Digitaler Aschermittwoch-Abend der FDP zum Thema Weltwirtschaft

Königstein (kw) – Aus dem traditionellen Heringsessen der Freien Demokraten Königsteins wurde ein digitaler Aschermittwoch-Abend. Vor der Kamera diskutierte, unter der Moderation von Ascan Iredi, dem Vorsitzenden der Königsteiner Liberalen, Bettina Stark-Watzinger, Mitglied des Bundestags für den hiesigen Wahlkreis 181. Sie ist Volkswirtin mit 13 Jahren Erfahrung in der Finanzbranche und war danach Geschäftsführerin eines Forschungsinstituts der Universität Frankfurt. Heute ist sie die parlamentarische Geschäftsführerin der FDP und Mitglied des Haushaltsausschusses des Bundestags. Ebenso dabei: Professor Dr. Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute und ehemals Chefvolkswirt der Deutschen Bank, davor u.a. bei Goldmann Sachs, beim Internationalen Währungsfonds und am Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

Wie sehen Weltwirtschaft und Finanzwelt in Zukunft, nach Corona, aus? Das war der Themenkreis, dem sich Stark-Watzinger und Mayer stellten. Die Antworten auf die aktuellen Fragen kamen entweder unwidersprochen von Frau Stark-Watzinger oder von Professor Mayer oder sie wurden in Rede und Gegenrede auf den Punkt gebracht.

Rückkehr zum Vorkrisenniveau?

„Keine Angst, das Pendel wird kräftig zurückschlagen. Aber es wird dauern; im 1. Halbjahr 2021 werden noch schmerzhafte Schäden entstehen.“ Wahrscheinlich sei, dass wir auf Dauer mit dem Virus leben müssen, immer wieder importiert aus jenen Ländern, die wenig zur Eindämmung tun können, etwa aus Afrika. Hinsichtlich des finanziellen Ausgleichs für die Schäden gebe es von Bund und EU zwar große Worte, aber die bürokratische Realität sei leider ernüchternd. Dazu kämen wie häufig Trittbrettfahrer, die versuchten, mit Verweis auf Corona ihr eigenes Süppchen zu kochen.

Steigen die Zinsen? Kommt Inflation?

„Nicht in den nächsten zwei Jahren! Die Europäische Zentralbank hat sich in eine Sackgasse manövriert.“ Sie könne die Zinsen nicht weiter senken, aber auch nicht anheben, ohne die Schulden-Wolkenkratzer in vielen Euro-Ländern zum Einsturz zu bringen.

Die überschüssige Liquidität tobe sich bereits bei den Vermögenswerten aus, bei Immobilien und Aktien. Wenn das ins Rutschen käme, dann hielte uns kein Anker. Die Situation sei vergleichbar mit der in den 1970er Jahren. 1971 fiel der Anker der Golddeckung des Dollars weg. 1973 kam die Ölkrise und wurde durch Hineinpumpen von viel Geld in die Wirtschaft bekämpft, Inflation folgte. Bis die US-Notenbank mit einer unfassbaren Anhebung des Zinssatzes auf 20% einen neuen Anker warf.

Hat die Krise etwas Positives?

„Ja, für die dringend notwendige Digitalisierung – da wirkt sie fast wie ein ,Brandbeschleuniger.“ Mittels digitaler Vernetzung könnten wir besser und effektiver produzieren. Wachstum basiere nicht mehr auf dem Verbrauch von mehr und mehr Ressourcen, mit allen negativen Folgen für unseren blauen Planeten. Wirtschaftswachstum stehe nicht mehr in Konkurrenz zur Ökologie, sondern speise sich aus Wissenswachstum.

Da müsse Deutschland mithalten, von analog zu digital, beginnend mit Grundlagenforschung, durchaus staatlich gefördert. Und dann mit Wettbewerb, Ideen und Unternehmertum bei der Umsetzung in die Praxis. Von diesem Wandel würden Gutausgebildete, die den Tiger Digitalisierung reiten können, profitieren. Auch jene Berufe, deren analoge Leistungen unverzichtbar und unersetzbar seien – etwa Friseure, Pfleger, Sozialarbeiter – würden von den Umwälzungen kaum berührt. Gefährdet aber seien die Berufe dazwischen. Tätigkeiten im Büro würden nicht mehr gebraucht, auch Teile höherwertiger Leistungen von Journalisten, Analysten und Ärzten würden von künstlicher Intelligenz ersetzt. Hier käme eine kritische gesellschaftliche Diskussion auf uns zu.

Kommt das Ende der Globalisierung?

„Nein, aber die Welt wird eine andere sein, mit gigantischen geopolitischen Machtverschiebungen.“

China dürfte als Gewinner aus der Pandemie hervorgehen. Schon seit geraumer Zeit verfolge das Reich der Mitte sein Ziel, führende Weltmacht zu werden; jetzt erhalte es einen neuen gewaltigen Schub. Die USA hielten dagegen, wollten ihre Führungsposition verteidigen. Europa müsse mit Amerika, dem Prototyp des liberalen Rechtsstaats, kooperieren, um diese „westlichen Werte“ hochzuhalten und um weiterhin ein Mitspieler in der Weltwirtschaft zu bleiben.

Wie gehen wir mit China, Potentaten und Egoisten um?

„Wir brauchen Wettbewerb, wo möglich, Abgrenzung, wo nötig, wie bei sicherheitskritischen Themen, und Kooperation, wie bei Umweltschutz und Pandemiebekämpfung.“

„Freie Märkte und nicht staatlich gelenkte Industriepolitik sind das beste Mittel, die Probleme zu lösen“, darin stimmten beide Wirtschaftsexperten überein, „dazu Ideen, Mut, Eigenverantwortung, aber auch Empathie mit den von Veränderung Betroffenen.“

Im Original zu sehen unter www.fdp-koenigstein.de und https://youtu.be/x_dmJTqEjoo



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