GRÜNE wollen „Bertha Bracey-Platz“

Falkenstein – Der bisher unbenannte Platz in der Straße „Alt-Falkenstein“ soll nach Vorschlag des Ortsverbands Königstein/Glashütten von Bündnis90/Die Grünen künftig „Bertha Bracey-Platz“ heißen. Einen entsprechenden Antrag hat der Stadtverordnete und Vertreter der GRÜNEN im Ortsbeirat Falkenstein, Peter Völker-Holland, zur jüngsten Ortsbeiratssitzung eingebracht. Der Platz schräg gegenüber dem ehemaligen Hotel „Frankfurter Hof“ wird teilweise noch als „Ruppelplatz“, „Brunnenplatz“ oder als „Platz gegenüber der Versicherung“ bezeichnet.

„Schritt für Schritt wurde der Platz in Alt-Falkenstein durch den historischen Brunnen, eine schöne Bepflanzung, eine Parkbank und zuletzt durch den Bücherschrank aufgewertet. Es ist an der Zeit, diesem Falkensteiner Schmuckstück jetzt einen passenden Namen zu geben“, erklärt Völker-Holland die Idee zu dem Vorstoß.

Der Name Bertha Bracey ist eng mit dem Frankfurter Hof verknüpft. Die englische Lehrerin und Quäkerin Bertha Bracey überzeugte 1933 den Hotel-Besitzer Jean Schmitt, im Durchschnitt fünf bis sechs Zimmer im Haus an das von ihr maßgeblich initiierte Rest Home Projekt (Erholungsheim-Projekt) zu vermieten. Ab 1933/34 wurde so aus dem Haus ein von englischen Quäkern im Geheimen betriebenes Erholungsheim für Verfolgte des Naziregimes. Es waren Gegner des Nationalsozialismus, die oft gerade aus einem Gefängnis oder Konzentrationslager entlassen worden waren. Im Rest Home wurden die Gäste körperlich und seelisch wieder gestärkt und bei ihrer Emigration unterstützt. Dabei spielte ihre politische Ausrichtung oder ihre Konfession keine Rolle. Insgesamt 800 Personen wurden im Rahmen des mutigen Projektes beherbergt, bis es 1939 beendet wurde.

Der bekannteste Gast war Ernst Reuter, der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete, der gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte. Er kam im Frühjahr 1934 direkt nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager Lichtenburg nach Falkenstein. Der Aufenthalt verschaffte ihm eine kurze Erholung, bevor er im Juni 1934 erneut inhaftiert wurde. 1935 konnte mit Unterstützung der Quäker seine Entlassung aus der Haft erwirkt und seine Emigration über England in die Türkei organisiert werden. Heute ist der Sozialdemokrat Ernst Reuter vor allem als Oberbürgermeister und als der erste „Regierende Bürgermeister“ von West-Berlin bekannt.

Bertha Bracey hat als eine der vielen Quäkerinnen die Rest Home-Bewegung für politisch Verfolgte in Deutschland getragen. Kurz vor Kriegsende hat sie die Evakuierung der überlebenden Waisen des Konzentrationslagers Theresienstadt nach England organisiert. 1946 wurde sie von der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland zur Verantwortlichen für Flüchtlingsangelegenheiten ernannt; später war Bracey in der britischen und in der amerikanischen Zone für Frauenfragen zuständig. Diese Tätigkeit übte sie bis zum Ausscheiden im Jahre 1953 im Alter von 60 Jahren aus. Bertha Bracey wurde für ihren Einsatz für Flüchtlinge mit dem „Order of the British Empire“ ausgezeichnet. Sie verstarb 1989 mit 96 Jahren, geehrt wegen ihrer bescheidenen Art mit großer humanitärer Wirkung.

„Es ist den GRÜNEN Königstein Verpflichtung, Bertha Bracey und ihrem humanitären Engagement in Ehren zu erinnern und es vor dem Vergessen zu bewahren. Wo, wenn nicht gegenüber dem Erholungsheim im historischen Gebäude des Hotels Falkensteiner Hof, könnte Königstein ihrer passender gedenken. Deshalb sollte dieser zentrale Platz in Falkenstein nach Bertha Bracey benannt werden. Eine Gedenktafel soll über die segensreiche Wirkungsstätte des im Hotel Falkensteiner Hof verborgenen Rest Home für Verfolgte des Nationalsozialismus und die Unterstützung durch dessen Besitzer Jean Schmitt informieren“, unterstreicht Parteisprecherin Dr. Bärbel von Römer-Seel. (pu)

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