“ – Ausstellung historischer Ansichtskarten gibt Einblicke in vergangene Zeiten

Bernd Hartmann (Mitte), der Erste Vorsitzende des Mammolshainer Heimatvereins, erklärte gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Ingrid Reimer (Zweite von rechts) die Bebilderungen der vielen historischen Ansichtskarten. Foto: Fuchs

Mammolshain ( efx ) – Wer kennt sie nicht, die schönen, bunt kolorierten Ansichtskarten, die Grüße aus der Ferne an die Lieben zu Hause übermitteln? Viele, teilweise schon über hundert Jahre alte Ansichts- und Grußkarten, hat der Mammolshainer Heimatverein über die letzten Jahre angesammelt und archiviert.

Mit viel nostalgischem Flair und chronologisch geordnet, konnte man sie nun im Dorfgemeindehaus in der Ausstellung „Grüße aus Mammolshain“ bestaunen und die Entwicklungen des Ortes in bunten Facetten erleben.

Bernd Hartmann, der Erste Vorsitzende des Vereins, kennt sich in der Historie Mammolshains bestens aus. Er führte gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Ingrid Reimer durch die Ausstellung.

Dabei erfuhr der Betrachter zunächst einmal den Unterschied zwischen Postkarten, Lithografien und Ansichtskarten. Die Postkarten, also rechteckige, gelblich-weiße, vorfrankierte Blanko-Karten aus Karton, die reine Mitteilungen in standardisierten Schriftfeldern per Post weiterleiteten, gelten als die Vorläufer der später bebilderten Ansichts- und Grußkarten. Denn diese ehemals „Correspondenzkarten“ genannten Karten wurden im Wandel der Jahre mit Motiven verziert und erfreuten sich großer Beliebtheit.

Anfänglich beauftragten Ansichtskartenverlage verschiedenste Künstler und Lithografen, die Karten zu illustrieren. Ein Grund für die zunehmend größere Beliebtheit solcher Karten war der Einsatz der Chromolithografie, die bunte, statt nur schwarz-weiß bedruckte Karten ermöglichte. Auch der wachsende Tourismus, der durch den Massenverkehr entstand, steigerte die Attraktivität solcher Ansichtskarten.

Später wurden die Lithografie-Karten durch Fotopostkarten ergänzt. Letztere lösten die Lithografie-Karten im Laufe der Zeit langsam ab. Bernd Hartmann erklärt: „Die ersten Litho-Karten gab es um 1894. Unsere älteste hier ausgestellte Karte ist aus dem Jahr 1898.“

Dass überhaupt so viele Ansichtskarten von Mammolshain existieren, ist kein Zufall. Mammolshain war seinerzeit ein äußerst beliebter Luftkurort und wurde nicht nur von wohlhabenden Frankfurter Familien gerne als Rückzugsort genutzt, um neue Energie zu tanken. Die schneebedeckten Taunushänge luden im Winter Gäste von nah und fern zum Verweilen ein. Dies tat man dann in der Regel in kleinen gemütlichen Gasthöfen und Pensionen, die in den Wintermonaten mit hauseigenem Schlittenverleih die Gäste zum Rodeln einluden. Damit erwarben sich die Gastwirte auch in der kalten Jahreszeit ein kleines finanzielles Zubrot.

Im Frühling und Sommer war Mammolshain ein wahres Naturrefugium und lockte mit kleinen, liebevoll angelegten Äppelwoi-Wirtschaften zum Verweilen ein. Wandervögel rasteten hier auf ihren Wegen durch die steilen Hänge und erholten sich bei einem „Schöppche“. Aber auch Künstler und Kurgäste saßen gerne im Schatten der Bäume an kleinen Holztischchen und ließen ihren Gedanken freien Lauf. Manche Künstler der Kronberger Malerkolonie saßen bei Wein im Schatten der Bäume und nutzten den weitläufigen Panoramablick von Mammolshain nach Frankfurt als Kulisse.

„Früher hat man in kleineren Gemeinden oft Gasthäuser auf Ansichtskarten abgebildet“, weiß der Erste Vorsitzende des Heimatvereins. „Da nicht alle Ortschaften Burgen oder markante Bauwerke hatten, nutzte man Gasthöfe oder hübsche Gartenwirtschaften als Bildmotive“, so Hartmann. Dies zeigt auch die Mammolshainer Ausstellung. Eine Reihe bunter, detailreich bebilderter Karten, zeigt Ansichten des Hotels Nassauer Hof, des bekannten Gasthauses Zum Adler oder des Gasthofs Hardtberg, die zum Teil bereits im 19. Jahrhundert gegründet wurden. Hier saß man in froher Runde gemeinsam bei einem Glas Süßen und erfreute sich der guten Luft und Natur.

Die Karten wurden vom Wirt an der Theke verkauft und so konnte man die Atmosphäre in Schrift und Bild direkt vor Ort einfangen und in die Heimat senden. Nach und nach nutzte man auch die ansprechenden Landschaften der Region, um neue Motive für die beliebten Grußkarten zu erhalten. Auch diese Motive konnten im Rahmen der Ausstellung eingesehen werden. So wurden verschiedenste Feld- und Wanderwege durch die Gemarkung Mammolshain auf Ansichtskarten abgebildet, die dann zu Erinnerungszwecken erworben wurden.

Die Karten bieten einen reizenden Überblick über den Wandel der Jahre. Nicht nur die alten Gebäude- und Naturaufnahmen lassen den Betrachter in die Zeit der Jahrhundertwende hineinblicken. Auch Ansichtskarten der ehemals in Mammolshain vorzufindenden Marienkapelle, die einst an Ort und Stelle der heutigen Kirche Sankt Michael stand, sind zu bestaunen. Noch in den sechziger Jahren konnte man Grußkarten für zwanzig Pfennig käuflich erwerben.

Die Besucher im Gemeindehaus lauschten interessiert den Hintergrundinformationen, die ihnen Bernd Hartmann zur näheren Erläuterung der Karten gab. Der Heimatverein hat über die Jahre auch viele alte Fundstücke über die Geschichte Mammolshains gesammelt, die dauerhaft im Dorfgemeinschaftshaus ausgestellt sind und einen Überblick über das Leben und die Tradition des Ortsteils geben. Diese Exponate ergänzten die Ausführungen des Ersten Vorsitzenden hervorragend. So konnte man Fundstücke wie Bembel, Tassen oder Teller, die auch in den erwähnten und auf den Karten abgebildeten Gasthäusern und Gartenwirtschaften eingesetzt wurden, bestaunen.

Leider nahm die Nachfrage nach dem Erwerb von Ansichtskarten im Laufe der Jahre immer weiter ab. „Man hatte ja dann die Fotografie und jeder seine eigene Kamera, so dass man selbst alles bildlich festhalten konnte“, erklärte Bernd Hartmann. So wurden dann in den siebziger Jahren die letzten Mammolshainer Grußkarten gedruckt und verkauft. Danach verschwanden sie aus den Regalen der kleinen Lebensmittelgeschäfte und Gasthäuser Mammolshains.

Nicht zuletzt deshalb ist die Ausstellung „Grüße aus Mammolshain“ so sehenswert, zeigt sie doch detailreich und mit vielen liebevollen Abbildungen einen zeitlichen Abriss des kleinen, feinen Stadtteils, der nicht umsonst ob seiner sonnenverwöhnten Lage bereits in der Historie als „Königsteins Fenster zum Süden“ bezeichnet wurde.



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