Das Jugendkonzept des FC Mammolshain wirkt

Louis Kopp lehrte die Erwachsenen mit seinen Distanzschüssen das Fürchten.

Mammolshain – Die Saison ist beendet, und die Jugend-Mannschaften des FC Mammolshain haben trotz geringer Mannschaftsstärken durchweg positiv abgeschnitten. Grund genug für die KöWo, bei den Jugendleitern des FC Mammolshain, Theo Parpan und Ralph Krüger, nachzufragen, was genau das Erfolgsrezept der Mammolshainer ist.

KöWo: Herr Parpan, es gab eine Zeit, da sind die Gegner nach Mammolshain gefahren, um etwas für ihr Torkonto zu tun. Doch die Ergebnisse in dieser und auch der vergangenen Saison lassen vermuten, dass diese Zeiten vorbei sind. Was ist geschehen?

Theo Parpan (lacht): Ganz so, wie Sie es schildern, war es in der Vergangenheit auch nicht! Auch früher schon wurde die Jugend in Mammolshain gut ausgebildet. Trainer wie z.B. Jochen Dietz haben mit ihren Mannschaften hervorragende Arbeit geleistet und auch die eine oder andere Meisterschaft errungen. Doch Sie haben Recht: Insbesondere bei den jungen Mannschaften gab es eine Zeit, wo wir nicht so erfolgreich waren und die Spiele eher frustrierend für unsere Jungs endeten.

KöWo: Das ist jetzt offensichtlich anders. Wie haben Sie das angestellt?

Ralph Krüger: Es begann damit, dass wir vor ca. fünf Jahren ein Jugendkonzept entwickelt haben, mit dem unsere Spieler mit Spaß lernen sollten, erfolgreich Fußball zu spielen. Der Fragestellung hinter dem Konzept war recht einfach: Welche Fähigkeiten braucht ein Kind/ Jugendlicher, um mit Spaß erfolgreich Fußball zu spielen und wie können wir ihm/ihr diese best- und schnellstmöglich vermitteln?

Theo Parpan: Das Resultat aus dieser umfangreichen Analyse waren sieben Fußball-Kompetenzen wie z.B. Grundtechnik, Passspiel, Positionsspiel, mehrere Soft Skills wie positive Kommunikation und Teamgeist, aber auch klassische Werte wie z.B. Fleiß, Ehrgeiz und Disziplin.

KöWo: Das hört sich jetzt per se noch nicht revolutionär an. Was unterscheidet Ihr Jugendkonzept denn von dem anderer Vereine?

Ralph Krüger: In Neudeutsch würde man sagen: Die Operationalisierung. Wir haben also diese übergeordneten Erfolgsfaktoren in über 200 Einzelfähigkeiten aufgebrochen, die unsere Spieler über die Zeit lernen sollen. Dazu gehört z.B. „den Ball in den freien Raum mitzunehmen, nicht totstoppen“, „den dribbelnden Angreifer auf dem starken Fuß angreifen“ usw. Klingt vielleicht kompliziert und zu detailliert, ändert aber alles!

Theo Parpan: Denn auf einmal können wir nun die Fähigkeiten jedes einzelnen Spielers ganz konkret bewerten und ein Stärken-/ Schwächenprofil erarbeiten, sowohl für den einzelnen Spieler, als auch übergeordnet für die gesamte Mannschaft.

Ralph Krüger: …und das erlaubt uns wiederum, ganz individuelle, auf die Stärken und Schwächen zugeschnittene Trainingseinheiten und –programme zu entwickeln, die jedes einzelne Kind gezielt fördern. Das macht die Kinder und Jugendlichen nicht nur besser, sondern ihnen auch Spaß!

KöWo: Das hört sich ja fast wissenschaftlich an. Ist das nicht etwas übertrieben?

Theo Parpan: Uns ging und geht es darum, über die Trainingsinhalte und -methoden eine schnellere Weiterentwicklung unserer Spieler und Mannschaften zu erreichen, als es den anderen Vereinen gelingt.

Ralph Krüger: … und das Ganze trotz einer meist deutlich geringeren Kadergröße, die bedingt, dass man sich nicht einfach nur die besten rauspicken kann, sondern jeden einzelnen entwickeln muss.

Theo Parpan: Wenn es also darum geht, einen Rückstand aufzuholen bzw. eine Mannschaft schneller zu entwickeln als die Konkurrenz, dann reicht es nicht, genauso hart und mit den gleichen Methoden zu arbeiten wie die Konkurrenz. Wir brauchen also Innovation!

KöWo: Moment mal … sprechen wir über Business oder das Trainieren einer Jugendmannschaft?

Ralph Krüger: Wir sprechen darüber, dass es Innovation braucht, um Rückstände aufzuholen und Gegner zu überholen. Genau das haben wir gemacht! So haben wir z. B. trotz Kopfschüttelns einiger „arrivierter Trainer“ auf Basis der DFB-Standardwerke ein maßgeschneidertes Taktiktraining für unsere Jugendmannschaften entwickelt. Mit Powerpoint-Folien und Beamer erklären wir den Kindern anhand von Bildern, wie sie sich individual-, gruppen- und mannschaftstaktisch in gewissen Situationen erfolgreicher verhalten.

Theo Parpan: Das Faszinierende daran war, dass die Kinder nach einer gewissen Gewöhnungsphase selbst zu Taktikexperten wurden: Sie erkannten Defizite im eigenen Spiel oder teilweise sogar in Spielen, die im Fernsehen übertragen wurden und konnten konkrete Lösungsvorschläge machen. Und nicht zu vergessen: Sie haben einen Riesenspaß, wie die Großen über Fußball zu diskutieren und Zusammenhänge auf dem Feld besser zu verstehen.

KöWo: Aber Theorie ist sicherlich nicht alles, oder?

Theo Parpan: Selbstverständlich nicht. Es geht natürlich auch darum, das theoretisch Gelernte mit geeigneten Übungen umzusetzen. Dazu gehört die Umsetzung von taktischen Vorgaben, das schnelle Erkennen gewisser Spielsituationen oder auch die Ausführung von standardisierten Spielzügen. All das, was man auch bei den „Großen“ versucht zu perfektionieren.

KöWo: Nun ist der FC Mammolshain vom Anspruch und der Ausstattung her ja kein Proficlub…

Ralph Krüger: Natürlich nicht! Aber das heißt ja nicht, dass man nicht mit einem professionellen Anspruch, alles so gut wie irgend möglich zu machen, an eine solche Aufgabe herangehen sollte. Und das tun alle unsere Jugendtrainer mit vollem Einsatz!

KöWo: Und wie geht es weiter?

Theo Parpan: Unser nächster Schritt ist tatsächlich die weitere „Professionalisierung“ unserer Teams. So werden wir z.B. in einem unserer Teams testen, wie sich eine komplett einheitliche Bekleidung nicht nur beim Spiel, sondern auch im Training (Winter und Sommer) positiv auf den Teamgeist und die Leistungsfähigkeit auswirkt. Auch der multimediale Aspekt zur Vermittlung von Trainingsinhalten soll weiter ausgebaut werden, um wieder einen großen Sprung in der Leistung unserer Teams zu erreichen.

KöWo: Aber das hört sich so an, als ob das auch einiges kostet. Wie finanzieren Sie das alles?

Ralph Krüger (lacht): Sicher nicht durch unsere im Verhältnis sehr günstigen Mitgliedsbeiträge! Nein, Spaß beiseite: Wir haben sehr engagierte Eltern, die unsere Arbeit hervorragend zeitlich und finanziell unterstützen. Sie tun das einerseits sicher, weil auch unser persönliches Engagement für ihre Kinder teilweise extrem ist, andererseits aber bestimmt auch, weil ihre Kinder aufgrund unseres Fokusses auf Werte und Soft Skills hier mehr lernen als nur Fußballspielen.

Theo Parpan: Ja, auf eine erfolgreiche Fußballerkarriere allein kann man heutzutage sicher nicht mehr setzen, bei all der starken Konkurrenz und der guten Nachwuchsarbeit in den Nachbarclubs (lacht).

KöWo: Ich danke Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen weiterhin viel Spaß und Erfolg mit Ihren Teams.



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