Bürgermeister Helms Statement zur unsäglichen Verkehrssituation der letzten Tage

Szenen aus Falkenstein vom letzten Wochenende Fotos: privat

Königstein/Falkenstein/Hochtaunus
(pu/kw)



Mitten im Kampf zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie und allen Appellen „Daheim zu bleiben und Kontakte strikt zu reduzieren“ zum Trotz erlebten die Feldbergregion sowie die umliegenden Orte vor allem an den letzten beiden Wochenenden einen Besucherandrang, der jeden regelkonformen Rahmen sprengte. Unverständlicherweise schlugen viele die Warnungen der Behörden schlichtweg in den Wind und stürmten die winterlichen Erholungsorte mit Kind und Kegel (siehe auch weitere Berichte in dieser Ausgabe). Am letzten Sonntag sah sich schließlich Erster Stadtrat Jörg Pöschl angesichts der Besuchermassen, die zudem teils rücksichtslos ihre Fahrzeuge regelwidrig abstellten, dazu gezwungen, die Reißleine zu ziehen und die Zufahrtsstraßen nach Falkenstein zu sperren, nachdem zuvor erneut sämtliche Hinweise in Presse und Radio ignoriert worden waren. Insgesamt betraf das Verkehrschaos vor allem Schmitten mit den Ortsteilen Oberreifenberg, Niederreifenberg, Arnoldshain und Hegewiese sowie Falkenstein – die Ausflügler missachteten sowohl die Gefahr durch Schnee- und Eisbruch als auch die deshalb eingerichteten Sperrungen.

Statement

Einen Tag später richtete sich Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) mit einem Statement zur aktuellen Situation direkt an die Bevölkerung:

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

ich möchte den Königsteiner*innen ein herzliches Dankeschön für ihr Verständnis und ihre Geduld in den vergangenen Tagen übermitteln. Der Besucheransturm von Ausflüglern und Tagestouristen und das damit verbundene hohe Verkehrsaufkommen in Königstein – und hier war insbesondere unser Stadtteil Falkenstein betroffen – haben in den vergangenen Tagen ein noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht. Natürlich verführt die zauberhafte Winterlandschaft zum Weg in die Natur und der momentane Lockdown, die Schulferien sowie ausfallende Winterurlaube in den Alpen verstärken den Wunsch auf einen Ausflug in den nahen Taunus.

Bei allem Verständnis für diesen Wunsch ist jedoch die Lage in Falkenstein in einem Maß eskaliert, das uns zum restriktiven Einlenken veranlasst hat, nachdem die Sicherheit von Einwohnern und Besuchern in dieser Form nicht mehr gewährleistet war. Eine Durchfahrt für Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste war über Stunden hinweg absolut unmöglich und die Parksituation geriet völlig außer Kontrolle. Schätzungen zufolge wurde Falkenstein als Zielpunkt alleine am Samstag von über 3.000 Autos mit auswärtigen Kennzeichen angefahren, die den ganzen Tag hinweg für chaotische Szenen in den teils recht engen Straßen des Bergdorfes führten, das ja zudem noch bekanntermaßen eine Sackgasse ist, in dem kein geregelter Zu- und Abfluss solch’ unfassbarer Automassen möglich ist. Völlig berechtigte Anwohnerklagen über dutzendfach willkürlich zugeparkte Einfahrten und „urinale“ Hinterlassenschaften in Vorgärten oder an Grundstückszäunen mitten im Stadtteil sorgten zudem für Verdruss.

Erster Stadtrat Jörg Pöschl, der in der vergangenen Woche meine Urlaubsvertretung übernahm, war als mein ehrenamtlicher Vertreter bereits in dieser Zeit unermüdlich im Einsatz, um mit großem Engagement die Lage zu sondieren und erste Sofortmaßnahmen einzuleiten. So hat das städtische Ordnungsamt bereits an Silvester und am Neujahrstag mit allen zur Verfügung stehenden Kräften versucht, die anfahrenden Autos in Falkenstein zumindest von den völlig überfüllten Waldparkplätzen fernzuhalten und den Verkehr dort in gewisse Bahnen zu lenken, was jedoch kaum möglich war.

Die immer mehr zunehmenden Besucher haben Ersten Stadtrat Pöschl und mich dann dazu veranlasst, am vergangenen Samstag kurzfristig und auf eigene Verantwortung eine Teilsperrung des Stadtteiles Falkenstein mit unserer eigenen städtischen Ordnungspolizei herbeizuführen, nachdem uns seitens der Landespolizei keinerlei Unterstützung aufgrund eigener fehlender Personalressourcen in Aussicht gestellt werden konnte und die sogenannte Kanonenstraße von Oberursel-Hohemark zum Feldberg hoch kurzfristig komplett gesperrt wurde, was noch zusätzlichen Druck auf Falkenstein als dann naheliegendes Anfahrtsziel erzeugte. Diese kurzfristig herbeigeführte Teilsperrung Falkensteins haben wir dann am Sonntag auf eine dringend notwendige Vollsperrung des gesamten Stadtteiles zwischen 9 und 16.30 Uhr ausgeweitet.

In dem Maß, in dem Falkenstein am Sonntag entlastet wurde, hat sich jedoch der trotz regelmäßiger von uns initiierten Radiodurchsagen unvermindert anrollende Besucherverkehr auch mehr und mehr in die Kernstadt Königstein geschoben. Grund hierfür war eine beidseitige Vollsperrung der Bundesstraße 8 zwischen Königstein und Glashütten (Abzweigung Schloßborn) seitens der Landespolizei, die kurzfristig erfolgte und mit uns als Stadt Königstein nicht abgestimmt war, sodass sich der gesamte Ausflugsverkehr über den Ölmühlweg, Ruppertshain und Schloßborn wieder in Richtung Bundesstraße 8 bewegte. Diese Vollsperrung wurde seitens der Polizei vorgenommen, da in den Tagen zuvor zwischen Billtalhöhe und Eselsheck ebenfalls untragbare Zustände mit hunderten beidseitig mitten auf der Bundesstraße parkenden Autos herrschten.

Wir werden die Situation in dieser Woche intensiv analysieren und würden – auch abhängig von der Wettervorhersage – den Stadtteil Falkenstein gegebenenfalls zumindest an den kommenden Wochenenden wieder für Autos von Ausflüglern sperren, wofür wir um Verständnis bitten. Wenn dies der Fall sein sollte, bitten wir unsere Anwohner in Falkenstein, beim Einfahren an der Sperre den Personalausweis bereit zu halten, anhand dessen die Mitarbeiter der Ordnungspolizei ihre Wohnadresse sehen können. Ich möchte jedoch ganz deutlich zum Ausdruck bringen, dass uns „Insellösungen“ eigentlich nicht weiterbringen, sondern die jetzt zutage getretenen Probleme nur von Kommune zu Kommune weitergereicht werden.

Wir fordern daher – und ich werde mich dafür nochmals ganz vehement bei den uns übergeordneten Behörden stark machen – ein miteinander und aufeinander abgestimmtes Konzept aller Behörden unter vorheriger Abstimmung mit den Anrainerkommunen in der Feldbergregion, da der Besucherstrom an den nächsten Wochenenden aufgrund der Wetterprognosen und des Lockdowns sicher nicht signifikant abebben wird.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass ich die Polizei, die Verkehrsbehörden und die Nachbargemeinden in vorbereitenden Gesprächen ausreichend lange im Vorfeld der Feiertage auf die vorhersehbare Problematik hingewiesen habe, wenn der Feldberg gesperrt werden sollte. Dabei habe ich deutlich gesagt, dass eine Sperrung des Feldbergebietes mit seinen sehr vielen Parkplätzen nur dann möglich ist, wenn ausreichende Kräfte für Überwachung und Regelung an allen „frankfurtnahen“ anderen Einstiegspunkten zum Taunus – in Königstein nicht nur, aber insbesondere in Falkenstein – bereitgestellt werden.

Entgegen meinem Rat und dem Ergebnis der Vorbesprechungen wurde letztlich ohne Einbindung der Stadt Königstein wohl kurzfristig entschieden, den Feldberg doch wegen Schneebruchgefahr zu sperren, ohne dafür Sondereinsatzkräfte in ausreichender Stärke einzuteilen.

Das in der Polizeistation Königstein vorhandene Personal der Landespolizei kann die notwendige Eingriffe ohne Unterstützung aus Wiesbaden nicht leisten. Ein spontaner Besuch am Samstag in der Polizeistation zeigte Erstem Stadtrat Pöschl und mir, dass dort zwar alles getan wurde, um die Situation in den Griff zu bekommen, aber alleine die fortwährenden telefonischen Beschwerden zwei Beamte durchgängig beschäftigten und die Streifenwagen im Dauereinsatz gebunden waren.

Mit den wenigen Kräften der Ordnungspolizei unserer Kleinstadt, die wir im vergangenen Jahr sogar von vier auf sieben Mitarbeiter aufgestockt haben, lässt sich – schon gar nicht an den Feiertagen und innerhalb weniger Stunden – nur sehr unzureichend eingreifen, geschweige denn das bestehende Personaldefizit des Landes ausgleichen, insbesondere, wenn das vorhandene eigene Personal im städtischen Schichtbetrieb eigentlich für die ebenso wichtigen Kontrollen der Einhaltung der Corona-Regeln eingeteilt ist.

Wir werden versuchen, in den nächsten Tagen gemeinsam mit den Nachbarkommunen, dem Hochtaunuskreis und der Stadt Frankfurt ein Konzept für die kommenden Wochenenden zu erstellen, das hoffentlich ein wenig Entlastung bringt. Eine Lösung des Problems ist ohne intensives Zutun des Landes aber nicht in Sicht. Auch die verstärkte Nutzung des ÖPNV ist in diesem Fall keine wirkliche Lösung, da die Busse und Bahnen dann völlig überfüllt wären, was im Hinblick auf das hohe Corona-Infektionsrisiko in keiner Weise akzeptabel wäre. Es bleibt hier hauptsächlich nur der dauerhafte Appell an die Vernunft und die Einsicht aller Ausflügler, die gesamte Feldbergregion trotz aller Verlockungen momentan nicht zu besuchen.

Kommen Sie trotz der momentanen Umstände gut ins neue Jahr 2021.

Ihr Leonhard Helm

Bürgermeister der Stadt Königstein im Taunus

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