Dramatische Coronafolgen – dennoch positive Childaid Network-Bilanz

Foto: Loch

Königstein (kw) – Die Zahlen der Corona-infizierten steigen besorgniserregend. Ernst zu nehmende Warnungen vor der wieder bedrohlicher werdenden Krankheit nehmen zu und nach dem relativ entspannten Sommer auch wieder die Angst vor Ansteckung. Dennoch trafen sich jüngst im katholischen Gemeindezentrum Georg-Pingler-Straße unter Einhaltung der Hygieneregeln viele Teammitglieder von Childaid Network, Freunde, Sympathisanten und Interessierte zum traditionellen Projektabend.

„Es ist wie ein Nachhausekommen ins Wohnzimmer, hier gehört der Projektabend hin“, freute sich Moderator und Childaid-Botschafter Daniel Fischer, nachdem die jährliche Veranstaltung im vergangenen Jahr nur als Live-Stream aus dem großen Saal im Haus der Begegnung übertragen werden konnte.

Team erbringt Höchstleistung

Ursprünglich wollten noch deutlich mehr Besucher kommen. Doch kurz vorher meldeten sich viele wieder ab, unter ihnen auch Silke Geißert, Projektkoordinatorin für Nepal und Bangladesch. Ihre Corona-App zeigte eine Warnung, weshalb sie dem Event aus Vorsicht fernblieb. Dennoch konnte sie, vom heimatlichen Mannheim aus, „live“ zugeschaltet werden und persönlich aus ihrem Aufgabenbereich berichten.

„Das Jahr hat viel Energie gekostet, besonders im Team“, hatte Dr. Kasper in seiner Begrüßung erklärt. Das Team sei jedoch zu Höchstleistungen aufgelaufen, lobte er, und finanziell stehe Childaid Network so gut da wie noch nie. Nicht zuletzt, weil die eingeplanten Schul- und Berufsbildungsprojekte in Nordostindien und Nepal vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2021 mit mehr als einer Million Euro aufgestockt werden und viele Spender gerade in Coronazeiten Nothilfe und Projekte großzügig gefördert haben.

Innovative Projekte

Mit der Berufsausbildung von Wanderarbeitern in Assam und Meghalaya, die, bei den Coronalockdowns arbeitslos geworden, zu Hunderttausenden zurück in ihre Dörfer geschickt wurden, soll verhindert werden, dass diese nach Pandemieende erneut ihre Familien verlassen. Sie sollen stattdessen Berufe erlernen, die in ihren Regionen gebraucht werden. Dann können sie sich damit selbstständig machen und selbst Arbeitsplätze schaffen und junge Menschen ausbilden. Ein überzeugendes und nachhaltiges Projekt, das inzwischen auch von den Regierungen und Organisationen wie den Rotariern vor Ort unterstützt wird.

Bei den Schulprojekten geht es nach der Wiedereröffnung der Schulen vor allem darum, die während der Lockdowns entstandenen Bildungslücken möglichst schnell zu schließen. In 1.000 Dörfern sollen zusätzlich über 100.000 Schülerinnen und Schüler auch mit Hilfe von digitalen Medien so gefördert werden, dass sie den versäumten Lernstoff nachholen.

Neue Strukturen in Nepal

In Nepal ist Childaid Network jetzt offiziell als INGO (Internationale Nichtregierungsorganisation) anerkannt. Auch dort ist die Stiftung inzwischen in enger Abstimmung mit der Regierung aktiv, vor allem mit Berufsbildungs-, Gesundheits- und Schulqualitätsprojekten. Mit Radio- und Fernsehsendungen wurden die Schulschließungen für die Schüler möglichst gut überbrückt. Nun lernen Mütter mit Neugeborenen, sich und ihre Kinder gesund zu ernähren und zu schützen. Sie und die jungen Menschen in den Dörfern werden aufgeklärt über Familienplanung, Säuglingspflege, Hygienemaßnahmen wie richtiges Zähneputzen und Händewaschen. Denn 80 Prozent der Kinder leiden unter Karies und viele sind wegen Mangelernährung für ihr Alter zu klein.

Die Zahl der Partner vor Ort, berichtete Silke Geißert, sei in den letzten drei Jahren von zwei auf sieben gestiegen, ein Indiz für das Wachstum der Aktivitäten und Beweis für die Wichtigkeit der offiziellen Repräsentanz. In dieser Woche will sie nach Nepal fliegen, um die Projekte zu besuchen und mit den Partnern zu verhandeln – sie hofft, dass ihr PCR-Test trotz roter Warn-App dann negativ ausfällt.

Notleidende Kinder

Auch ihre Kollegin im Projektteam, Cynthia Dittmar, hatte einen Flug nach Asien – in diesem Fall Nordostindien – geplant, wartete aber noch auf ihr Visum. Sie macht sich Sorgen um die psychische Gesundheit der Kinder, die monatelang nicht zur Schule gehen konnten. Während es in den Snehalaya Kinderheimen, zu denen Sandra Hörbelt regelmäßig Kontakt hält, keine Erkrankungen gab, wütete Corona in fast allen Dörfern und forderte zahlreiche Opfer, auch unter jungen Menschen.

Notleidende der Lockdowns waren vor allem die Kinder, berichtete Cynthia Dittmar. Häusliche Gewalt nahm drastisch zu, die Zahl der Suizide stieg und viele Mädchen wurden mit 13 oder 14 Jahren verheiratet, um einen Esser weniger in der Familie ernähren zu müssen. Und ob alle Kinder wieder zur Schule kommen, wenn diese nun langsam wieder geöffnet werden, wagte sie zu bezweifeln.

Überbrückung

Erstmals, berichtete der Arzt Dr. Sunil Kaul von der Hilfsorganisation „the ant“ in seiner Video-Botschaft, hätten sie sich gemeinsam mit Childaid Network dazu entschieden, bedürftigen Familien in den ländlichen Regionen Geld zu geben, bis die Regierung die Tagelöhnerfamilien mit Lebensmitteln versorgte. Dabei handelte es sich um 70 Cent pro Familie, relativierte Cynthia Dittmar auf Nachfrage. Damit konnten die Familien in den ersten Lockdowntagen auf den dörflichen Märkten örtliche Produkte zum Überleben einkaufen. Dass in diesem Jahr alle von Childaid geplanten Projekte tatsächlich anlaufen konnten, wertete sie als positiv, auch wenn man mit ihnen teilweise noch im Rückstand sei. Dank der finanziellen Unterstützung durch das Bundesministerium konnte kürzlich die Modernisierung von sechs Berufsbildungszentren in Angriff genommen werden, um weitere 10.000 Jugendliche auszubilden und beruflich zu qualifizieren. Auch ein neues Kinderrechtsprojekt wurde skaliert.

Accenture

Unterstützung bekommt Childaid Network dabei seit vielen Jahren von der Accenture Stiftung, deren Vorstand Dr. Hellen Fitsch ebenfalls zum Projektabend gekommen war. Bereits mehrmals wirkten Accenture-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in der Projektregion, um vor Ort mit ihrer Expertise als Unternehmensberater zu helfen. Außerdem spendeten 700 Mitarbeiter zugunsten der Stiftung einen Urlaubstag, der in Geld umgerechnet wurde, das Childaid Network zugutekam. „It‘s the right thing to do“, zitierte sie die oberste Chefin des Unternehmens auf die Frage, warum Accenture sich derartig engagiere. Dieses Jahr fördert Accenture sehr großzügig das ehrgeizige Bildungslückenprojekt. Childaid Network freut sich über die zunehmende verlässliche Unterstützung von vielen Organisationen und Partnern. „Das erlaubt es uns, unseren Projektpartnern auch mehrjährige, feste Zusagen zu machen“, erklärt Nicola Schäfer, die seit Anfang des Jahres ehrenamtlich im Vorstand mitwirkt.

Filme im Internet

„Trotz aller Beschränkungen haben wir mit aktuellen Projektfilmen einen tiefen Einblick in unsere lokale Arbeit erhalten“, zieht Dr. Martin Kasper, Stiftungsgründer und ehrenamtlicher Vorstand, eine positive erste Bilanz des Abends. „Wir hörten persönliche Botschaften von unseren Repräsentanten vor Ort, Hakimeh Yagootkar aus Nepal und Jonas Pfäffinger aus Nordostindien. Wir lauschten Hintergrundinterviews mit Projektleitern, hatten informative Stände im Raum und eine lebhafte Atmosphäre.“ Die Videobeiträge des Abends können Interessierte auf dem Youtube Kanal der Stiftung ansehen: https://www.youtube.com/user/StiftungChildaidNet

Große Pläne für 2022

Während Childaid Network bislang 50.000 junge Menschen mit seinen Projekten erreichte, wird sich der Wirkungskreis bis Mitte 2022 auf über 150.000 Kinder und Jugendliche verdreifachen. Das Volumen an Fördergeldern wird sich von knapp 2 Millionen in 2020 auf über 4 Millionen in 2022 erhöhen. Das kann dank der treuen Spender und guten Förderpartner gelingen. Aber für die Umsetzung sucht das Team weitere Mitwirkende.



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