„Was würde Jesus dazu sagen?“: Pazifist Gerd Bauz referierte über „Zivile Sicherheitspolitik“

Gerd Bauz vertritt den „logischen Pazifismus“. Foto: Scholl

Falkenstein (gs) – Im Rahmen des „Falkensteiner Dialogs“ durfte Pfarrer Daniel Lenski Gerd Bauz, überzeugter Pazifist und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Martin-Niemöller-Stiftung, im Arno-Burkhardt-Saal begrüßen. Bauz ist Diplom-Pädagoge und war langjähriger Leiter des Beratungsinstituts IPOS der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Der Titel der Veranstaltung ging zurück auf Martin Niemöller, der mit der einfachen Frage „Was würde Jesus dazu sagen?“ die Kirchenpolitik seiner Zeit immer wieder kritisch hinterfragte. Bauz schloss sich dieser Haltung an und ging noch einen Schritt weiter, indem er sich mit der Haltung der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Frage der gegenwärtigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik kritisch auseinandersetzte.

Hoffnungsvoller Ansatz

Gerd Bauz nahm die Studie „Zivile Sicherheitspolitik – Sicherheit neu denken“ der Evangelischen Landeskirche in Baden als Grundlage, um seine Aufforderung an die Gesellschaft zur Schaffung einer nicht-militärischen Sicherheitspolitik zu untermauern. Es handelt sich bei der Studie um ein Projekt, als dessen Botschafter sich Bauz versteht.

Das Projekt zeigt den Weg auf – weg von einer militärischen, hin zu einer zivilen Sicherheitspolitik. Es wurde über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren erarbeitet und gilt als hoffnungsvoller Ansatz zum Thema „Krieg und Frieden“. Bauz verwies gleich zu Beginn auf eine Aussage Niemöllers, der zum Thema Waffengewalt sagte: „Fragst du Jesus, so antwortet er nicht: Schmeiß die Atombombe!“ – Eine Aussage, die jedem sofort einleuchtet, die die Menschen in ihrem sicherheitspolitischen Denken jedoch gerne außer Acht lassen.

Daraus entwickelt sich die grundlegende Frage – Warum ist das so? Bauz bezeichnete diese Form der Argumentation als „logischer Pazifismus“, denn der Aussage würde faktisch niemand widersprechen und die Begründung „die Anderen rüsten doch auch!“ lässt Bauz als Argument für Rüstungsinvestitionen nicht gelten – denn genau diesen Ansatz gelte es zu durchbrechen, um zu einer zivilen Sicherheitspolitik zu finden.

Kriegsanlässe zivil bearbeiten

In einem positiven Szenario zur Umsetzung des Projektes wären immer mehr Länder bereit, ihre Armeen abzuschaffen, darüber hinaus Ressourcen zu sparen und damit eine Wohlstandssteigerung für alle (Bevölkerungen) zu erreichen. Unvermeidbare Konflikte würden darüber hinaus zivil bearbeitet und gelöst. In einem Trendszenario ging Bauz davon aus, dass steigende Rüstungsausgaben zu mehr Hunger und Verelendung führen und somit vermehrt Gewaltkonflikte und Terror auslösen würden. In seiner negativsten Konsequenz könnte ein solches Szenario zu „versehentlichen“ Kriegen oder der Eskalation eines Regionalkrieges zu einem Weltkrieg führen.

Fünf Grundvoraussetzungen

Um dieses Negativszenario zu vermeiden und eine positive Entwicklung zu fördern, bedarf es laut Bauz der Umsetzung von fünf Grundvoraussetzungen, die eine zivile Sicherheitspolitik möglich machen würden. Dies wäre zum einen die „Aufnahme gerechter Außenbeziehungen“, welche u. a. einen fairen Rohstoffhandel, einen klimaverträglichen Lebensstil und eine Globale Soziale Marktwirtschaft beinhalten würde. Darüber hinaus würde eine „Nachhaltige EU-Nachbarschaft“ Marschallpläne mit Afrika und dem Nahen Osten sowie den Aufbau einer zivilen und polizeilichen Friedens- und Sicherheitsarchitektur bedeuten.

Eine zivile Sicherheitspolitik würde nicht ohne eine „Internationale Sicherheitsarchitektur“ funktionieren, der eine gemeinsame „Friedenslogik“ zur Wahrung der Sicherheit aller innewohnen müsste. Darüber hinaus sprach Bauz von einer „Resilienten Demokratie“ (Resilienz = Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen), wozu Konfliktprävention, zivile Friedensdienste und Mediationszentren zählen würden. Als finale Voraussetzung sieht das Projekt die Konversion der Bundeswehr in ein internationales Konstrukt zwischen THW und Polizei vor sowie die Konversion der Rüstungsindustrie.

UNO stärken

Ein besonderes Augenmerk gilt laut Bauz der UNO, die als legitimierte Völkervertretung gestärkt werden müsste. Es handelt sich um ein umfassendes Projekt, dessen Umsetzung wahrscheinlich Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde und eine tiefgreifende, gesellschaftliche Veränderung bedeuten würde.

Im Gespräch mit den Gästen erhob sich die Frage, ob denn nicht jeder Politiker, dem dieses Projekt vorgestellt würde, bestätigen würde, dass es genau dieses sei, was man doch politisch verfolge? Bauz verwies dabei auf die immer noch vorherrschende Geisteshaltung der Politiker, dass „Militär nicht verzichtbar sei“. Solange sich an dieser Haltung nichts ändere, könne das Projekt nicht umgesetzt werden.

Wichtig war auch der Einwand der Gäste, man müsse für eine solche gesellschaftliche Umwälzung die Jugend ins Boot holen, da es um deren Zukunft ginge. Hierzu wäre laut Bauz Bildung der geeignete Schlüssel. Die Aufnahme eines solchen Projektes in den Lehrplan der Schulen wäre ein großer Schritt, um Denkanstöße zu geben.

Wunschpazifismus eines Aliens?

Betrachtete man die Fragestellungen der Gäste, so waren diese geprägt von einer sehr „menschlichen“ Sicht der Dinge, während Gerd Bauz die Fragestellungen aus einer mehr intellektuellen Perspektive betrachtete. In manchen Fällen führte dies dazu, dass man sich nicht auf der gleichen Ebene bewegte, was das Gespräch schwierig machte.

Manchmal, so Bauz, fühle er sich wie ein Alien und ihm würde darüber hinaus oft „Wunschpazifismus“ unterstellt. Jedoch sieht er es als sein Projekt, die Gesellschaft auf alternative Wege, ohne Militarismus, hinzuweisen und deren Umsetzung nach Kräften zu unterstützen.



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